Die nächste Baustelle: BER schon bald zu klein?
Hält der Passagierzuwachs an, ist auch der neue Flughafen schon bald zu klein. Ein Finanzierungskonzept für Anbauten dafür gibt es allerdings nicht - darauf hat man bisher aus Kostengründen verzichtet. Muss der Flughafen später im laufenden Betrieb erweitert werden?
Rund 1,17 Milliarden Euro mehr wird der Ausbau des Flughafens in Schönefeld kosten. Mindestens. Noch ist unklar, wie die Mehrkosten des nun vier Milliarden Euro teuren Projekts aufgebracht werden sollen. Und es kommt noch schlimmer: Bleibt der Berliner Flugverkehr auf dem bisherigen Erfolgskurs, muss die noch gar nicht eröffnete Anlage in Schönefeld bereits in wenigen Jahren erweitert werden. Dann wäre erneut mindestens ein dreistelliger Millionenbetrag fällig, was gegenwärtig noch verdrängt wird.
Der Flughafen ist jetzt darauf ausgelegt, bis zu 27 Millionen Passagiere jährlich abfertigen zu können. In diesem Jahr könnten trotz des „Notbetriebs“ auf dem alten Flughafen in Schönefeld und in Tegel bereits 25 Millionen Fluggäste erreicht werden. Schon im Frühjahr hatte Flughafenchef Rainer Schwarz darauf verwiesen, dass man wahrscheinlich kurzfristig die Anlagen erweitern müsste.
Auf etwa 30 Millionen Passagiere kann man nach Angaben von Planern die Kapazität durch Anbauten am vorhandenen Terminal steigern. Der Bau von zusätzlichen Gates ist dabei relativ einfach. Problematischer wird es, die Sicherheitsschleusen zu erweitern. Die Kontrolleinrichtungen sind am künftigen Terminal in der Haupthalle konzentriert. Alle Passagiere müssen den zentralen Eingang nutzen, auch wenn ihr Flugzeug an einem der beiden Seitenpiers abgefertigt wird.
So will der Flughafen erreichen, dass jeder Passagier auf dem Weg zum Abflug den Bereich mit 150 Läden und Lokalen passieren muss – mit der Hoffnung, dass die abgefertigten Fluggäste Muße finden, schnell noch Geld auszugeben. Fast die Hälfte des Umsatzes will die Flughafengesellschaft in Zukunft außerhalb des reinen Fluggeschäfts mit dem sogenannten Non-Aviation-Bereich erwirtschaften.
Etwas Luft zum Ausbau der Sicherheitsschleusen hat dem Flughafen die EU verschafft. Die Anlagen waren bereits auf die neuen, viel Platz beanspruchenden Flüssigkeitsscanner ausgerichtet, die von April 2013 an eingesetzt werden sollten, um Passagiere wieder die Mitnahme von Getränken gestatten zu können. Weil die Geräte aber noch nicht praxistauglich sind, hat die EU ihre Pläne zunächst auf Eis gelegt. Ob dies genutzt wird, um weitere herkömmliche Kontrollanlagen einzubauen, entscheidet die Bundespolizei.
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Hält der Boom beim Passagierwachstum an, sieht der Plan vor, bis zu zwei weitere Abfertigungsgebäude zu bauen; Satelliten genannt – mit Platz für insgesamt 45 Millionen Passagiere.
Die Neubauten müssen mit dem Hauptterminal verbunden werden, denn dort soll weiter der zentrale Eingangsbereich mit den Kontrollanlagen bleiben. Der Terminal muss dann nach Norden und Süden erweitert werden, um zusätzliche Schalter und Kontrollanlagen einbauen zu können. Deshalb habe man sich für eine modulare Bauweise entschieden, die eine Erweiterung technisch problemlos möglich mache, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel. Im Süden müsste aber eventuell das dort jetzt neu gebaute Parkhaus weichen.
