Wohnturm an der East Side Gallery: Mauerlücke bleibt noch fünf Jahre
Der Wohnturm an der East Side Gallery wird fertig – die umstrittene Lücke im Mauerdenkmal aber nicht geschlossen. Kommt irgendwann der Brückenschlag über die Spree, würde das auch keinen Sinn machen, sagt Senatskanzleichef Böhning.
Er strahlt in Weiß, der politisch inkorrekte Wohnturm an der East Side Gallery. Die 14 Etagen sind gegeneinander verschoben, lange Fensterreihen mit auskragenden Rahmen verstärken den Loftcharakter. Die Fassade soll noch begrünt werden. Sogar einer der ärgsten Kritiker, Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne), attestiert dem Gebäude architektonische Qualität. Nur die Mauerlücke, die vor zwei Jahren weltweites Aufsehen und Proteste auslöste, ist weiterhin ein Zankobjekt mit ungewisser Zukunft.
Der ehemalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hatte den Lückenschluss im Frühjahr 2013 ausverhandelt. Doch die Beharrungskräfte der Realität erwiesen sich als stärker als der politische Wille. Jetzt wird wieder verhandelt.
Lücke soll nicht auf 21 Meter wachsen
Nur geht es in die entgegengesetzte Richtung. Das Ziel ist Schadensbegrenzung. Die umstrittene Sechs-Meter-Lücke für die Zufahrt zum Haus soll auf fünf Jahre festgeschrieben werden. Einen entsprechenden Vertrag will Hans Panhoff mit dem Wohnturm-Investor Maik Uwe Hinkel, den seine Kritiker für einen ehemaligen Stasi-Spion halten, schließen. Das bestätigte Panhoff auf Nachfrage des Tagesspiegels. Es geht darum zu verhindern, dass die Lücke auf 21 Meter verbreitert wird. Denn dazu hätte Hinkel ein verbrieftes Recht. Und die Zeit wird knapp. Der Wohnturm soll im Sommer fertig und im Spätsommer bezogen werden. 80 Prozent der Wohnungen sollen laut Exposé verkauft sein. Sind sie formal ins Eigentum der Käufer übergegangen, müsste Panhoff künftig mit der Eigentümerversammlung verhandeln. Ein konfliktträchtiges Unterfangen mit wenig Aussicht auf Erfolg.
Hinkel hatte mehrfach erklärt, die Mauerlücke schließen zu wollen, wenn der Wohnturm fertig ist und alle rechtlichen und baulichen Voraussetzungen erfüllt sind. Doch davon kann keine Rede sein. Vom benachbarten Hotelprojekt „Living Waterfront“ des israelischen Investors Alon Mekel ist noch nichts zu sehen. Mekel sollte eine gemeinsame Zufahrt für beide Bauprojekte ermöglichen, doch bislang ist unklar, ob er wirklich bauen will. Seit einem Jahr liegt eine gültige Baugenehmigung vor. Auch ein städtebaulicher Vertrag zur Sicherung des Uferweges ist laut Panhoff unterschriftsreif. Alon Mekel ist dazu nicht zu sprechen.
Banalisierung der Mauer zum Gartenzaun
Das Hotel mit seiner 130 Meter langen Front würde weitaus stärker den Mahnmal-Charakter der Gallery stören als Living Levels. Der Senat sollte das Bauland zurückkaufen, findet Panhoff. Das würde zwar 16 bis 18 Millionen Euro kosten, die Welt aber vor einer unwürdigen Banalisierung der Mauer zu einem Gartenzaun bewahren. Der Senat winkt ab. „Es gibt keine Überlegung, das Grundstück zu erwerben“, sagt Staatskanzleichef Björn Böhning (SPD).
Der Senat unterstützt den Bezirk bei den Verhandlungen zur Mauerlücke, allerdings ist bislang unklar, wie es nach einer Festschreibung von fünf Jahren weitergeht. Hinkel wird sich kaum zu einer Schließung verpflichten, solange die nachbarlichen Beziehungen zum Mekel-Bau nicht geklärt sind. Er braucht ein im Grundbuch fixiertes Wegerecht. Hinkels Sprecher Jürgen Scheunemann will sich zur Lücke nicht mehr äußern.
Komplett konfus wird das Thema, wenn die Planung zum Brommysteg darin vermengt wird. Der Steg auf der Höhe der einstigen Brommybrücke, von der noch ein altes Fundament in der Spree steht. wird vom Bezirk und vielen Anrainern gewünscht, vom Senat aber bislang nicht als vordringliches Bauprojekt angesehen. Der Bau des Stegs würde nach Einschätzung von Böhning bedeuten, dass die Mauerlücke verewigt wird. Hinkel habe schon einen Brückenkopf auf seinem Grundstück angelegt, also mache es auch Sinn, den Steg direkt zur Mühlenstraße zu führen.
Thomas Loy