Behördenpanne beim Lageso in Berlin: Krankenhaus darf Flüchtlingen keine Pillen geben
Bei internen Absprachen versagen die Behörden. Der Krankenhaus-Verbund darf Flüchtlinge nicht direkt mit Medikamenten versorgen - weil er keine Apotheke ist.
Das nächste Problem bei der Flüchtlingsversorgung ist aufgetaucht: Es gab die Überlegung, dass der Krankenhaus-Verbund Vivantes Medikamente für die medizinische Versorgung auf dem Gelände des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) liefert. Nach Auskunft von Vivantes-Sprecherin Kristina Tschenett hat „das Lageso bei Vivantes Unterstützung in Form von Medikamentenlieferung angefragt“. Doch der „Prozess wurde vorzeitig gestoppt“. Eigentlich hätte die Lieferung noch in dieser Woche beginnen sollen.
Doch der Stopp hat fast schon einen realsatirischen Hintergrund. Denn verantwortlich dafür ist die Berliner Apothekenaufsicht. Die lehnte einen entsprechenden Antrag mit der Begründung ab: Nach dem Arzneimittelgesetz sind Apotheken für die ambulante Medikamentenversorgung zuständig.
Die Apothekenaufsicht ist aber Teil des Lageso, also jener Behörde, die gleichzeitig mit Vivantes über die Lieferung verhandelte. Innerhalb des Hauses hat also überhaupt keine Absprache stattgefunden. Christian Hanke (SPD), Bezirksbürgermeister von Mitte, in dessen Bezirk die Behörde liegt, ist dementsprechend sauer: „Ich bedauere sehr, dass das Lageso nicht bereits im Vorfeld in seinem eigenen Haus die rechtlichen Voraussetzungen für die Medikamentenausgabe geklärt hat. Es darf nicht sein, dass interne Kommunikationsprobleme in einer Behörde zu Lasten der Geflüchteten gehen.“ Bis jetzt hat das Lageso den Flüchtlingen Medikamente geliefert.
Kommunikationsprobleme hat Hanke allerdings auch selber verursacht und damit einige Unruhe ausgelöst. Denn in seiner empörten Pressemitteilung verwechselte er bei der Schuldzuweisung die Institutionen. Hanke behauptete zunächst, dass „der Apothekerverband Einspruch eingelegt hat“. Das war die erste Falschmeldung. Dann erweckte er auch noch den Eindruck, Vivantes habe bereits Medikamente verteilt und sei nun nachträglich ausgebremst worden. Zweiter Fehler.
Seine Empörung muss so groß gewesen sein, dass er nicht mal die Pressestelle seines eigenen Bezirksamts rechtzeitig informierte. Die zuständige Mitarbeiterin musste auf Anfrage kurz nach Veröffentlichung der Meldung erst mal zugeben, dass sie den Inhalt der Pressemeldung gar nicht kenne. Sie sei angewiesen worden, die Meldung so schnell wie möglich zu veröffentlichen.
Der „Berliner Apotheker-Verein Apotheker-Verband Berlin“, der sich öffentlich als hartherziger Verteidiger seiner Rechte bloßgestellt sah, war nun seinerseits empört. Der stellvertretende Vereinsvorsitzende Andreas Dehne erklärte ebenfalls in einer Pressemitteilung: „Die Aussage von Herrn Dr. Hanke ist falsch.“ Später korrigierte sich Hanke "aufgrund von neuen Informationen". Wobei die Information, dass die Apothekenaufsicht ihr Veto eingelegt habe, durchaus alt war.
Mitarbeiter der Organisation „Apotheker ohne Grenzen“ dürften die Auseinandersetzung eher kopfschüttelnd verfolgen. Sie streiten nicht, sie helfen. Schon seit einiger Zeit verteilen sie Medikamente an Flüchtlinge, die noch nicht registriert sind. Der Apothekerverband erklärt denn auch mit Seitenblick auf Hanke, dass er einen Spendenaufruf für „Apotheker ohne Grenzen“ veröffentlicht habe.