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Den Mietern würden Enteignungen nicht weiterhelfen - das sagt Michael Müller.
© Mike Wolff

Wohnungsmarkt Berlin: Keine Enteignung: Müllers schwache Begründung

Berlins Regierender lehnt den Volksentscheid "Deutsche Wohnen enteignen" ab und bevorzugt den Rückkauf. Doch seine Begründung hinkt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Schönball

Jetzt hat er sich doch getraut, der Regierende Bürgermeister Michael Müller. Nach langem Schweigen bezieht er Stellung zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen enteignen" Er stellt klar: Enteignung, nein Danke. So viel Markt muss sein.

Zwei Argumente führt Müller an: Die Kosten der Entschädigung. Und dass es den Mietern nicht helfe. Beides stimmt so natürlich nicht.

Jeder weiß: Kommunal wohnt es sich besser

Jeder Mieter weiß: Wer in einer landeseigenen Wohnung lebt, muss schlimmstenfalls zwei Prozent mehr Miete zahlen jedes Jahr. Wer privat wohnt, fünf Prozent. Dass börsennotierte Konzerne wie die "Deutsche Wohnen" das gesetzlich Zulässige von ihren Mietern verlangen, gehört gleichsam zu ihrer „Verfasstheit“: Sonst würden ihre Aktionäre wohl aufbegehren. So ist der Markt halt – „it’s the economy stupid!“

Statt Enteignung will Müller lieber mit der Deutschen Wohnen über eine Rückkauf der Häuser verhandeln, so sein zweites Argument.

Opposition: "Die Sozen" schmeißen Steuergelder raus

Der Senat hatte denen diese Wohnungen vor zwei Jahrzehnten für ein paar hundert DM pro Quadratmeter verkauft. Das lässt Böses erahnen: Bekommt Berlin ungeliebte Altlasten in schlechten Lagen für einen weit überzogenen Kaufpreis zurück? Die Opposition höhnt sowieso über den massenhaften Rückkauf von Wohnungen durch das Land. Erst hätten die Sozialdemokraten den Wert kommunalen Eigentums verkannt und es verscherbelt. Jetzt verschwendeten "die Sozen" auch noch Steuergelder, indem sie es viel zu teuer zurückkaufen.

Müller warnt übrigens selbst auch vor der Kostenfalle. Aber die soll nur bei einer Verstaatlichung der Deutschen Wohnen zuschnappen und nicht beim Rückkauf – das verstehe wer wolle.

Geschickt spielen die Grünen auf Zeit

Auch wenn Müller seine Position aus der Rubrik "Marktwirtschaft light" der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vortrug, das bürgerliche Lager wird er damit nicht erreichen. Das wendet sich in Berlin zunehmend den Grünen zu, die auch in dieser Debatte wieder politisches Fingerspitzengefühl beweisen. Dabei ist die Fraktion in Berlin eher links-fundamental ausgerichtet. Trotzdem hält sie sich bis zum Parteitag zurück, ohne ihre Sympathien für die Volksinitiative zu verhehlen. Das ist von einem Koalitionspartner zu erwarten: Erst mal die Stimmungslage ausloten und dann mit guten Gründen das bürgerliche Lager mitziehen.

Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden die Grünen wie der dritte Koalitionspartner, die Linke, den Entscheid unterstützen - vorher indes den Bürgerlichen die Ängste vor der generellen Enteignung Marke DDR-Sozialismus nehmen.

Die Linke hat keine Berührungsängste mehr

Diese Berührungsängste kennt die Linke nicht. Nicht mehr. Die neue Generation, geboren lange nach DDR-Selbstauslöschung und Mauerfall, fürchtet keine tiefroten Thesen. Zumal die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Minijobber und Manager sogar gemäßigte Soziologen als Bedrohung für den sozialen Zusammenhalt ansehen. So gesehen, ist wieder mehr Platz am linken Rand.

Da kommt eine Aktiengesellschaft als "Klassenfeind" gerade zu pass: Die Deutschen sind eben kein Volk von Aktionären. Im Gegenteil, viele haben sich an der "Volksaktie Telekom" verbrannt. Stattdessen ist in der Mieterstadt Berlin gut Stimmung machen gegen "die Besitzenden", eben die Vermieter.

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