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Ein Foto von der Aktion, verbreitet über Twitter von der Kampagne #120db
© @120dezibel / Twitter

Rechte Aktion am Rande der Berlinale: #MeToo von Rechts: Störaktion bei Filmbranche-Podium

Rechte Aktivistinnen stürmten am Montag in Berlin die Bühne eines #MeToo-Podiums am Rande der Berlinale. Dahinter steckt: die Identitäre Bewegung.

Aktivistinnen der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften „Identitären Bewegung“ haben am Montagnachmittag eine Veranstaltung von Filmverbänden am Rande der Berlinale zum Thema sexuelle Belästigung und Gewalt in der Film- und Fernsehbranche im Tipi am Kanzleramt gestört.

Die Frauen trugen ein Transparent auf die Bühne, darauf stand: „Die Stimme der vergessenen Frauen #120dB“. Zugleich verteilten sie unter Sirenengeheul Flyer mit dem Spruch: „Den Opfern importierter Gewalt eine Stimme geben.“ Die Kampagne – mit eigener Internetseite und Twitteraccount – war von Martin Sellner aus Wien Ende Januar gestartet worden. Er ist eine der Führungsfiguren der Identitären. Auf seinen Namen ist die Website der #120dB-Kampagne registriert.

Identitäre machen Flüchtlingspolitik für sexuelle Gewalt verantwortlich

In der Kampagne kamen bislang vor allem Aktivistinnen aus der rechten Szene selbst zu Wort. Zugleich werden junge Frauen dazu aufgerufen, ihre eigenen Erfahrungen mit "Überfremdung, Gewalt und Missbrauch" zu berichten. Das Kampagne-Video wurde in den sozialen Medien vielfach geteilt und lautet: "Frauen wehrt euch! #120db – Die Töchter Europas.“ Darin wird die Flüchtlingspolitik verantwortlich gemacht für einen Anstieg von Sexualstraftaten gegen deutsche Frauen, obwohl die meisten Taten von Tätern aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld begangen werden.

Angelehnt ist die Kampagne an die Lautstärke - 120 Dezibel - eines handelsüblichen Taschenalarms, den auch die Aktivistinnen im Tipi dabei hatten. Für die Identitäre Bewegung sei es der „wahre Aufschrei“, dass zahlreiche Frauen in Europa diese Geräte inzwischen bei sich trügen - angeblich aus Angst vor Tätern aus dem Ausland. „Wir sind nicht sicher, weil Ihr uns nicht schützt, weil Ihr Euch weigert, unsere Grenzen zu sichern“, heißt es etwa in einem Video. "Wir stehen bald einer Mehrheit von jungen Männern aus archaischen, frauenfeindlichen Gesellschaften gegenüber." 

Aktion im Tipi ist typisch für die Identitäre Bewegung

Die Podiumsdebatte im Tipi musste kurz unterbrochen werden. Aus dem Publikum gab es deutliche „Nazis raus“-Rufe. Nach kurzer Zeit war die Aktion auch schon wieder zu Ende. Bei Twitter feierte sich die Kampagne dafür selbst, die Nachricht wurde bei den sozialen Medien zahlreich geteilt.

Das Vorgehen im Tipi ist typisch für die Identitäre Bewegung. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen zieht sie Aufmerksamkeit auf sich: Aktivisten waren 2016 auf das Brandenburger Tor in Berlin geklettert, stellten ein Jahr später Grabsteine davor auf, blockierten im Mai 2017 das Bundesjustizministerium oder wollten vergangenen Sommer auf dem Mittelmeer Flüchtlingsboote stoppen. Meist geht es dabei um Angst, Islamisierung, Überfremdung und einen angeblichen Bevölkerungsaustausch  – am Ende aber um die Behauptung und den Schutz der eigenen, angeblichen europäischen Identität.

Der Verfassungsschutz sieht bei der Identitären Bewegung Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Zugleich gibt es Berührungspunkte zwischen der Gruppe und der AfD. Ihr Schlachtruf lautet „Europa, Jugend, Reconquista“ – angelehnt an die historische Rückeroberung der iberischen Halbinsel, die von Muslimen besetzt war.

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