Vision für die Spree: Kopfsprung in den Kupfergraben
Schwimmen mit Blick auf den Dom: Zwei Architekten wollen die Spree am Lustgarten in ein Schwimmbad verwandeln. Für ihre Idee bekamen sie einen Preis: 100.000 US-Dollar.
Freiwillig springt niemand in den Spreekanal. Dabei wäre die Museumsinsel mit Lustgarten und Dom ein schöner Anblick für alle, die entspannt nach Feierabend noch schnell ein paar Bahnen im Wasser ziehen wollen. Doch so heiß es im Sommer auch ist – die Spree ist in der Innenstadt einfach zu dreckig.
Kreative Köpfe wollen das ändern. Die Kreuzberger Architekten Tim und Jan Edler vom Büro realities:united planen in diesem Spreearm westlich der Museumsinsel eines der größten Schwimmbäder der Welt. Dort – im Kupfergraben zwischen Bode-Museum und Schlossplatz – könnte nach ihrer Idee auf 745 Metern Länge das Projekt „Flussbad“ entstehen.
Am Lustgarten könnten die Schwimmer über breite Ufertreppen in die Spree steigen, dahinter könnten Umkleidekabinen stehen, sagt Architekt Jan Edler. Und für ein Handtuch findet sich auf der Wiese bestimmt auch ein Plätzchen
Damit das natürliche Bad sauber ist, soll ans östliche Ende eine Bio-Kläranlage kommen. Das Spreewasser soll durch ein 780 Meter langes Pflanzenfilterbecken aus Schilf fließen und so auf Badewasserqualität gebracht werden. Weil die Spree manchmal rückwärts fließe, soll auch am Bodemuseum ein Wall gebaut werden. Das Dreckwasser aus der Kanalisation müsste abgefangen und flussabwärts wieder eingeleitet werden. Die Nutzung des Gewässers als Verkehrsweg und Abwasserkanal sei nicht zukunftsfähig, glaubt Edler. Seit hundert Jahren sei der Kanal fast unbenutzt, der Schiffsverkehr werde vor allem durch die weiter östlich fließende Spree geleitet. „Kupfergraben“ wird dieser Abschnitt übrigens genannt, weil sich dort nach Angaben des Berlin-Lexikons Kauperts bis 1875 ein Haus befunden haben soll, in dem Kupfer gegossen wurde.
Die Bauarbeiten könnten 2018 beginnen. „Wenn es jemand schafft, dass man in der Spree wieder schwimmen kann, finden wir das gut“, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Man müsse nun die Realisierung prüfen. Das solle mit einer Machbarkeitsstudie geschehen, sagen die Architekten. Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) hält das Flussbad für einen „interessanten architektonischen Entwurf mit einer modernen urbanen Nutzungsidee. Mich überzeugt das Ganze auch ästhetisch, vor allem durch die klare Anlage der Treppenführung zur Spree.“ Doch ob die Idee technisch umsetzbar sei, stehe „auf einem anderen Blatt“. Billig wäre das Bad nicht, die Architekten rechnen mit 65 Millionen Euro Baukosten.
Doch Ideen, die anfangs tollkühn schienen, haben sich in Berlin seit jeher etabliert. Für das Flussbad haben Jan und Tim Edler im September den Hauptpreis des Holcim Awards bekommen, eines Preises für nachhaltiges Bauen. 100 000 US-Dollar Preisgeld gab es dafür. Seit 1998 arbeiten die Architekten an dem Projekt, die Auszeichnung habe sie wieder motiviert, sagt Edler – damit Touristen bald zwischen Nofretete und Pergamonaltar eine Runde baden gehen können.
Christoph Spangenberg