Das schleichende Gift: Kriminelle Banden in Berlin versuchen, Politik zu unterwandern
Experten warnen vor einer bedrohlichen Entwicklung: Die Organisierte Kriminalität will zunehmend Einfluss auf Politik, Justiz und Wirtschaft bekommen.
Im Bereich der Organisierten Kriminalität haben die Ermittler des Landeskriminalamtes Berlin (LKA) immer häufiger mit Versuchen zu tun, Einfluss auf Politik, Medien, Justiz oder die Wirtschaft zu nehmen. Das geht aus der Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des FDP-Innenexperten Marcel Luthe hervor.
In mindestens zehn Fällen tauchte 2018 ein entsprechender Verdacht in Ermittlungsverfahren auf. In den Vorjahren waren es deutlich unter zehn. Luthe erklärte: „Die Zahlen zeigen eine bedrohliche Entwicklung, nämlich die deutliche Zunahme bei der Unterwanderung der Berliner Politik und Verwaltung durch die organisierte Kriminalität.“
Und die sickere wie ein Gift schleichend in die Gesellschaft ein, „genau das passiert gerade in Berlin“. Insgesamt führten die Berliner Polizei, das Bundeskriminalamt und der Zoll 59 Verfahren im Bereich der organisierten Kriminalität in Berlin gegen 751 Beschuldigte.
Das ist ein leichter Rückgang im Vergleich 2017, als 68 Verfahren liefen – womit Berlin auf Platz zwei hinter Nordrhein-Westfalen lag. Damals liefen laut BKA deutschlandweit 572 Ermittlungsverfahren.
In den meisten der 59 Verfahren ging es um gewerbliche oder geschäftsähnliche Strukturen, mit denen planmäßig Straftaten begangen werden, oder um Gewalt und Einschüchterung, mit deren Hilfe Gruppen ihr Gewinn- und Machtstreben durchsetzen. Allerdings weiß niemand, wie groß das sogenannte Dunkelfeld tatsächlich ist.
Italienische Mafia fällt nicht auf
Keine Ermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität gab es gegen die italienische Mafia. Dabei gehen Experten davon aus, dass die italienische Mafia sich längst in Berlin festgesetzt hat und auf dem Immobilienmarkt Geld aus Drogengeschäften wäscht.
Und diese Banden gehen deutlich geschickter im Verborgenen vor als andere, vermeiden gewaltsame Auseinandersetzungen und Revierkämpfe in der Öffentlichkeit – im Gegensatz zu arabischen Clans und Tschetschenen. Luthe sagte: „Dass es angeblich keine Mafia-Aktivitäten in Berlin gibt, ist nicht beruhigend, sondern zeigt die Notwendigkeit, hier stärker zu ermitteln.“
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Von den 751 Beschuldigten sind 462 deutsche Staatsbürger, 289 hatten keinen deutschen Pass. Zur Wahrheit gehört auch, dass ein großer Teil der Mitglieder arabisch- oder türkischstämmiger Banden bereits deutsche Staatsbürger sind. Unter den nicht-deutschen Tatverdächtigen tauchen am häufigsten Bulgaren (45) auf, es folgen Türken (42), Menschen aus der Russischen Föderation (29), zumeist aus Tschetschenien, Polen (29) und Ukrainer (21) – und in geringerer Zahl Serben und Nigerianer.
Viele Bandenmitglieder sind deutsche Staatsbürger
Von den 59 Banden, gegen die Verfahren laufen, sind 18 von deutschen Staatsangehörigen dominiert. Darunter sind auch Clan-Kriminelle aus deutsch-arabischen Großfamilien. Bei zehn Gruppen handelt es sich um Rocker oder rockerähnliche Banden.
Neun Gruppen und 99 Tatverdächtige werden der „russisch-eurasischen Organisierten Kriminalität“ zugerechnet. Zudem wurden je sechs bulgarische und türkische Banden, vier russische, je drei von Litauern, Nigerianern und Serben sowie je zweimal Polen, Ukrainer und Libanesen erfasst.
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Meist geht es um Eigentumsdelikte. In 17 Fällen werden den Banden Diebstahl und Einbrüche vorgeworfen, in diesem Bereich sind vor allem Osteuropäer aktiv. An zweiter Stelle steht der Drogenhandel mit 16 Verfahren gegen Banden von Deutschen, Türken, Libanesen, Russen, Mazedoniern, Serben und Türken. Weitere sechs OK-Verfahren betrafen Fälschungen, jeweils vier Mal ging es um Steuer- und Zolldelikte und Gewaltkriminalität. Die Tatverdächtigen: Deutsche, Iraner, Türken und Osteuropäer.
Auch Schleuserkriminalität
Auffällig sind sieben Verfahren zur „Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben“. Hinter dem sperrigen Begriff werden Taten wie Ausbeutung von Prostituierten, illegales Glücksspiel, Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Zuhälterei erfasst. Die Beschuldigten in diesem Bereich sind Bulgaren, Deutsche, Rumänen und Nigerianer.
Letztere fielen auch in drei Verfahren zur Schleuserkriminalität auf. „Die nigerianische Drogen- und Schleuserkriminalität ist ein relativ neues, wachsendes Problem, auf das wir sofort entschlossen reagieren müssen“, sagte Luthe. „Vielfach werden insbesondere Frauen, die illegal nach Deutschland geschleust wurden, in der Folge zur Prostitution gezwungen.“
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