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Der Regierende Bürgermeister Michael Müller fliegt in dieser Woche nach Los Angeles.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlins Partnerstadt in Kalifornien: Michael Müller fliegt heute nach Los Angeles

Krach in Berlin, Häme der Opposition - und der Regierende Bürgermeister macht sich auf die Reise nach Kalifornien. Eine Chance?

Am Ende werden sich ja doch alle beschweren. Da ist es schon fast egal, was er macht. Jetzt jedenfalls. Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, Vorsitzender einer seit der Bundestagswahl dramatisch gestutzten Landes-SPD, die den einen Flughafen nicht eröffnet und den anderen nicht geschlossen kriegt, soll am Mittwoch in Los Angeles aus dem Flieger steigen und die Stadt in der Welt repräsentieren. Das ist sein Dilemma. Und seine Chance.

Anlass ist die 50-jährige Städtepartnerschaft

Die Reise ist lange geplant. Anlass ist die 50-jährige Städtepartnerschaft mit Los Angeles. Eine Delegation der Industrie und Handelskammer ist auch vor Ort, insgesamt mehr als 100 Menschen aus Wirtschaft, Kultur und Politik werden im Laufe der Reise dabei sein. Vier Tage lang Hollywood statt Tempelhof, Universal Studios statt Volksbühnen-Spielchen, Abendessen mit L. A.s Bürgermeister und potenziellem Trump-Herausforderer Eric Garcetti statt Schuldzuweisungen im Senat.

Die Gags für die Opposition schreiben sich da fast von selbst. Klar, der Volksentscheid gegen die Schließung von Tegel geht für den Senat, der den Flughafen dicht machen will, krachend verloren, und statt persönlich den angekündigten Schlichter zu suchen, fliegt der Regierende eine Woche später ans andere Ende der Welt, um sich um Wichtigeres zu kümmern. Von Tegel. Mit Lufthansa ... ach, von der Air-Berlin-Pleite muss man jetzt nicht auch noch anfangen. Einerseits.

Andererseits hätte Michael Müller die Reise nicht einfach absagen können. Zu viele Leute sind involviert, zu viel hängt davon ab, ob und wie Michael Müller Berlin in Los Angeles präsentieren kann. Vor allem, so hoffen sie zumindest in der Senatskanzlei: viel Geld.

Der Demokrat Eric Garcetti ist Bürgermeister von Los Angeles.
Der Demokrat Eric Garcetti ist Bürgermeister von Los Angeles.
© Mario Anzuoni/Reuters

Wäre Kalifornien ein eigener Staat, würde seine Wirtschaftskraft in den Top Ten der Welt rangieren. Vor Frankreich – und nur knapp schlechter als Deutschland. Großen Anteil hat daran die Digitalwirtschaft. „Wir haben den Fokus auf die Bereiche Kreativwirtschaft, Tech-Start- ups und Green Economy gelegt, weil wir hier ausgesprochen interessante Chancen für unsere Berliner Unternehmen sehen“, sagt zum Beispiel Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin. Große Hoffnung setzt Berlin auch in die Filmindustrie: „Studios in L. A. verlassen sich schon heute auf die Expertise ,Made in Berlin‘, und das wollen wir gerne ausbauen“, sagt Kramm.

Als erstes geht's in die Universal Studios

Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei, sieht das ähnlich und der Regierende soll vor Ort persönlich deutlich machen, dass Berlin hinter der Stadt als Filmstandort steht. Insbesondere, was die digitale Tricktechnik VFX angeht, die einen Großteil der oft mehrere hundert Millionen Euro starken Hollywood-Budgets ausmacht. Wegen der Kosten würden Aufträge für diesen Teil der Produktion oft ins Ausland vergeben. Einige davon, so die Hoffnung, nach Berlin. Nur so lässt sich auch verstehen, warum Müller als Allererstes nach seiner Ankunft im Hotel in Los Angeles die Universal Studios besuchen und durch die Kulissen von Harry Potter und King Kong spazieren wird. Ein bisschen Glamour tanken.

Los Angeles richtet Olympia 2028 aus

Das braucht, wer tags darauf am Donnerstag Eric Garcetti gegenübertritt. Der 46-Jährige sieht aus, als sei er einer Folge der US-Erfolgsserie Mad Men entstiegen – also ziemlich gut –, und wurde erst im März mit mehr als 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Seine Stadt soll 2028 Olympia ausrichten. Nicht wenige US-Kommentatoren rechnen dem Demokraten mittlerweile Chancen aus, ab 2020 im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur eine tragende Rolle zu spielen. Zum Vergleich: Michael Müller kandidiert gerade für einen Platz im Bundesvorstand der SPD. Einerseits.

Andererseits ist in Berlin im Gegensatz zu L. A. noch keine Wassernot ausgebrochen und das gelegentliche Verkehrschaos der Hauptstadt kein Vergleich zum Dauerstau in Los Angeles, dessen öffentlicher Nahverkehr die Bezeichnung kaum verdient. Beide Bürgermeister könnten also durchaus voneinander lernen. Zumindest wenn stimmt, was Senatskanzleichef Böhning sagt, nämlich dass Müller und Garcetti ziemlich gut miteinander auskommen. Die Gespräche der beiden sind bilateral, Journalisten bei diesem Programmpunkt nicht dabei.

Am Freitag gibt's Gespräche mit Vertretern der Universität

Überhaupt ist vorab wenig darüber bekannt geworden, welche Absprachen und Verträge auf der Reise für Berlin geschlossen werden sollen. Allerdings trifft sich Michael Müller am Freitag mit Vertretern der University of California, Los Angeles. Dem Vernehmen nach könnte dann ein neues Stipendienprogramm vereinbart werden, das Klimaforschern Aufenthalte an Berliner Institutionen ermöglichen würde. Außerdem wird Müller voraussichtlich mit Jack Dangermond sprechen. Der ist Chef des Start-ups „Esri“, das in L. A. bereits erfolgreich gemeinsam mit der Stadt an einer Visualisierung öffentlich zugänglicher Daten arbeitet und – so die Hoffnung in der Senatskanzlei – auch Berlin voranbringen könnte, das sich mit digitalen Bürgerdiensten noch schwertut.

Durchaus also eine Gelegenheit für Michael Müller, mit guten Nachrichten aus den USA heimzukehren und auch der innerparteilichen Kritik etwas entgegenzusetzen. Zuletzt hatte zum Beispiel die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey in Zweifel gezogen, ob Müller denn nun unbedingt Regierender und SPD-Chef zugleich sein müsse.

Ob es eine gute Idee war, die SPD in diesem Zustand allein zu lassen, wird Müller frühestens am Ende der Woche wissen. Läuft alles glatt, sitzt er dann im Theatre at Ace Hotel und schaut die Internationale Premiere der TV-Serie „Babylon Berlin“, Porträt einer Stadt zwischen Drogen, Politik, Verbrechen und Kunst. Das – zugegeben – hätte er allerdings auch zu Hause gehabt.

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