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Der Anwalt Thomas H. möchte legal Cannabis anbauen und auch konsumieren – zum Freizeitvergnügen.
© Daniel Karmann/dpa

Berufung auf Grundrechte: Legalisierung von Cannabis: Anwalt scheitert vor Berliner Gericht

Als Anwalt geht Thomas H. in Rente. Nun will er Cannabis-Händler werden. Und klagt – das Betäubungsmittelgesetz hindere ihn an seiner Berufsfreiheit.

Das Berufsleben von Thomas H. als Rechtsanwalt ist vorbei, jetzt will er Dealer werden. Genauer: Thomas H. möchte ein Cannabis-Fachgeschäft eröffnen, er möchte die Droge auch selbst anbauen und konsumieren, doch daran hindert ihn derzeit das Betäubungsmittelgesetz. Also klagte er. Nachdem die Sache drei Jahre gelegen hatte, wurde sie am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht verhandelt.

Und H. ist beileibe nicht der einzige Interessent – so viele Zuhörer sind selten im Verwaltungsgericht, wie sich am Mittwoch in Saal 4304 einfanden. Ohne Erfolg: Die 14. Kammer unter Richterin Lydia Glowatzki wies die Klage ab. Es schien auch durchaus halsbrecherisch, was Kläger H. und sein Anwalt Volker Gerloff forderten: Die Bundesregierung solle verurteilt werden, eine Verordnung mit dem Ziel zu erlassen, Cannabis aus den Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz zu streichen, und diese dann dem Bundesrat zur Zustimmung vorzulegen.

Der Kläger beruft sich auf seine Grundrechte

Die Judikative sollte also die Exekutive dazu verpflichten, eine Regelung zu treffen, die der Gesetzgeber als Legislative ausdrücklich nicht will. Dabei weiß jeder, dass die gesetzgebende Gewalt die wichtigste der drei ist, da sie als einzige direkt vom Volk gewählt wird. Und diese – in ihrer Gestalt als Bundestag – hatte gerade erst in diesem Jahr das Cannabiskontrollgesetz, das die Grünen wollten, abgelehnt. „Soll die Bundesregierung dazu ermächtigt werden, den parlamentarischen Gesetzgeber zu belehren?“, fragte das Gericht – „Ja, das ist ihre Aufgabe, wenn dieser etwas Verfassungswidriges tut“, entgegnete Gerloff.

Kläger H. berief sich nämlich auf seine Grundrechte. Nicht nur die allgemeine Handlungsfreiheit sei betroffen, sondern auch die Berufsfreiheit, denn seinen neuen Beruf als Cannabis-Fachhändler könne er so nicht ausüben. Außerdem sei nicht zu rechtfertigen, dass Alkohol und Tabak anders behandelt würden, obwohl sie mindestens so schädlich seien wie Cannabis. „Warum haben Sie nicht den normalen Weg beschritten und eine Erlaubnis bei BfArM beantragt?“, wollte der Anwalt der Bundesregierung wissen, Peter Kothe aus Stuttgart.

Zu BfArM, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, gehört die Cannabisagentur als Unterabteilung der Bundesopiumstelle. Dort erteilt man Anbaulizenzen, aber nur für Cannabis, das rein zu medizinischen Zwecken genutzt wird. „Eine Erlaubnis zu beantragen wäre sinnlos gewesen“, entgegnete entsprechend Rechtsanwalt Gerloff, „und sinnlose Maßnahmen können nicht verlangt werden.“ Denn H. will das Cannabis nicht für medizinische Zwecke, sondern zum privaten Vergnügen.

In der Pause rauchten Besucher Joints

Markus Riehl, Referatsleiter für Betäubungsmittelrecht im Bundesgesundheitsministerium, wies darauf hin, dass Deutschland sich in der Single Convention on Narcotic Drugs von 1961 verpflichtet habe, Cannabis nur zu medizinischen Zwecken zuzulassen. Deutschland verhalte sich völkerrechtstreu und sei dafür international anerkannt. Auch deshalb gehe es nicht.

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„Wenn Sie sich auf Ihre Grundrechte berufen, gehören Sie vor das Verfassungsgericht“, riet Kothe. Am Ende konnte die Kammer keine Verfassungswidrigkeit erkennen und beließ die Lage, wie sie ist. Immerhin berief sich der Kläger nicht auf die Religionsfreiheit. Damit sind einige Gläubige in Amerika durchgekommen, die eine unerlaubte Droge in Teeform konsumierten. Sie gehören zu einer Religionsgemeinschaft von 18 000 Gläubigen, die der Pflanze Ayahuasca huldigen – und gewannen 2006 vor dem Supreme Court.

Der Berliner Fall von Mittwoch könnte für einige noch ein Nachspiel haben: In einer Verhandlungspause bauten sich die Zuschauer im Gerichtsflur Joints, dem Geruch nach wurde auch gekifft. Da auch viel gefilmt wurde, müsste es reichlich Bildmaterial geben. „Das übergeben wir der Staatsanwaltschaft“, sagte Gerichtspräsidentin Erna Viktoria Xalter. Hausverbote erteilte sie jedoch nicht.

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