Neuer Zoff um Mietendeckel: Michael Müller lehnt Mietsenkungen per Gesetz ab
Die Koalition in Berlin steht vor einem schweren Konflikt: Der Regierende Bürgermeister will auf Mietsenkungen verzichten, die Linke keine Abstriche machen.
Der rot-rot-grünen Koalition in Berlin droht wegen des Mietendeckels ein schwerer Konflikt. Sowohl die Linken als auch die SPD erhöhen den Druck, um ihre unterschiedlichen Konzepte gegen stark steigende Mieten im Senat durchzusetzen.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erteilte dem Gesetzentwurf der Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) in wichtigen Teilen eine Absage. Er gehe davon aus, dass „die gesamten Vorhaben zur Absenkung der Mieten aus dem Gesetz herausgenommen werden“, sagte er beim Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft (ZIA).
„Ich glaube, dass es in die Richtung gehen wird, dass wir einen Mietenstopp, ein Moratorium plus Inflationsausgleich formulieren“, kündigte Müller an. Dagegen forderte der Landesvorstand der Linken in einem Beschluss, dass die Vorschläge Lompschers ohne Abstriche „zügig in ein Gesetz münden und zum Januar 2020 in Kraft treten“. Mit einer Plakat- und Anzeigenaktion wollen die Linken ihren Forderungen in den nächsten Tagen öffentlich Nachdruck verleihen.
Auch die Grünen drücken aufs Tempo. Die Koalition sei für das Mietengesetz jetzt schon in großer Zeitnot, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Sie verwies darauf, dass viele Vermieter die vergangenen Monate, nach Ankündigung des Mietendeckels, für kräftige Mieterhöhungen genutzt hätten. Dies müsse mit gesetzlichen Mitteln möglichst bald korrigiert werden.
„Neuland in erheblichem Umfang“
Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) nannte den ursprünglichen Zeitplan für das neue Gesetz „sportlich“. Die gesetzten Termine sollten die inhaltliche Diskussion „im Interesse der Qualität“ nicht dominieren. Schließlich betrete Berlin mit dem Mietendeckel „in erheblichem Umfang Neuland“, so Kollatz.
Alle drei Regierungsparteien eint momentan nur, dass die explosiv steigenden Mieten in der Hauptstadt nicht hingenommen werden dürfen. Nirgendwo in Deutschland klafft die Schere zwischen den Kosten bei Neuvermietungen und bestehenden Mietverhältnissen so auseinander wie in Berlin.
Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts lag 2018 die durchschnittliche Nettokaltmiete für seit 2015 angemietete Wohnungen bei 9,10 Euro pro Quadratmeter – fast ein Viertel höher als der gesamte Mietendurchschnitt (7,40 Euro). Die höchsten Nettokaltmieten für 2015 bis 2018 neu angemietete Wohnungen mussten Mieter in Hamburg zahlen, und zwar 10,30 je Quadratmeter.
Nach den am Dienstag veröffentlichten Ergebnissen der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Wohnsituation in Deutschland mussten private Haushalte 2018 im Durchschnitt 7,70 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter für Wohnungen zahlen, die seit 2015 angemietet wurden. Das sind rund zwölf Prozent mehr als die durchschnittliche Nettokaltmiete von 6,90 Euro pro Quadratmeter.
Beschluss ohne Auswirkung
Die Zahlen zeigten, so die Vize-Chefin der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, dass „dringender Handlungsbedarf besteht, damit Wohnen auch in großen Städten bezahlbar bleibt". Die SPD-Fraktion hat kürzlich beschlossen, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie in Berlin, München oder Hamburg die Miete fünf Jahre lang nur in Höhe der Inflationsrate steigen darf. Auch das wäre ein Deckel.
Doch der Beschluss hat keine Auswirkungen, da ein solcher Eingriff mit der Union nicht machbar ist. Mittlerweile zahlen Arbeitnehmer in gefragten Gegenden weit mehr als ein Drittel des Einkommens für das Wohnen. Allerdings sind gerade auch unter SPD-Landesregierungen wie in Berlin früher reihenweise Immobilien verkauft worden, und der soziale Wohnungsbau wurde vernachlässigt.