Berlin-Kreuzberg: Hunderte Mieter der Deutschen Wohnen ohne Heizung
Mitten im Winter sind rund 450 Parteien nach Angaben von Kotti&Co ohne Heizung und warmes Wasser. Dabei gelobte der Konzern Besserung.
Wieder einmal sind Hunderte Mieter der Deutschen Wohnen mitten im Winter ohne Heizung und warmes Wasser. Betroffen von den Pannen sind nach Angaben der Mieterinitiative Kotti&Co rund 450 Mietparteien. Da die Häuser im Stadtteil Kreuzberg überwiegend von größeren Familien bewohnt werden, rechnet die Initiative bei durchschnittlich drei Personen pro Haushalt damit, dass etwa 1350 Menschen betroffen sind.
Betroffen sind die Häuserzeilen auf der süd-westlichen Seite des Kottbusser Tors (Skalitzer Straße – Admiralstraße – Kohlfurter Straße). Dort habe es "in den ersten drei Januarwochen Störungen der Heizungssysteme und zehn Tage Totalausfall der Warmwasserversorgung" gegeben. Auch auf der östlichen Seite (Kottbusser Straße – Mariannenstraße – Reichenberger Straße) hätten Mieter zum Teil vier Wochen ohne Heizung und immer wieder ohne Warmwasser auskommen müssen.
Deutsche Wohnen bestätigt Panne - stellt Radiatoren bereit
Die Deutsche Wohnen bestätigte am Abend, dass "am 25. Januar eine Heizanlage im Quartier ausgefallen ist, die in der Tat einen dreistellige Zahl an Wohnungen versorgt. Einer der beiden Heizkessel war und ist defekt, woraufhin der zweite Kessel kurzzeitig auch den Betrieb eingestellt hat". Es seien "Radiatoren zur Verfügung gestellt" worden. Am 28 Januar sei der zweite Heizkessel wieder in Betrieb gegangen. Seither hätten die Mieter "etwa 80 Prozent der Heizleistung und Wärmewasserleistung". Geplant sei außerdem in dieser Woche ein "Hotmobil" einzusetzen, eine externe Heizanlage. Für die Zeit des Ausfall versprach die Deutsche Wohnen "eine Mietminderung" zu gewähren.
Deutsche-Wohnen-Chef hatte im Parlament Hilfen versprochen
Die massiven Störungen von Heiz- und Warmwasser-Anlagen in den Beständen der börsennotierten Deutsche Wohnen wiederholen sich in jeder Heizperiode. Deshalb war es im Februar vor zwei Jahren zu einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus gekommen. Dazu war auch der Chef des Wohnungskonzerns Michael Zahn eingeladen worden. Dieser hatte die Pannen damit gerechtfertigt, dass die Heizanlagen teilweise gar nicht im Eigentum der Wohnungsfirma seien. Man sei bestrebt, diese "wieder zurückzuerwerben".
Außerdem versicherte Zahn: "Wir investieren in diese Heizanlagen". Der Firmenchef weiter: "Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass keine Heizung ausfällt, aber ich kann Ihnen eines versprechen: Wir haben einen 24-Stunden-Service aufgestellt, Tag und Nacht, damit die Mieter, die über keine Heizung verfügen, zukünftig zumindest einen Radiator haben."
Bewohner klagen über ahnungslose Verwaltung
Die Hilfe kommt aber offensichtlich nicht bei den Bewohnern an. Der Initiative zufolge beschweren sich Mieter, dass "die Deutsche Wohnen immer wieder von neuem so tat, als wüsste sie noch nichts von dem Problem."
Die Deutsche Wohnen ist seit Jahren wegen ihres Umgangs mit den Mietern in der Kritik. Um Mieten für einige ihrer Häuser oberhalb des ortsüblichen durchzusetzen, zog sie ihre Mieter vor Gericht und zweifelte dort die Gültigkeit des Berliner Mietspiegels an. Nach einem Gutachten von Heinz-J. Bontrup, Professor an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, sind die Investitionen der Firma in die Instandhaltung überschaubar, sie bevorzuge Modernisierungen. Hintergrund: Nur Kosten von Modernisierungen (nicht dagegen für Instandhaltungen) können anteilig auf die Mieter abgewälzt werden - und höhere Mieten verbessern die Renditen einer Immobilienfirma.
Dieser Darstellung widersprach die Firma auf Anfrage: Zwischen 2014 und diesem Jahr habe die Deutsche Wohnen "25 Millionen Euro allein in die Erneuerung von circa 200 Heizanlagen investiert". Die Erneuerung der Anlage am Kotti "steht für Frühjahr an". In die Instandhaltung der Anlagen seien im vergangenen Jahr vier Millionen Euro investiert worden.
Volksinitiative will Firma enteignen
Die umstrittenen Geschäftspraktiken der Deutschen Wohnen haben die Firma zur Zielscheibe für Mietenaktivisten gemacht. Sie wollen durch eine Volksinitiative den Berliner Senat dazu zwingen, die Firma zu "vergesellschaften". Im April startet die Unterschriftensammlung. Wähler-Umfragen zufolge sprechen sich mehr Menschen für einen solchen Schritt aus als dagegen. Die Initiative will dazu erstmals Artikel 15 des Grundgesetzes anwenden. Aussichten auf einen Erfolg des Vorstoßes gibt es, denn die Unterschriften gelten nicht der Durchsetzung eines bereits formulierten Gesetzes. Stattdessen muss der Senat im Falle eines erfolgreichen Votums nur den Beschluss fassen, ein entsprechendes Gesetz zu erarbeiten. Das Land müsste also die eigenen Juristen mit der Causa befassen.
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