BER-Aufsichtsrat für Milliardenspritze: Hartmut Mehdorns stiller Abflug
Der Aufsichtsrat des Hauptstadtflughafens BER empfiehlt den Eigentümern, 1,1 Milliarden Euro für den Weiterbau des Flughafen freizugeben - ein Teilerfolg für Hartmut Mehdorn, der jedoch auf einen letzten öffentlichen Auftritt verzichtete.
Er hat ja alles gesagt. Und tut zum Abschied etwas Ungewohntes. Hartmut Mehdorn schweigt, zumindest öffentlich, an diesem Tag. Es war sein letzter als Vorsitzender der Geschäftsführung der Berliner Flughäfen, an dem er im abgeschirmten Verwaltungsgebäude in Tegel wie so oft seit seinem Antritt vor zwei Jahren mit dem Aufsichtsrat um Geld für den neuen Schönefelder BER-Airport stritt.
Bei vielen im Gremium, vor allem bei Berlins Regierendem Michael Müller (SPD), waren seine Forderungen im Vorfeld nach einer Freigabe der neuen Milliardenspritze für den BER, gar die Androhung eines Baustopps, überhaupt nicht gut angekommen. Trotzdem verfehlten sie offenbar eine gewisse Wirkung nicht.
Kurz vor 17 Uhr, fast eine Stunde verspätet, verkündete der amtierende Aufsichtsratschef Rainer Brettschneider auf einer Pressekonferenz das Ergebnis der turbulenten Sitzung: Berlin, Brandenburg und der Bund, so empfiehlt es der Aufsichtsrat, sollen dem Flughafen zügig die für die Fertigstellung des BER nötigen 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die Eigentümer-Vertreter im Gremium sicherten dies zu, ein letzter Teilerfolg für Mehdorn. Zur Pressekonferenz kam er nicht mit. Er habe auch keinen Wert auf einen Abschiedsauftritt gelegt, hieß es. Bis 31. März ist er noch im Management des Flughafens, als einfaches Mitglied der Geschäftsführung, als Ratgeber für den Nachfolger Karsten Mühlenfeld.
Woher die neue Milliarde kommt, bleibt weiter unklar. Das müssen nun erst Müller und sein Berliner Senat, die Regierung Brandenburgs und der Bund entscheiden. Auch die Entscheidung, noch einmal rund eine Milliarde Euro für die Erweiterung des zu kleinen BER-Flughafen einzuplanen, wurde erneut vertagt. Allerdings werden auch im Aufsichtsrat Stimmen lauter, das nicht weiter auf die lange Bank zu schieben.
„Was die Finanzierung betrifft, braucht der Flughafen klare Verhältnisse“, mahnte etwa Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer der Cottbuser Industrie- und Handelskammer, der für Brandenbrug im Aufsichtsrat sitzt. „Vor allem der neue Geschäftsführer braucht das.“ Krüger verwies auf die Vorstöße Sachsens, Verkehre vom BER nach Leipzig und Dresden abzugeben, die im Bundesverkehrsministerium Anklang finden. „Deshalb halte ich es für besonders wichtig, dass der Flughafen weiß, wo die Reise hingeht“, sagte Krüger.
Tropical Islands "ganz andere Dimension" als BER
In den letzten Tagen hatte Mehdorn zum Abschied noch einmal ausgeteilt. Etwa gegen den Aufsichtsrat, der den Flughafen nicht ausreichend unterstütze. Aber er kritisierte auch das Landratsamt Dahme-Spreewald, das ja nicht so professionell sein könne wie die mit großen Projekten erfahrenen Berliner Baubehörden. In Dahme-Spreewald, wo man sich lange mit unausgegorenen Bauanträgen des Flughafens herumschlug, wunderte man sich über diese Klage Mehdorns sehr.
„Es geht auf der Baustelle endlich vorwärts. Es geht dort geordneter zu als je zuvor“, sagte Landrat Stephan Loge (SPD) dem Tagesspiegel. Er konterte Mehdorns Provinzvorwurf mit dem Hinweis, dass der BER-Flughafen mitnichten das schwierigste Brandschutzobjekt im Kreis sei. „Wir haben Tropical Islands“, sagte er. „Das ist eine ganz andere Dimension als der Flughafen, mit einem viergliedrigen Brandschutzsystem und täglich zweitausend bis dreitausend Leuten, die dort in Badehose herumspringen.“
Auch die Baubehörde hat ihre Erfahrungen mit Hartmut Mehdorn und seinen regelmäßigen Vorstößen gemacht, die dann später wieder einkassiert werden mussten. Vor wenigen Wochen hat die Bauaufsicht übrigens die Baugenehmigung für die von Mehdorn früher favorisierte, später verworfene Interimsnutzung des Nordpiers erteilt, in dem er testweise Passagiere abfertigen wollte. Es war eine von vielen Ideen Mehdorns, aus denen nichts wurde. Den Bau-Antrag hatte den Flughafen nie zurückgezogen, was dem Landkreis nun eine Verwaltungsgebühr von 30 000 Euro verschaffte.
Landrat Loge bescheinigt Mehdorn dennoch, die Trendwende bei der Sanierung des verpfuschten Terminalgebäudes geschafft zu haben. „Es geht auf der Baustelle endlich vorwärts“, sagt Loge. „Und zwar geordneter als je zuvor.“