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Marzahn-Hellersdorf von seiner grünen Seite - wo die Internationale Gartenausstellung entsteht.
© Kitty Kleist-Heinrich

Serie: Bezirke vor der Wahl: Marzahn-Hellersdorf: Blühende Dörfer, hohe Häuser

Zufriedene Bewohner in sanierten Platten und neuen Eigenheimen, alte Gutshäuser und Gärten der Welt – Marzahn-Hellersdorf hat sein Image ganz hübsch aufgemöbelt.

Marzahn und Hellersdorf waren mal die Antwort der DDR auf den sozialen Wohnungsbau der Bundesrepublik, zwei Satellitenviertel, mit viel politischem Nachdruck hingeworfen in eine Gegend, in der vorher praktisch nur Kartoffeln wuchsen. Der größte Unterschied ist auch für Neulinge erkennbar: Das eine Viertel, Marzahn, reicht richtig hoch bis zur 20.Etage, das andere ist niedriger und aus Wendegründen nie richtig fertig geworden.

Das machte nach der Wende auch den Unterschied. Denn während Marzahn praktisch gebrauchsfertig war und mit sich selbst einigermaßen zurechtkam, fehlte im östlich angrenzenden Hellersdorf fast alles, was einen Bezirk außer Wohnhäusern noch ausmacht, Infrastruktur, ein Zentrum, gepflegtes Grün. Bald leerten sich Kitas und Schulen, die Leute zogen an den Stadtrand oder drüber weg, und schließlich wurden ein paar Blöcke sogar abgerissen; das war die Zeit, als es hieß, Berlin habe sowieso mehr als genug Wohnungen.
Das hat sich bekanntlich geändert. Und durch die Verlagerung des politischen Zentrums ins neue Hellersdorfer Zentrum ist die Balance der Ortsteile auch längst wieder ausgeglichen, auch wenn Marzahn, dem Alphabet zuwider, den Doppelnamen des Bezirks anführen darf – da ging es wohl um ältere Rechte.

Bewohner fühlen sich wohl

Ähnlich wie im Märkischen Viertel, dem Bruderprojekt auf der Westseite der Mauer, hat der Ruf dieser beiden Viertel immer mal geschwankt. Am Anfang waren die privilegierten Erstbewohner glücklich, den engen Mietskasernen der Innenstadt entkommen zu sein, dann zeigten sich Mängel, die Hellhörigkeit nervte, geheizt wurde auf Volldampf durch die dünnen Wände. Alles fiel in Tristesse, die naturgemäß besonders den West-Besuchern auffiel und sie eher an Warschau und Wladiwostok denken ließ. Doch dann kam die Wende, die neuen Eigentümer, gemeinnützige Gesellschaften, nahmen viel Geld in die Hand und machten alles wieder hübsch, jedenfalls den Umständen entsprechend.

Und nun ist nur noch wenig zu hören von dort draußen. Die Bewohner fühlen sich offenbar überwiegend wohl und genießen den Ausblick vor allem aus den oberen Stockwerken. Die Mieten sind tragbar, und auch die Indikatoren für die soziale Lage sehen durchweg nicht so schlecht aus. Im Süden des Bezirks, der nicht durch Plattenbauten, sondern durch viele neue Eigenheime geprägt ist, erinnern diese Indikatoren übrigens sogar eher ans begüterte Zehlendorf. Ganz im Marzahner Südwesten, an der Rhinstraße, liegt eine bemerkenswert große Niederlassung von Daimler-Benz.

Zahlreiche Gartenattraktionen

Dennoch gilt natürlich immer noch: Wer nicht wohnt in Marzahn-Hellersdorf, der muss da auch nicht nächste Woche hin. Ausgenommen, schon lange: Die hübschen „Gärten der Welt“, die im Laufe der Jahre Attraktion um Attraktion zulegten, und die nun die Keimzelle der mit viel Spannung erwarteten IGA 2017 sind, jener Veranstaltung, die dem Bezirk den Durchbruch in der internationalen Wahrnehmung bringen soll. Und die natürlich ein Ziel für viele Besucher in den folgenden Jahren erschaffen soll, so, wie sich auch der Britzer Garten aus einer Bundesgartenschau zum höchst beliebten Stadtpark entwickelt hat.

Wahrnehmen werden die Besucher neben den zahlreichen Gartenattraktionen zumindest, dass die einstige Plattenbau-Ödnis nach der Wende doch ganz hübsch aufgemöbelt wurde, und vielleicht nehmen sie sich auch mal die Zeit, die alten Ortskerne anzuschauen, die diesen Blick ebenfalls verdienen: Vor allem Alt-Marzahn, das von den Planern der neuen Stadt wie aus einer Laune verschont blieb, ist mit Windmühle und Kirche eine längst zu Recht denkmalgeschützte Idylle geblieben.
Schloss und Park Biesdorf verbreiten nach umfassender Restaurierung sogar ein wenig hochherrschaftliche Atmosphäre, und auch Mahlsdorf hat noch ein paar hübsche Ecken zu bieten. Weniger sollte sich der Zufallsbesucher dagegen von Alt-Hellersdorf versprechen, denn dort erinnern nur noch ein paar Gutshäuser aus Backstein an dörfliche Zeiten. Das eigentliche Zentrum des Ortsteils ist die „Helle Mitte“, wo sich auch das Rathaus einquartiert hat – weitgehend gesichtslose Moderne, auf Funktion getrimmt, ohne die Atmosphäre einer gewachsenen Nachbarschaft. Aber dafür braucht die U-Bahn auch nur eine halbe Stunde bis zum Alexanderplatz.

In unserer Bezirksserie zur Wahl stellen wir in der nächsten Folge Mitte am 29.8. vor. Mehr zur Wahl in Berlin finden Sie auf unserer neuen interaktiven Seite wahl.tagesspiegel.de.

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