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Kleiner Flughafen, großer Ärger. Der BER ist zu klein, um die erwarteten Fluggäste abfertigen zu können. Deshalb wird über einen Ausbau nachgedacht.
© Kay Nietfeld/dpa

Flughafen Berlin-Schönefeld: Krisentreffen beim BER

Bei der heutigen BER-Aufsichtsratssitzung geht es auch um die Flughafenerweiterung. Es soll ein Billigterminal her und der Vorplatz überbaut werden.

Baustopp, Imtech-Pleite, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen Abrechnungsbetruges durch den Siemens-Konzern: Wenn der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft unter Vorsitz des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) am heutigen Freitag in Tegel tagt, wird es wieder einmal eine Krisensitzung. Denn eine Gesamtfreigabe des Terminals ist, wie Flughafenstaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup am Donnerstag im Abgeordnetenhaus sagte, wohl erst in vier Wochen zu erwarten.

Das Thema, das regulär auf der Tagesordnung steht, ist nicht weniger dramatisch. Der Aufsichtsrat will nach zweijähriger Debatte erste Grundsatzbeschlüsse für den notwendigen Ausbau des Airports fassen, um nach der – immer noch für 2017 – geplanten BER-Eröffnung alle Passagiere abfertigen zu können. Das neue Terminal schafft vorerst, das geht aus dem Tagesspiegel vorliegenden Flughafendokumenten hervor, nur 22 Millionen Passagiere – so viel wie der Flughafen Tegel in diesem Jahr. Deshalb hat BER-Chef Karsten Mühlenfeld ein 600 Millionen Euro teures Interimsausbauprogramm bis 2019 vorgelegt, das auf den alten Flughafen Schönefeld und ein neues Zusatzterminal für Billigairlines am BER setzt. Ein Überblick.

Wie kam es zum BER-Kleinflughafen?

Alle fliegen auf Berlin. In diesem Jahr werden in Tegel und dem alten Schönefelder Flughafen schon fast 30 Millionen Passagiere abgefertigt. Das neue BER-Terminal ist zwar für maximal 27 Millionen Fluggäste konzipiert, aber nur auf dem Papier. Es gehört zum Planungspfusch, dass die Abfertigungskapazitäten – zu wenige Check-in-Schalter, die Gepäckanlage ist zu klein – bislang nur für 22 Millionen Passagiere reichen. Und im Inneren darf es bis zum BER-Start keine neuen Umbauten geben. Das ist die klare Linie von Geschäftsführer Mühlenfeld und dem Aufsichtsrat unter der Leitung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller.

Schon jetzt verschärft sich also das Kapazitätsproblem mit jedem Monat, in dem der BER nicht eröffnet wird. Und die Passagierzahlen steigen weiter. Die Prognosen erwarten für 2017 bereits 33,7 Millionen Passagiere. 2019 sollen es 35,8 Millionen Passagiere, 2025 dann sogar 42,8 Millionen Passagiere sein. Es gibt – laut den internen Papieren – für Mühlenfeld und den Aufsichtsrat eine klare Prämisse: „Keine Abweisung von Verkehren.“ Denn die Begehrlichkeiten wachsen. Nach dem BER-Baustopp hatte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich seinen Vorstoß erneuert, Berliner Passagiere in Leipzig zu übernehmen.

Was ist Mühlenfelds Ausbauplan?

Was der Aufsichtsrat auf dem Tisch hat, ist ein Programm der Provisorien. Das hatte Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider schon im Brandenburger Landtag eingeräumt. „Wir laufen operativ dem Passagierwachstum hinterher.“ Die Hauptlast soll parallel zum BER-Terminal in den ersten Jahren der alte Schönefelder Flughafen tragen. Aber auch er hat bereits die Kapazitätsgrenze erreicht, soll mit neuen Leichtbauterminals und Anbauten statt geplanten sieben Millionen Passagieren dann zehn Millionen Passagiere schaffen. Eine dauerhafte Weiternutzung des alten Flughafens lehnt der Bund als BER-Miteigentümer ab. 2023 soll am früheren DDR-Flughafen Schluss sein, weil der Bund diese Flächen für den geplanten Regierungsairport braucht. Bis dahin sollen Bundesregierung und Staatsgäste ein Interimsgebäude nutzen, das jetzt für 48 Millionen Euro gebaut wird und später für BER-Geschäftsflieger vorgesehen ist. Das wird aber nicht reichen. Deshalb soll am BER, in Verlängerung des Piers Nord nach Osten, nach dem Mühlenfeld-Konzept bis 2019 ein neues mehrstöckiges Abfertigungsgebäude für Billigairlines gebaut werden, und zwar für 200 Millionen Euro. Damit es rechtzeitig fertig wird, braucht Mühlenfeld jetzt grünes Licht des Aufsichtsrates.

Die Zeit ist knapp, und auch hier stecken die Probleme im Detail. So muss das Low-Cost-Terminal völlig eigenständig sein, ohne Verbindung zum Pier Nord – da sonst möglicherweise ein Planfeststellungsverfahren nötig wäre. Die nächste Ausbaustufe muss 2024 fertig sein. Das Konzept sieht vor, bis dahin ein reguläres zweites BER-Terminal zu errichten, das die Flughafengesellschaft selbst finanziert. Aber auch das bisherige BER-Terminal soll nach dem Start innen für mehr Passagiere getrimmt und baulich erweitert werden. Nach Tagesspiegel-Informationen gibt es Pläne, den Willy-Brandt-Platz vor dem BER zu überbauen.

Der BER.
Der BER.
© TSP

Welche Folgen hat das Dachproblem?

Berlins Flughafenkoordinator Engelbert Lütke-Daldrup versicherte in der Fragestunde des Abgeordnetenhauses, dass für das Dach des Terminals trotz der zu schweren Entrauchungsventilatoren keine Einsturzgefahr bestehe. Dies sei durch ein neues Gutachten bestätigt worden. Das Problem seien die Ventilatoren, von denen zehn jeweils 2300 Kilogramm wiegen; eigentlich dürfen es nur 2000 Kilogramm sein. Lütke-Daldrup sprach von einem „geringfügigen Übergewicht“. Weitere fünf Ventilatoren, die ebenfalls hängend an der Decke verankert sind, seien allerdings jeweils 4061 Kilogramm schwer – doppelt so schwer wie erlaubt.

Es handele sich bei diesem Problem um eine „Altlast aus der Zeit vor 2012“, sagte Lütke Daldrup. Die von der Flughafengesellschaft in Auftrag gegebene statische Nachberechnung sei fertig, werde aber noch extern überprüft. In wenigen Tagen liege das Gutachten offiziell vor, dann müsse die Bauaufsicht entscheiden, ob die Bereiche schon wieder freigegeben werden könnten, wo die zehn leichteren Ventilatoren hängen. In den anderen Bereichen sei mit einer Freigabe „in einer bis vier Wochen“ zu rechnen.

Kippt die Eröffnung 2017?

Dieser Frage weichen die Verantwortlichen noch aus. Dies sei momentan „nicht abschließend zu entscheiden“, sagte der Berliner Flughafenkoordinator. Nach den bisherigen Erkenntnissen seien die gesetzten Fristen für Fertigstellung und Eröffnung „auskömmlich“.

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