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Zwischen der Avus und Eichkamp. Diese neue Simulation zeigt die geplante Anschlussstelle Messedamm.
© Deges

Umbau der Berliner Stadtautobahn: Keine Annäherung im Streit um das Dreieck Funkturm

Erstmals haben die Planer des neuen Autobahndreiecks Funkturm mit kritischen Bürgern diskutiert. Ob das zu Änderungen führt, scheint aber fraglich.

Kamerateams mit Profi-Ausrüstung wie beim Dreh eines Kinofilms waren zur Stelle, als die Planer des neuen Autobahndreiecks Funkturm zum ersten Mal mit rund 200 Bürgern aus Charlottenburg-Wilmersdorf über ihre umstrittenen Konzepte sprachen Nicht nur die technisch aufwendige Dokumentation der sogenannten Themenwerkstatt zeigte am Mittwoch, dass die staatliche Planungsgesellschaft Deges ihre – bisher von den Kritikern vermisste – Dialogbereitschaft demonstrieren wollte.

Fast dreieinhalb Stunden dauerte die Veranstaltung in einem Event- und Tagungszentrum am Westhafen. Nach einleitenden Vorträgen standen 20 Experten den Bürgern an sieben „Themeninseln“ Rede und Antwort. Eine 3D-Simulation machte die Pläne anschaulicher als frühere Skizzen. Doch eines stellte Deges-Bereichsleiter Andreas Irngartinger klar: „Ich verspreche nicht, dass sich alles ändert.“

Anwohner kämpfen gegen Avus-Zufahrt in Eichkamp

Seit einem Informationsabend im Oktober, bei dem die Konzepte ohne Debatte in der Urania vorgestellt worden waren, dreht sich der Streit vor allem um die geplante neue Anschlussstelle zwischen der Avus und dem Messegelände am Funkturm. Der Siedlerverein Eichkamp befürchtet mehr Verkehr, Lärm und Unfallgefahren in der Gegend. Die Deges argumentiert hingegen, der Verkehr werde über den Messedamm und die Jafféstraße geleitet.

Auf dem Weg zum Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) am Messedamm oder von dort in Richtung Süden werde „kein Reisebus durch die Wohnstraßen fahren“, betonte Projektleiter Burkhard Pott. Die Lärmbelastung solle sogar sinken. Dafür ist allerdings der Bau von sieben Meter hohen Schallschutzwänden vorgesehen, woran sich viele Anwohner stören.

In Westend werde die Reichsstraße entlastet, fügte Pott hinzu. Der Lkw-Verkehr nehme dort um schätzungsweise 30 Prozent ab, weil die beste Route für Lastwagen in Richtung Spandau künftig über die Jaffé- und die Heerstraße führe.

Auf diesem Modell sieht man die Siedlung Eichkamp, das Messegelände mit City Cube und ICC, den Messedamm und die Avus.
Auf diesem Modell sieht man die Siedlung Eichkamp, das Messegelände mit City Cube und ICC, den Messedamm und die Avus.
© Simulation: Deges

Fachleute lehnen Vorschläge des Bezirks ab

Viele Bürger fragten, warum die geplante neue Ein- und Ausfahrt nicht nördlich der Avus-Tribüne und damit weiter von der Siedlung Eichkamp entfernt gebaut wird. Das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) fordern diese Verlagerung. Deges-Fachleute nannten verkehrstechnische Gründe dagegen. Der Abstand zu anderen „Knotenpunkten“ zwischen der Avus und der Stadtautobahn A 100 wäre demnach zu gering. Mangele es Autofahrern an Raum für Spurwechsel, könne dies zu Bremsmanövern und Staus führen.

Eine Erklärung lieferten die Planer außerdem für ihr Vorhaben, die Avus auf 300 Metern Länge um bis zu vier Meter höher zu legen, was wiederum der Grund für die sieben Meter hohen Lärmschutzwände ist. Die erhöhte Trassenführung ist laut Deges nötig, damit die Anschlussstelle über benachbarte Bahngleise führen und die Avus unterqueren kann, um dort die Ab- und Zufahrt in Richtung Innenstadt zu gewährleisten.

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Skeptisch sieht die Deges offenbar die Bitte des Bezirks, das Tempo im Autobahndreieck von 80 auf 50 bis 60 km/h zu reduzieren. Bereits vor dem Treffen hatten Bürger schriftlich 296 Fragen, Hinweise und Bitten übersandt. Ebenfalls schriftlich hätten die Planer „ausführlich und schnell Stellung genommen“, lobte ein Anwohner aus Eichkamp. Nur leider habe die Antwort stets gelautet, dass die vorgeschlagene Änderung „nicht geht“.

Rund um die Knobelsdorffbrücke steigt die Verkehrsbelastung

Besorgt sind auch Nachbarn der bestehenden Anschlussstelle Kaiserdamm, die weiter nördlich an der Knobelsdorffstraße und -brücke liegt. Durch den geplanten Wegfall der bisherigen Anschlussstelle Messedamm nahe dem ZOB werde noch mehr Verkehr durch ihr Quartier fließen, befürchten sie.

Gegenüber dem Tagesspiegel lobte Nils Napp vom Arbeitskreis Verkehr des Siedlervereins Eichkamp die Gesprächsbereitschaft der Deges-Mitarbeiter. Diese könne man aber nur als Fortschritt werten, wenn es noch zu Änderungen komme. Anfang 2021 soll das Planfeststellungsverfahren für den Autobahnumbau starten.

Weitere Veranstaltungen geplant

Die Themenwerkstatt fand am Mittwoch und am Donnerstag mit der gleichen Tagesordnung statt. So konnten Interessierte zwischen beiden Terminen wählen. Für den Herbst kündigte die Deges zwei Folgeveranstaltungen an. Zusätzlich wolle man sich bald „im kleineren Kreis“ mit Vertretern der Anwohner und des Landes Berlin treffen.

Cay Dobberke

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