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Am Hauptbahnhof herrschte am Dienstagmorgen Normalbetrieb - anders als in München.
© picture alliance / dpa

Züge aus Ungarn: Keine Flüchtlinge am Hauptbahnhof in Berlin

Hunderte Flüchtlinge wurden am Morgen aus Ungarn in Berlin erwartet. Doch am Hauptbahnhof blieb alles ruhig. Offenbar hatten die Menschen die Züge vorher verlassen.

Am Berliner Hauptbahnhof sind Flüchtlinge von normalen Reisenden kaum zu unterscheiden. Eine sechsköpfige Familie - die Mutter mit Kopftuch, der Vater in Hemd und Anzughose, die Kinder weder übermüdet noch hungrig - wird trotzdem von der Bundespolizei kontrolliert. Ein Unterstützer von "Moabit hilft" kommt dazu und bietet der Polizei an, der Familie weiterzuhelfen. Die Beamten nehmen das Angebot an und ziehen ab. Der Familienvater, Hmdan, erzählt von der Flucht über das Mittelmeer, in einem überfüllten Boot. 6000 Euro habe er dafür bezahlt. Anschließend seien sie regulär mit dem Zug nach Berlin gefahren. Sie wollen weiter nach Riesa, zu einem Freund, und dort Asyl beantragen. Hmdan hat eine gute Arbeit als Tiefbauingenieur gehabt, aber Libyen sei zu gefährlich geworden. Der Zug nach Riesa fährt erst in zwei Stunden, Zeit für einen Imbiss. Das Geld reicht noch für Fahrkarten und Essen.

Der erwartete Ansturm aus Ungarn bleibt am Dienstagvormittag allerdings aus. Im Nachtzug aus Budapest, der um kurz nach 9 Uhr in Berlin eintrifft, sind keine oder nur wenige Flüchtlinge aus Ungarn. Drei Beamte der Bundespolizei schlendern am Zug entlang, halten aber niemanden an. Anders als in München, wo am Montagabend rund 800 Flüchtlinge in mehreren Zügen aus Ungarn eingetroffen waren, haben es Flüchtlinge offenbar nicht bis nach Berlin geschafft. Am Hauptbahnhof herrscht Normalbetrieb. Auch die Bahnhofsmission hat keine Vorwarnung erhalten, dass eine größerer Zahl vom Flüchtlingen hier stranden könnte. Aus dem Nachtzug aus München, der am frühen Morgen ankommt, steigen nur wenige Reisende aus, mit schweren Rucksäcken, Koffern und einem Blick, der signalisiert: alles in Ordnung.

In Wien trafen am Montag allein 3650 Flüchtlinge per Zug ein

In Tschechien sind in der Nacht zum Dienstag und am frühen Morgen dagegen mehr als 200 Flüchtlinge aufgegriffen worden, die in Zügen aus Österreich und Ungarn nach Deutschland gelangen wollten. Darunter seien auch 61 Kinder gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. Die Migranten seien vorübergehend in Turnhallen der Städte Breclav und Hodonin untergekommen, bevor sie in Erstaufnahmelager gebracht werden können. Die weit überwiegende Zahl der Flüchtlinge stammte aus Syrien.

Die Fremdenpolizei hatte in der Nacht am tschechisch-slowakischen Grenzbahnhof Breclav auf die Züge gewartet, nachdem die ungarische Polizei sich vom größten Budapester Bahnhof zurückgezogen und so die Abreise der Flüchtlinge ermöglicht hatte. „Wir halten uns an die Gesetze, unabhängig davon, wie sich andere Länder verhalten“, sagte die tschechische Polizeisprecherin Katerina Rendlova. Die Flüchtlinge seien an der Weiterreise gehindert worden, weil ihnen die erforderlichen Reisepapiere gefehlt hätten.

In Budapest ist derweil der Keleti-Bahnhof geräumt worden: Angesichts des Flüchtlingsandrangs auf Züge in Richtung Österreich und Deutschland hat die ungarische Polizei am Dienstag den wichtigsten Bahnhof der Hauptstadt Budapest geschlossen. In Wien trafen allein am Montag nach Polizeiangaben 3650 Flüchtlinge per Zug aus Ungarn ein. Dies sei ein neuer Tagesrekord in diesem Jahr, sagte der österreichische Polizeisprecher Patrick Maierhofer am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Es werde noch geprüft, wie viele davon tatsächlich Asylbewerber seien. Laut der deutschen Bundespolizei trafen auch in Deutschland in den vergangenen 24 bis 30 Stunden bis zu 2200 Flüchtlinge aus Ungarn ein. Das waren deutlich mehr als sonst üblich.

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Am Montagabend waren rund 800 Flüchtlinge in mehreren Zügen aus Ungarn in München eingetroffen. Auch in Rosenheim kamen laut Bundespolizei 190 Flüchtlinge aus Budapest an. (mit dpa)

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