Neuer BER-Chef Karsten Mühlenfeld: Mehdorns Nachfolger startet leise
Karsten Mühlenfeld hat seine neue Aufgabe als BER-Chef angetreten. Im Flughafen-Ausschuss des Potsdamer Landtags stellte er sich kritischen Fragen - und setzte deutlich andere Akzente als sein Vorgänger.
Spätestens jetzt dürfte Karsten Mühlenfeld wissen, was für einen riskanten Job er übernommen hat. Es ist der erste Arbeitstag des neuen Flughafenchefs. Und gleich der erste öffentliche Termin führt den 51-Jährigen am Montagnachmittag in den brandenburgischen Landtag. Genauer: in den BER-Sonderausschuss, wo der Neue mit Spannung erwartet wird und gleich am Anfang das Wort mit folgendem Hinweis bekommt: „Ich glaube nicht, dass der Sonderausschuss Sie heute schon quälen wird!“ Da lächelt Mühlenfeld, scherzt: „Ich hoffe, dass Sie mich auch künftig nicht quälen, sondern mir kritische Fragen stellen werden“.
Und dann sagt er ein paar allgemeine, optimistische Sätze. „Das Wichtigste für mich ist, den Flughafen ans Netz zu bringen.“ Und: „Wir sind sicher, dass das Zeitfenster hoffentlich realistisch ist.“ Also die angestrebte Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017. Hoffentlich?
Und dann geht es gleich zur Sache, nämlich zum Geld. Und es ist nicht der Ausschuss mit seinen Abgeordneten, der den Flughafenchef quält. Nur drei Tage ist es her, dass der Aufsichtsrat den BER-Eigentümern (also den Ländern Brandenburg und Berlin sowie dem Bund) empfohlen hat, der Flughafengesellschaft für die Fertigstellung des BER aus Steuergeldern 1,1 Milliarden Euro zu überweisen. Und zwar einstimmig, mit den Stimmen der brandenburgischen Aufsichtsräte, unter Leitung des amtierenden Aufsichtsratschefs, des Potsdamer Flughafenstaatssekretärs Rainer Bretschneider. Und der hatte auch noch auf eine zügige Entscheidung, möglichst im März gedrängt.
Aber das, was Mühlenfeld nun vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) und von Finanzminister Christian Görke (Linke) hört, klingt anders. Es gebe noch „keine Veranschlagungsreife“, sagt Görke knapp. Und macht keinen Hehl daraus, dass es für Brandenburgs Regierung längst nicht ausgemacht ist, Brandenburgs 407-Millionen-Anteil an der neuen Milliarde als öffentliches Geld zu überweisen, wie es der Aufsichtsrat empfiehlt. „Es gibt dazu noch keine Beschlüsse der Gesellschafter.“ Ziel Brandenburgs bleibe eine „haushaltsschonende Variante.“
Vorher wird Ministerpräsident Woidke gegenüber dem Tagesspiegel noch deutlicher: „Der Aufsichtsrat ist der Gesellschaft verpflichtet. Und wir sind dem Land verpflichtet“, sagt er. „Natürlich ist eine Kapitalzufuhr für den Flughafen der einfachste Weg.“ Doch die Zeit läuft. Denn bis Spätsommer braucht der Flughafen die neue Milliarde, wie Vorgänger Hartmut Mehdorn erst vorige Woche klarstellte. Vorher kann bei der EU in Brüssel auch die nötige beihilferechtliche Genehmigung nicht beantragt werden, die vorsorglich gleich für öffentliche BER-Gelder von 2,2 Milliarden Euro eingeholt werden soll. Denn die nächste Milliarde wird in absehbarer Zeit benötigt, um den BER zu erweitern und ein Eröffnungschaos zu vermeiden.
Mühlenfeld ist allein in den Landtag gekommen, ohne Hartmut Mehdorn, der ihn zwar noch zwei Wochen bis zum endgültigen Ausscheiden berät, aber für manchen in der Politik auch ein rotes Tuch geworden ist. Er sei ja „Manns genug“, sagt Bretschneider dazu.
Obwohl es eine Lehrstunde für Mühlenfeld ist, wie die Politik mit dem neuen Flughafen umgeht, hält er sich zurück. Er bevorzugt die leisen Töne, vermeidet die Provokation. Er notiert sich viel, versucht sich auch bei den Aussagen Woidkes und Görkes nichts anmerken zu lassen. Hartmut Mehdorn, sein provokanter Vorgänger, wäre wahrscheinlich längst explodiert. Auch Mehdorn war vor zwei Jahren, als er am Flughafen antrat, am ersten Tag im Sonderausschuss des brandenburgischen Landtages. Er hatte gleich die erste Bombe gezündet, mit einer einzigen, wohl kalkulierten Frage: „Muss man Tegel wirklich schließen?“ Karsten Mühlenfeld setzt stattdessen auf den diplomatischen Weg.