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Der Konzern Deutsche Wohnen steht meist im Zentrum der Kritik an der Immobilienbranche.
© imago images/Christian Ditsch

„Spekulation abwenden“: Kampagne fordert mehr Transparenz bei Deals mit Investoren

Damit ihre neuen Immobilien nicht an kommunale Unternehmen gehen, treffen Käufer Vereinbarungen mit Berlins Bezirken. Deren Inhalte bleiben meist geheim – noch.

Existiert für das Haus, in dem ich wohne, eine sogenannte Abwendungsvereinbarung - und wenn ja: Was steht drin? Diese Frage stellt sich in Berlin seit Einführung des bezirklichen Vorkaufsrechts für Immobilien in Milieuschutzgebieten eine immer größere Zahl von Mietern.

Aktuell existieren in der Stadt mehr als 150 Fälle, in denen Käufer von Immobilien Abwendungsvereinbarungen unterzeichnet und sich so zum Schutz der in den Häusern lebenden Menschen verpflichtet haben. Lehnen Investoren das Instrument ab, können Bezirke das Vorkaufsrecht zugunsten landeseigener Wohnungsbauunternehmen oder Genossenschaften ausüben.

Während Mieterinitiativen diese Kommunalisierung von Wohnraum favorisieren, zielt der Senat vorrangig auf den Abschluss solcher Vereinbarungen. Auch weil er sonst zum Preistreiber auf dem ohnehin angespannten Immobilienmarkt werden könnte.

Allerdings: Die Details zu Inhalten der Vereinbarungen sind geheim. Aus diesem Grund starteten Lea Pfau und ihre Mitstreiter von der Initiative „Volksentscheid Transparenz und FragDenStaat.de“ nun die Internet-Kampagne „Spekulation abwenden“. Sie soll Mietern die Möglichkeit geben, Einzelheiten der für ihre Häuser abgeschlossenen Abwendungsvereinbarungen abzufragen. Ihnen soll so Kontrolle und Mitbestimmung ermöglicht werden, heißt es in dem Aufruf.

Von einer "zweiten Kontrollinstanz" spricht Pfau mit Blick auf die Mieter. Voraussetzung dafür: Sie müssen nicht nur um die Existenz einer solchen Vereinbarung wissen, sondern auch deren Inhalte kennen. „Weiß der Mieter über die Vereinbarung oder deren Inhalte nicht Bescheid, beispielsweise weil diese schon Jahre zuvor unterzeichnet worden war, wird er sich seltener dagegen wehren“, erklärte Pfau.

Lesen Sie mehr vom Autor Robert Kiesel bei Tagesspiegel Plus:

Grundlage für die Kampagne ist das Informationsfreiheitsgesetz. Danach hat jeder Mensch das Recht, Akten der Verwaltung einzusehen oder Auskunft über den Akteninhalt zu verlangen. Bis Mittwochnachmittag waren über die Kampagnenseite bereits 25 Anfragen zu abgeschlossenen Abwendungsvereinbarungen eingegangen. Eine entsprechende Vorlage stellen die Initiatoren der Kampagne den Mietern zur Verfügung.

"Neue Maßstäbe": Freude über Deal mit der Deutsche Wohnen

Wie aktuell die Initiative ist, zeigt der jüngste Fall von 16 unterzeichneten Abwendungsvereinbarungen in Berlin. Dieser wurde von allen Beteiligten als voller Erfolg gewertet – sogar vom häufig in der Kritik stehenden Konzern Deutsche Wohnen. Von „neuen Maßstäben“ im Einsatz für den Mieterschutz war seitens der beteiligten Bezirke die Rede - auch wenn dem Vernehmen nach ausreichend kommunale Unternehmen sowie Genossenschaften zur Wahrnehmung des Vorkaufsrechts zur Verfügung gestanden hätten.

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Auch in diesem Fall blieben Informationen zum Inhalt der Vereinbarungen zumindest vage. Bekannt wurde lediglich, dass diese 20 Jahre lang gelten - die Höchstdauer des Instruments. Ebenfalls bekannt: Die Deutsche Wohnungen verzichtet auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und Modernisierungen, deren Folgekosten das Budget der bestehenden Mieter übersteigen.

Ein Sprecher der Deutsche Wohnen ergänzte, Modernisierungsumlagen würden gekappt, „wenn Mieter in der Folge mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete aufwenden müssten“. Weitere Ergebnisse der auch vom Käufer Deutsche Wohnen als „sachlich und konstruktiv“ beschriebenen Verhandlungen blieben im Verborgenen.

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