Waffenhandel: Prozess im Fall „Migrantenschreck" startet in Berlin
Ein Rechtsextremist soll über das Internet Pistolen und Gewehre verkauft haben. Gegen den mutmaßlichen Betreiber des Online-Shops hat nun der Prozess begonnen.
Der dunkelblonde Mann im blauen Pullover wirkt auffällig unauffällig. Doch Mario R. hatte jahrelange Ermittlungen ausgelöst: Als mutmaßlicher Betreiber des früheren Internet-Shops „Migrantenschreck“ steht er seit Donnerstag vor dem Landgericht. Es geht um illegalen Waffenhandel. Von Ungarn aus soll er Pistolen, Revolver und Gewehre an deutsche Erwerber geschickt haben. Waffen, mit denen gefährliche Hartgummigeschosse abgefeuert werden können. Er habe Waffen damit beworben, „dass sie der Verteidigung gegen Asylbewerber dienen“, so die Anklage.
Mario R. gab zu Protokoll, er sei gelernter Bankkaufmann. In seinem Beruf allerdings soll der aus Thüringen stammende Mann schon lange nicht mehr arbeiten. Als Hetzer wurde er bekannt, als Rechtsextremist. Mit R. haben sich bundesweit bereits mehrere Staatsanwaltschaften beschäftigt. Er wurde unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Aufrufs zu Straftaten angezeigt.
Nun geht es um Waffenhandel in 193 Fällen. Die Erwerber kommen aus der ganzen Republik. Keine als extrem aufgefallenen Mitbürger. „Nein, gute Mittelschicht im klassischen Sinne“, sagte Staatsanwältin Susann Wettley am Rande der Verhandlung. „Da ist der Arzt dabei, ein pensionierter Richter eines Oberlandesgerichts, der Handwerker.“ Nach Medienberichten sollen sich auch einige Lokalpolitiker der AfD über Mario R. bewaffnet haben.
Zynisch die Namen der gefährlichen Schreckschusswaffen. Häufig gekauft der „Migrantenschreck MS 60 Professional“. Hartgummikugeln lassen sich damit mit großer Kraft verschießen. Oder ein Gewehr für 749 Euro, das einer Kalaschnikow stark ähnelt. Oder eine kleine Pistole „für jede Frauenhandtasche“. Ausländerfeindlich habe R. geworben - „60 Joule Mündungsenergie strecken jeden Asylbewerber nieder“, zitiert die Anklage. In Deutschland sind 7,5 Joule erlaubt.
Mario R. soll bis Sommer 2014 Mitglied der AfD gewesen sein
Von Mai bis November 2016 habe der Online-Shop rund 110.000 Euro umgesetzt. Mit Waffen, die allesamt in Deutschland nicht zugelassen sind und verheerend wirken können. Sie wurden den Ermittlungen zufolge in Pappkartons per Post von Ungarn aus – zur Umgehung von Zollkontrollen vermutlich auf dem Landweg – verschickt. An die tatsächlichen Adressen der Erwerber. Gegen sie kam es im Zuge der Ermittlungen zu Verfahren an ihren jeweiligen Wohnorten. Einer seiner beiden Verteidiger kündigte an, dass R. zu einem späteren Zeitpunkt im Prozess eine Erklärung abgeben werde. Es werde um die Rechtslage gehen. In Ungarn sei der Vertrieb der in der Anklage genannten Waffen erlaubt. Weil R. einen legalen Handel aufziehen wollte, hätte er bei einer deutschen Waffenbehörde nachgefragt. Es sei gesagt worden, der Erwerber hätte sich in Deutschland um eine Erlaubnis zu kümmern.
Mario R. soll bis mindestens Sommer 2014 Mitglied der AfD in Erfurt gewesen sein. Um 2015 habe er für ein fremden- und schwulenfeindliches Magazin gearbeitet, heißt es. Er wurde auch in Zusammenhang mit der Hetzseite „Anonymous.Kollektiv“ gebracht. „Ermittlungen legen derzeit nahe, dass er die Seite betrieben hat“, so die Anklägerin. Medienberichten zufolge soll an R. auch Geld von zwei bekannten neurechten Verlagen geflossen sein. Die Ermittler hätten mehrere Konten im Ausland entdeckt.
Mario R. wurde Ende März 2018 in der ungarischen Hauptstadt Budapest festgenommen. Dort soll er bereits längere Zeit gelebt haben und Miteigentümer zweier Grundstücke und eines Hauses sein. Die Firma, die „Migrantenschreck“ betrieb, sei als deutsch-ungarische Handels- und Vertriebsgesellschaft mbH eingetragen gewesen. Mit 10.000 Euro Eigenkapital.
Ende Juni 2018 wurde der mutmaßliche Waffenhändler und Hetzer ausgeliefert. Er befindet sich seitdem in U-Haft. Der Prozess geht am Dienstag weiter.
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