MaiGörli in Berlin: Kreuzberg kippt Freiluftfest am 1. Mai im Görlitzer Park
Anwohner sprechen sich gegen Verkaufsstände, Bühnen mit DJs und Zugangskontrollen aus. Der Bezirk erhört ihren Willen – und prüft Alternativen.
Im vergangenen Jahr dröhnten die Bässe aus dem Görlitzer Park bis weit nach Kreuzberg hinein. Jugendliche drängten sich auf der Wiese vor einer Bühne zu Elektro-Klängen – und am Nachmittag war dieses Fest so voll, dass Polizisten die Menschen an den Eingängen des Parks zurückdrängen mussten. "MaiGörli" hieß die Veranstaltung, die der Bezirk am 1. Mai 2018 zum ersten Mal im Görlitzer Park veranstaltet hat. Nun steht offenbar fest: Es wird das Fest so nicht wieder geben, das Konzept ging nicht auf.
Zwar haben die Veranstalter ihr Ziel, die Grünfläche zu schützen, erreicht, heißt es aus dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Sicherheitsleute nahmen Besuchern an den Eingängen zum Park Flaschen und Dosen ab, ein Zaun um das Gelände verhinderte, dass Feierlustige unkontrolliert auf das Gelände strömten. Doch obwohl deutlich weniger Müll und Scherben liegenblieben als in den Vorjahren, waren vor allem Anwohner unzufrieden mit der Party.
"Keine Verkaufsstände, keine Pop-DJs"
Aus am Mittwoch veröffentlichten Ergebnissen einer Befragung geht hervor, dass 61 Prozent der Nachbarn sich gegen eine Neuauflage des Fests aussprechen. Die Anwohner stören sich am kommerziellen Charakter der Veranstaltung. „Sie wollen keine Verkaufsstände, keine Soundsysteme und keine bekannten DJs“, sagt Sara Lühmann, Sprecherin des Bezirksamts. Auf der von einem privaten Radiosender gesponserten Bühne standen im vergangenen Jahr etwa Größen wie Oliver Koletzki oder Dirty Doering. Alle Ergebnisse der Befragung finden Sie hier.
Stattdessen wünschen sich Kreuzberger und der Parkrat etwa kleine Vorträge und viel freien Platz zum Zusammensitzen auf der Wiese. Der Bezirk prüft diese Ideen, will aber in jedem Fall auf ein großes Bühnenprogramm verzichten. Ob auch auf die Zugangskontrollen und das Glasverbot wieder fallen, ist noch unklar.
Zertrampelte Wiesen und Scherben im Rasen in den Jahren davor
Am Dienstag findet im Familienzentrum Kiezanker eine Infoveranstaltung mit Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) statt, auf der Nachbarn und Interessierte darüber sprechen sollen. In den Vorjahren kostete es den Bezirk oft viel Geld und Mühe, zertrampelte Wiesen, Scherben im Rasen und kaputte Pflanzen wieder herzurichten.
Deshalb etablierte der Bezirk vor einem Jahr den MaiGörli, der Name spielte auf das bekannte MyFest rund um die Oranienstraße an. Das MyFest wurde 2003 von Anwohnern erfunden, um den Krawallmachern, die in den Neunzigerjahren oft am 1.Mai durch Kreuzberg zogen, den Raum zu nehmen. Die Polizei hat das Fest immer unterstützt, alle Innensenatoren haben es als Garant für einen friedlichen 1. Mai gelobt.
Doch 2015 versank Kreuzberg in einem derartigen Massenbesäufnis, dass die Bürgermeisterin das Myfest in Frage stellte, auch aus Sorge vor einer Panik. Seitdem findet es kleiner und regulierter statt, es gibt mehr und breitere Rettungswege. Viele Feierlustige wichen in den Görlitzer Park aus – und benahmen sich dort daneben. Bleibt abzuwarten, ob das auch in diesem Jahr geschieht.
Lesen Sie mehr im Tagesspiegel aus Kreuzberg
- So wenig Krawall war nie. Noch ruhiger als im Vorjahr: Der 1. Mai 2018 geht in die Kreuzberger Geschichte ein. Es wurde eigentlich nur gefeiert. Hier der Tagesspiegel-Text.
- Myfest soll kleiner werden: Der Bezirk hat in einer Umfrage Anwohner nach ihren Wünschen für das zukünftige Myfest befragt. Erste Ergebnisse: kleiner, mehr Kiezbezug und Kinderprogramm.
- Von Festsaal zu Festsaal: Gibt es in Kreuzberg noch Platz für Musik? Der Popmusiker Jens Friebe nahm dort viele Alben auf und spielte viele Konzerte. Vom Leben mit dem Wandel.
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