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Immer wieder kommt es in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain zu Streit zwischen Linksautonomen und Polizei.
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Update

Berlin-Friedrichshain: 350 Polizisten vollstrecken Haftbefehl in der „Rigaer 94“

Wenn mehrere Hundertschaften für eine Festnahme anrücken, kann das nur in der Rigaer Straße sein: Am Donnerstagmorgen wurde ein Mann in dem linken Szeneobjekt verhaftet.

Am Morgen des Gründonnerstag wurde die Rigaer Straße abgeriegelt. Hundertschaften sicherten das als linkes Szeneobjekt bekannte Haus mit der Nummer 94. Um 8.30 Uhr nahmen die Beamten in der naheliegenden Zellestraße einen 41-Jährigen Bewohner fest. Anschließend drangen Beamte in den Altbau ein und durchsuchten seine Wohnung auf Beweismittel. Ein Richter hatte am Mittwoch den Haftbefehl unterschrieben.

Rund 350 Polizisten waren an dem Einsatz beteiligt, der gegen 11.30 Uhr beendet wurde. Die Polizei war mit so vielen Beamten angerückt, weil Solidaritätsaktionen der linksextremistischen Szene befürchtet werden. Zu Einsatzbeginn hatte ein Hubschrauber die Lage sondiert und geprüft, ob sich Linksextremisten auf Dächern aufhalten. In der Vergangenheit waren Polizisten mehrfach in Rigaer Straße und Liebigstraße von Dächern mit Steinen attackiert worden. Zuletzt flogen in der Nacht zuvor Steine auf ein Polizeiauto. Als "Zufallstreffer" konnte die Polizei im Haus einen weiteren mit Haftbefehl gesuchten Mann festnehmen.

Zunächst blieb es ruhig. Die Polizei betonte, dass das seit Jahren umstrittene - aber nicht besetzte - Haus nicht geräumt werden sollte. Vor zwei Jahren hatte der damalige Innensenator Frank Henkel bei einem derartigen Versuch ein politisches und juristisches Fiasko einstecken müssen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem - auch zuvor schon polizeibekannten Mann - zwei Gewalttaten vor: Am 11. März soll er einen 54-Jährigen verprügelt haben. Der Anlass des Streits soll banal gewesen sein: Das Opfer wollte den Hund des 41-Jährigen streicheln. Dieser soll daraufhin so massiv zugeschlagen und dann auf den am Boden liegenden eingetreten haben, dass der 54-Jährige mehrere Knochenbrüche erlitt. Er kam in ein Krankenhaus.

Vier Tage später, am 15. März, soll er einen Polizisten mit Pfefferspray angegriffen haben. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll er bei einem Polizeieinsatz aus wenigen Metern Entfernung gezielt mit einem Reizstoffsprühgerät einen Beamten besprüht und verletzt haben". Beide Taten geschahen vor der "Rigaer 94". Nach beiden Taten war der Mann in sein Haus geflüchtet. Dem Vernehmen nach fungiert der gebürtige Pole als eine Art Türsteher der Rigaer 94, er soll mit Knüppel bewaffnet dort patrouillieren. Er gehöre nicht zum harten Kern der linksradikalen Szene sondern sieht sich als Unterstützer. Bei Bewohnern normaler Häuser im Kiez soll der Mann gefürchtet sein.

Der Haftbefehl lautet auf gefährliche Körperverletzung. Die "Rigaer 94" meldete sich am Donnerstag über Twitter und behauptete, dass der Hund "angegriffen" wurde. Zudem beklagte die linke Szene die massive Polizeipräsenz in den vergangenen Tagen und Wochen. Die Polizei bestätigte, dass sie verstärkt Streife gefahren war, weil die linksextremistische Szene versucht habe, Anwohner unter Druck zu setzen.

So seien Flugblätter verteilt worden, die Anwohner einschüchtern sollten, sagte ein Beamter. Damit sollten Zeugen der Gewalttaten des 41-Jährigen davon abgehalten werden, bei der Polizei auszusagen. Auf einer linksextremistischen Internetseite werden die Nachbarn der Rigaer 94 so angesprochen: "Verpisst euch mit eurem Denunziantentum!"

Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, lobte den Einsatz: "Es kann nicht sein, dass friedliche Anwohner durch Kriminelle unter Druck gesetzt werden, wenn sie Straftaten an die Polizei melden."

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