Vor Jahrestag des Berliner Anschlags: Merkel gedenkt der Terroropfer auf dem Breitscheidplatz
Kurz vor dem Jahrestag des Attentats vom Berliner Breitscheidplatz besucht die Kanzlerin überraschend den Weihnachtsmarkt. Merkel spricht mit Betroffenen und legt eine Rose nieder.
Nicht nur die junge englischsprachige Touristin auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz staunte am Dienstagabend: „I can’t believe it“, sagte sie, nachdem ihr in der Gaststube eines Glühweinstandes ein Handyfoto von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gelungen war.
Der Besuch war nicht öffentlich angekündigt worden. Offenbar wollte Merkel ihre Gespräche mit drei Händlern, die besonders stark vom islamistischen Terroranschlag am 19. Dezember 2016 betroffen waren, möglichst ungestört führen. Sie folgte einer Einladung der AG City und des Vorsitzenden des Berliner Schaustellerverbands, Michael Roden.
Zunächst sprach sie mit Roden und Max Müller, dessen Glühweinstand bei dem Lkw-Anschlag völlig zerstört worden war; nun steht ein Nachbau nahe der alten Stelle. Die Bundeskanzlerin ging noch zu zwei weiteren Getränkeständen, die der Attentäter mit dem Lastwagen erfasst hatte – darunter der Stand von Susanne und Roland Wollenschlaeger, an dem zwei Menschen gestorben waren. Auch diese Bude wurde zertrümmert. Ein damals verletzter Angestellter hat weiterhin Schwierigkeiten beim Laufen. Merkel habe sie unter anderem gefragt, wie sehr sie unter psychischen Folgen des Anschlags leiden, erzählten die Eheleute.
Der AG-City-Vorsitzende Klaus-Jürgen Meier sagte, die Bundeskanzlerin habe „sehr persönliche Worte“ an ihre Gesprächspartner gerichtet, zu denen auch Polizisten gehörten. An der provisorischen Gedenkstätte für die Opfer des Anschlags legten Merkel, Meier und Roden weiße Rosen nieder.
Die Angehörigen der Opfer hatten Merkel zuletzt in einem offenen Brief mangelnde Unterstützung und Anteilnahme vorgeworfen. Merkel will sich am kommenden Montag mit ihnen treffen.
Stilles Gedenken am Jahrestag des Anschlags
Unterdessen haben die Bundesregierung und der Berliner Senat bekannt gegeben, wie den Opfern und Hinterbliebenen am 19. Dezember, dem Jahrestag des Anschlags, gedacht werden soll. Nach Abstimmung mit den Betroffenen, dem Opferbeauftragten der Bundesregierung, Kurt Beck, und dem Opferbeauftragten des Landes, Roland Weber, ist ein ruhiges und besinnliches Gedenken geplant.
Noch vor der interreligiösen Andacht in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche von 11.15 Uhr bis 12 Uhr werden Opfer und Angehörige unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab 10.30 Uhr den Gedenkort besuchen.
Zur Andacht kommen Bischof Dröge und viele Politiker
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, werden während der Andacht sprechen. Anwesend sein werden der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), die Berliner Senatoren, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Angefragt wurden dem Vernehmen nach auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD). Ob die beiden teilnehmen, ist allerdings noch unklar.
Um 12 Uhr wird das Gedenkzeichen offiziell eingeweiht. Der Regierende Bürgermeister wird dann zu den Opfern und Hinterbliebenen sprechen. Während einer anschließenden Gedenkstunde ab 13 Uhr im Abgeordnetenhaus werden unter anderem Redebeiträge von Kurt Beck, Michael Müller und dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland (SPD), erwartet. Das Abgeordnetenhaus stellt auch einen Rückzugsort für Opfer und Hinterbliebene des Anschlags zur Verfügung.
Mahnwache, Friedensgebet und Lichterkette
Ab 14 Uhr laden die AG City, der Schaustellerverband Berlin und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde zum gemeinsamen Gedenken auf dem Breitscheidplatz ein. Geplant sind eine Mahnwache neben dem Gedenkort, zu der alle Berliner eingeladen sind.
Um 18.30 Uhr wird ein ökumenisches Friedensgebet mit einem Friedenslicht und dem Bachchor der Kirchengemeinde in der Gedächtniskirche gehalten. Mit einer Friedenskundgebung, einer Lichterkette und einem Lied, das Jocelyn B. Smith vortragen wird, soll ab 19.30 Uhr den Opfern und den Angehörigen gedacht werden. Um 20.02 Uhr sollen die Glocken der Gedächtniskirche zwölf Minuten lang läuten – im Gedenken an die zwölf Ermordeten durch den Terror-Anschlag.
Am 19. Dezember wird die Budapester Straße von 4 Uhr morgens bis etwa 20.30 Uhr in beide Richtungen gesperrt sein. Auch Teile des Kurfürstendamm/Tauentzienstraße werden wegen der hohen Sicherheitsvorkehrungen abgesperrt.