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Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), leitet den BER-Aufsichtsrat.
© dpa

Flughafen-Debakel: Michael Müllers Ablenkungsmanöver am BER

Aufsichtsratschef Michael Müller will die Schuld für das BER-Debakel loswerden. Nun soll es an einer Brandenburger Behörde liegen - doch das ist falsch. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thorsten Metzner

Statt Flugzeugen fliegen am BER mal wieder die Fetzen. Daran hat man sich gewöhnt an einem Flughafen, der erst 2011, dann am geplatzten Termin im Juni 2012, zwischendurch mal im Oktober 2013 und seit dem von Hartmut Mehdorn als letztes Weihnachtsgeschenk verkündeten, angeblich noch gültigen Terminplan bis Ende 2017 starten sollte. Glaubt noch irgendwer daran?

Es gibt Krach. Diesmal aber nicht zwischen dem Flughafenchef – aktuell: Karsten Mühlenfeld – und dem Aufsichtsrat. Auch nicht unter den Kontrolleuren des außer Kontrolle geratenen Projekts. Und auch nicht zwischen den Eigentümern Berlin, Brandenburg und Bund. Die Rollen sind anders besetzt: Das Land Berlin, regiert von BER-Aufsichtsratschef und Bürgermeister Michael Müller, knöpft sich öffentlich Genehmigungsbehörden vor, vor allem die in Brandenburg. Das Bauamt in Lübben soll schuld daran sein, dass auch nach Monaten der Großbrand um die neuesten Entrauchungsprobleme – zwischen Terminal und dem Bahnhof darunter – noch nicht gelöscht werden konnte. Und ohne schnelle Genehmigung der Termin 2017 wohl gerissen wird, wie es Müllers Flughafenkoordinator und BER-Aufsichtsrat Engelbert Lütke Daldrup nun kundtat.

Den Starttermin 2017 hat man wohl inzwischen aufgegeben

Zugleich kündigte er an, dass Müller in Kürze alle Beteiligten – auch die gescholtenen Behörden – zu einem Spitzentreffen einladen wolle, wo sich dann bitteschön alle bewegen mögen. Hilft das weiter? Diplomatisches Krisenmanagement sähe anders aus, als Genehmigungsbehörden zu provozieren, auf deren Entgegenkommen gerade der Flughafen angesichts seiner Versäumnisse dringendst angewiesen ist. Es ist bezeichnend, wenn das Bauamt prompt daran erinnert, dass bereits seit Monaten überfällige Antragsunterlagen immer noch nicht eingereicht wurden, schon allein deshalb kurzfristig gar keine Teil-Baugenehmigung erteilt werden kann. Und gerade diese Behörde ist bekannt dafür, immun gegen unlauteren Druck von außen zu sein. Sie hat schon 2012 die Eröffnung einer Baustelle als Großflughafen verweigert. Das weiß man im Roten Rathaus, müsste man wissen.

Es muss also andere Hintergründe geben. Nur einer ist plausibel: Der Regierende und sein „Mister BER“ haben den Starttermin 2017 inzwischen abgeschrieben. Es geht jetzt um den Berliner Wahlkampf, in dem der Schaden, die schwer kalkulierbaren Auswirkungen der fünften Verschiebung eines Eröffnungstermins für den Kandidaten Müller, präventiv begrenzt werden soll. Deshalb werden Sündenböcke platziert. Mit dem BER hat das nichts zu tun. Eher zeigt es den Systemfehler, an dem sich seit 2012 nichts geändert hat: Kein Aufsichtsrat eines Unternehmens, der nicht Politiker ist, würde sich so verhalten. Kein Aufsichtsratschef, der nicht Regierender und Wahlkämpfer ist, würde das zulassen.

Freilich, Ängste bremsen auch in Brandenburg. Die Baubehörde des Kreises könnte dem Flughafen zumindest Luft verschaffen, zwingend nötige Nachweise einer gesicherten Entrauchung später vorzulegen – mit dem Risiko, womöglich kurz vor der Eröffnung die Abnahme verweigern zu müssen, als Verhinderer da zu stehen. Und daran haben die Brandenburger kein Interesse, auch die Regierung nicht. Damit am BER endlich geflogen werden kann, müsste erst die Politik den Abflug machen.

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