Nicht geklärt ist, wie die Satelliten mit dem Hauptterminal, unter dem sich der Bahnhof für Fern- und Regionalzüge sowie für die S-Bahn befindet, angeschlossen werden. Ursprünglich war vorgesehen, einen Tunnel zu bauen, der – kostengünstig – zusammen mit der Röhre für die Eisenbahn entstehen sollte. Auf den Bau hat die Flughafengesellschaft dann aber verzichtet, um Geld zu sparen. Ein Bau auf Vorrat, der rund 80 Millionen Euro kosten sollte, war ihr zu teuer.
Zudem wisse man noch nicht, wie die Satelliten genutzt werden sollen, argumentieren die Planer. Nimmt der Neubau vorwiegend den Umsteigerverkehr auf, den sich die Flughafengesellschaft erwünscht, würde die Anbindung ans Hauptterminal kleiner ausfallen als bei einer Nutzung etwa für Billigfluglinien. Umsteiger könnten im Satellitengebäude bleiben, während die Passagiere, die erst noch einchecken, den Weg vom Hauptterminal zum Satelliten zurücklegen müssten. Entsprechend größer müsste der Tunnel dann ausfallen.
Inzwischen halten die Planer auch wieder den Bau einer Verbindungsbrücke über das Flugfeld hinweg für möglich. Einen solchen „Skywalk“ hatte der Baukonzern Hochtief vorgeschlagen, der ursprünglich den Flughafenausbau vornehmen – und finanzieren – sollte. Damals hatten die Flughafenplaner den Bau einer Brücke als nicht möglich bezeichnet.
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Ob Tunnel oder Brücke – allein der Verbindungsweg wird teuer, zumal er unter laufendem Flugbetrieb gebaut werden muss. Und auch die zusätzlichen Abfertigungsgebäude sind nicht billig zu haben. Frankfurt (Main) hat für die Erweiterung des Terminals A Kosten in Höhe von knapp einer halben Milliarde Euro vorgesehen. Und in München soll der Bau eines Satelliten am Terminal 2 etwa 650 Millionen Euro kosten. Davon übernimmt die Lufthansa 40 Prozent.
In Schönefeld ist daran nicht zu denken; Pläne der Lufthansa, sich am Ausbau des Flughafens zu beteiligen, haben die Flughafengesellschaft und die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund, nicht aufgegriffen. Sie müssen die Investitionen jetzt und in Zukunft selbst stemmen.
Bisher ging ihre Kalkulation nicht auf. Mit 1,2 Milliarden Euro haben sich die Kosten für den Terminalbau verdoppelt, was nicht nur auf Erweiterungen in der Bauphase zurückzuführen ist.
Enthalten im Wirtschaftsplan der nächsten Jahre war dagegen die Sanierung der künftigen nördlichen Start- und Landebahn. Sie ist mit rund 100 Millionen Euro veranschlagt. Allerdings ist der Wirtschaftsplan wegen der immens gestiegenen Kosten nichts mehr wert.
Gebaut wird wahrscheinlich in den nächtlichen Betriebspausen, was jetzt nicht möglich war, da in Schönefeld bis zur Inbetriebnahme des künftigen Flughafens rund um die Uhr geflogen werden darf. Und der alte Flughafen hat nur eine Piste, weil die andere schon vor Jahren dem Bau der Autobahn weichen musste.
Extrem teuer würde es auch, den Flughafen an die U-Bahn anzuschließen. Vorkehrungen dafür hat man beim Flughafenbau nicht getroffen, weil die Länder Berlin und Brandenburg sowie die BVG es in der Planungsphase abgelehnt hatten, die U 7 über Rudow hinaus zu verlängern. Inzwischen erkennt man zumindest bei der BVG darin einen Fehler. Pläne, ihn zu korrigieren, gibt es aber nicht. Und zumindest hier deshalb auch keinen weiteren Geldbedarf.
Klaus Kurpjuweit