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Touristenattraktionen: Das Brandenburger Tor und der Berliner Bär.
© Maurizio Gambarini/dpa

Neue Tourismusbilanz vorgestellt: Mehr Berlin-Besucher, mehr Übernachtungen

„Berlin bleibt ein Magnet für Menschen aus aller Welt“: Am Freitag wurden die neuen Zahlen für den Hauptstadttourismus vorgestellt.

„Wir spielen in der Liga von New York, Dubai und Singapur“, sagt Burkhard Kieker, und er hat auch für die innerdeutsche Konkurrenz noch eine schlechte Nachricht: „Berlin hat so viele Übernachtungen wie Hamburg und München zusammen“.

Hatte zumindest, denn diese Abschätzung bezieht sich auf das Jahr 2019, dessen Tourismusbilanz am Freitag von Visit-Berlin-Chef Kieker und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) vorgestellt wurde. Berlin wächst weiter und ist inzwischen fest in der elitären „Ü 30“ verankert, der Gruppe der Weltstädte mit mehr als 30 Millionen Übernachtungen. „Berlin bleibt ein Magnet für Menschen aus aller Welt“, befand die Senatorin.

Die Schlüsselzahlen: 13,96 Millionen Besucher kamen in die offiziellen Beherbergungsstätten, das sind 3,4 Prozent mehr als 2018, und sie verbrachten dort 34,12 Millionen Nächte, das ist sogar ein Anstieg von 3,8 Prozent.

Für Kieker ist das optimal, denn er hält kontinuierliches Wachstum für gesünder als plötzliche Sprünge, die es in der Berliner Tourismusbilanz ohnehin kaum gibt. Die Entwicklung ist und bleibt aber rasant: 2004 hatte Klaus Wowereit als Ziel für 2010 bescheidene 15 Millionen Übernachtungen genannt – tatsächlich wurde in diesem Jahr dann schon die 20-Millionen-Grenze geknackt, und so ging es weiter.

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Auffällig ist dabei, dass der Anteil der Berlin-Besucher aus Deutschland 2019 erneut überproportional zugenommen hat und um 4,7 Prozent stieg, das sind insgesamt 54,6 Prozent des gesamten Marktes. Unter den ausländischen Gästen immer noch vorn, aber stark rückläufig sind die Gäste aus Großbritannien, deren Zahl um 6,9 Prozent auf 574.000 sank – Kieker erklärt das mit der wirtschaftlichen Unsicherheit angesichts des Brexits und mit dem schwachen Pfund.

Die Grundstimmung bleibt optimistisch

In der Liste folgen – durchweg ansteigend – Italien, Spanien, die USA, Frankreich, die Niederlande und Russland, dessen Zahl (179.700) am stärksten, nämlich um fast 15 Prozent zugenommen hat. Einen starken Rückgang melden die Statistiker erneut bei den Israelis (101.000 Besucher, minus 12,2 Prozent); Kieker hält sie für besonders preisempfindlich und nennt die Eröffnung neuer Fluglinien von Tel Aviv aus in andere Länder als weiteren Grund.

Die Grundstimmung bleibt also optimistisch, wenngleich es global grummelt. Vor allem der Corona-Virus macht den Touristikern Sorgen, obwohl davon in der aktuellen Statistik noch nichts zu sehen ist. Ohnehin tendierte der chinesische Markt schon das ganze Jahr über leicht ins Negative mit einem deutlichen Sommerloch, 135.000 Besucher kamen insgesamt.

Kieker sagt, er rechne für das erste Halbjahr 2020 mit einem kompletten Zusammenbruch der Reisen in beide Richtungen, er hat aber auch schon hoffnungsfroh eine Rarität entdeckt: den chinesischen Individualtouristen, den es früher praktisch nicht gegeben hat.

Eine Rarität: Der chinesische Individualtourist

Für 2020 stehen die Chancen auf weiteres Wachstum offenbar dennoch gut. Das Kongressgeschäft, das rund 30 Prozent der Übernachtungen ausmacht, boomt weiter, denn Berlin hat sich in diesem Segment unter den Top 5 weltweit festgesetzt.

Große Hoffnungen ruhen selbstverständlich auf dem neuen Flughafen BER, dessen Eröffnung von den Profis offenbar nicht mehr angezweifelt wird. Hier geht es aber vor allem um den Interkontinentalverkehr, der nicht sofort einsetzen wird, aber laut Kieker „nach spätestens ein, zwei oder drei Flugplanwechseln“. Im innerdeutschen Verkehr ist dagegen schon in den letzten Monaten ein deutlicher Rückgang spürbar geworden, der aber durch den Zuwachs auf den wichtigen ICE-Strecken der Bahn mehr als ausgeglichen werden konnte.

Für historisch interessierte Besucher gibt es 2020 das Schmankerl „100 Jahre Groß-Berlin“, während das 30. Jubiläum der Wiedervereinigung gegen das Thema „30 Jahre Mauerfall“ 2019 zurückfallen dürfte, denn die große Feier findet turnusmäßig nicht in Berlin statt (aber immerhin in Potsdam).

Und das Konzept des dezentralen Tourismus, das Besucher vor allem in die Außenbezirke führen soll und der Wirtschaftssenatorin besonders am Herzen liegt, scheint langsam zu greifen. Es schlägt sich aber kaum in harten Zahlen nieder, weil es am Stadtrand kaum Hotels gibt und die Übernachtungen dort auf niedrigem Niveau bleiben. Auch hier will sich Kieker einsetzen, für mehr Betten im Grünen.

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