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Auf der Website migrantenschreck.ru dienten Fotos von Politikern als Zielscheibe.
© Matthias Meisner/Tsp

Urteil des Landgerichts Berlin: „Migrantenschreck“-Betreiber wegen illegalen Waffenhandels verurteilt

Rechtsextremist Mario R. handelte von Ungarn aus mit Waffen. Er soll für knapp drei Jahre ins Gefängnis.

Perfide hatte er Schusswaffen, mit denen gefährliche Hartgummikugeln abgefeuert werden können, auf seiner Internetseite „Migrantenschreck“ beworben. Die Geschäfte mit der Angst führten nun zur Verurteilung. Mario R. ist zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er habe sich des unerlaubten Handels mit Waffen und des Verbringens in den deutschen Geltungsbereich schuldig gemacht, begründete das Landgericht am Dienstag. Der 35-jährige Rechtsextremist, der sich unschuldig fühlt, hoffte auf einen Freispruch.

Mario R. hatte von Ungarn aus 167 Pistolen, Revolver und Gewehre an deutsche Erwerber geschickt. Schusswaffen, die zwar ausschließlich mit Gummikugeln betrieben werden konnten, die allerdings laut Gutachter potentiell tödlich und wegen ihrer hohen Mündungsenergie in Deutschland erlaubnispflichtig sind. „Das wusste der Angeklagte“, war das Gericht nach dreimonatigem Prozess überzeugt. Der Verkaufserlös von 99.100 Euro sei einzuziehen, ordneten die Richter an.

„Migrantenschreck MS 60 Professional“

Mario R., ein gelernter Bankkaufmann aus Thüringen, wurde zunächst als rechtsextremer Hetzer bekannt. Mehrere Staatsanwaltschaften haben sich mit ihm bereits beschäftigt. Er wurde unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Aufrufs zu Straftaten angezeigt. Verurteilt wurde er vor einigen Jahren als ein Betrüger zu einer Bewährungsstrafe.

Von Mai bis November 2016 wandte er sich mit einem Online-Shop von Ungarn aus an vor allem an deutsche Interessenten. Zynisch die Namen der gefährlichen Waffen - „Migrantenschreck MS 60 Professional“ nannte er sie oder „Antifaschreck“. Fremdenfeindlich war er - „60 Joule Mündungsenergie strecken jeden Asylbewerber nieder“. In Deutschland sind 7,5 Joule erlaubt.

Den Verkauf hatte R. zugegeben. Er sei aber davon ausgegangen, dass er sich nicht strafbar gemacht und sich an das „für ihn geltende Recht“ gehalten habe. Die von ihm angebotenen Pistolen und Gewehre seien in Ungarn als Alarm- und Signalgeräte zugelassen. Eine Erlaubnis sei dafür nicht erforderlich. „Er hat sich auch durch einen ungarischen Rechtsanwalt beraten lassen“, so einer der Verteidiger.

„Mittelschicht im klassischen Sinne“

In Pappkartons gingen die in Deutschland verbotenen Waffen per Post an die Erwerber – bundesweit. Keine als extrem aufgefallenen Mitbürger, so die Staatsanwältin. Es sei „Mittelschicht im klassischen Sinne“. Ärzte, ein pensionierter Richter, Handwerker.

Mario R. war nach eigenen Angaben aus familiären Gründen nach Ungarn ausgewandert. Seine Verlobte lebe dort, erklärte er. Auf der Suche nach einer Geschäftsidee seien ihm in einem Outdoor-Laden die „Alarmgeräte “ aufgefallen. 220 für insgesamt rund 25.000 Euro habe er erstanden.

Für ihn spreche sein Geständnis, sagte der Richter. „Aber es war nicht von Einsicht und Reue getragen.“ Gegen ihn spreche auch die perfide Werbung, man möge die Waffen gegen Menschen richten. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen der Staatsanwältin, die drei Jahre und zwei Monate Haft beantragt hatte. Die Verteidiger kündigten Revision an. Mario R. wurde nach neun Monaten gegen Auflagen von weiterer Untersuchungshaft verschont. Er zieht nach Erfurt.

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