"Testen und Bummeln" ist nicht die Antwort: Merkel kritisiert Berliner Pandemiepolitik
Testen mit Öffnen werde das Problem nicht lösen: Die Bundeskanzlerin verteilt in "Anne Will" einen Seitenhieb auf Berlins Lockerungspläne.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Sonntagabend die Berliner Pandemiepolitik scharf kritisiert. In der ARD bei "Anne Will", die vorab aufgezeichnet wurde, sagte Merkel: „Ich weiß nicht, ob Testen und Bummeln, wie es jetzt in Berlin heißt, die richtige Antwort ist". Man habe sich Stein und Bein geschworen, die Notbremse einzuhalten. „Sie wird leider nicht überall eingehalten.“
Eigentlich haben man klare Grenzen eingezogen, das Testen könne jetzt nicht die Ausrede für Lockerungen sein. „Deshalb brauchen wir im Moment keine MPK, sondern Handeln in den Länder.“
Das Testen werde immer mehr zur Öffnungsstrategie. „Testen mit Öffnen wird uns das Problem nicht lösen, das muss man ganz klar sagen.“ Die ganze Rollenverteilung, da das strenge Kanzleramt, da die Länder, die unter Lockerungsdruck stehen, sei nicht gut.
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Der Berliner Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), forderte angesichts der schlechter werdenden Corona-Lage Ausgangssperren. "Heute Abend durch Mitte geradelt: So viele Menschen stehen oder sitzen in großen Gruppen zusammen, mit Alkohol statt Maske. Genau die Altersgruppen, bei denen die Inzidenzzahlen explodieren", schrieb von Dassel am Sonntagabend bei Twitter. "Brauchen wie viele andere Länder auch eine abendliche Ausgangssperre. Breaking the waves!"
Berlin will mit einer Doppelstrategie die Corona-Pandemie in den Griff bekommen. Vorsichtige Lockerungen etwa in Handel und Kultur bleiben. Sie werden durch verschärfte Regeln vor allem beim Testen und der Maskenpflicht ergänzt.
Ab Mittwoch müssen Berliner einen negativen Corona-Test zum Einkaufen in Geschäften, für Besuche im Friseur- oder Kosmetiksalon sowie in Museen und Galerien vorweisen. Davon ausgenommen sind Supermärkte, Apotheken oder Drogerien, die auch im Lockdown offen waren. Die bisherige Pflicht, vor dem Shoppen in Modeboutique, Baumarkt oder Elektronikmarkt einen Termin zu vereinbaren, entfällt.
Von Dassel erklärte auf Twitter weiter, mit der Wochenendschicht und Taschenlampe im Park auf Partyjagd zu gehen, funktioniere nicht. "Die Parkpartys im Spätsommer waren auch erst durch Verbote von größeren Gruppen zu stoppen. Dann haben Polizei und Ordnungsamt eine eindeutige Handhabe."
Martin Kriegel vom Hermann-Rietschel-Institut (TU Berlin) schrieb zu den Berliner Maßnahmen bei Twitter: "Das geht in die Hose!!!" Das gehe an der Sicherheit vorbei, kritisierte der Experte für Gesundheit in Gebäuden. Die Notbremse sieht eigentlich vor, dass die Länder ab einer Inzidenz von 100 zurück zu den Regeln von Anfang März gehen. Mehrere Länder weichen davon ab.
In Berlin sind die gemeldeten Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche weiter gestiegen. Am Sonntag erreichte die sogenannte Inzidenz den Wert von 143,4, wie aus dem Lagebericht der Gesundheitsverwaltung hervorgeht. Am Vortag betrug der Wert noch 138,6. (dpa, Tsp)