Weil Deutsche Wohnen Häuser kaufen will: Berliner SPD fordert mehr Geld für Vorkaufsrecht
Die „Deutsche Wohnen“ will mehrere Häuser in Berlin kaufen. Nun fordert die SPD ein besseres Vorkaufsprogramm und mehr Mittel für die IBB.
Die Ankündigung des Immobilienkonzerns „Deutsche Wohnen“, in Berlin, Potsdam und Dresden 23 Wohnhäuser kaufen zu wollen, alarmiert jetzt auch die Berliner SPD. Der Landesvorstand der Sozialdemokraten forderte am Donnerstagabend den Senat auf, „ die kommunalen Vorkaufsrechte weiterhin aktiv und strategisch auszuüben“.
Das öffentlich finanzierte Vorkaufsprogramm für die nächsten Jahre müsse auf eine „stabilere Basis gestellt werden“, heißt es in dem einstimmig gefassten Beschluss, der dem Tagesspiegel vorliegt.
Die Spielräume, die der Landeshaushalt für die Förderung von Vorkaufsfällen vorsehe, müsse voll ausgeschöpft und der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB) für deren Förderprogramme zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. „Darüber hinaus müssen ausreichend Mittel für Zuschüsse bei Ankäufen durch landeseigene Wohnungsunternehmen und Genossenschaften sichergestellt werden.“
Rot-Rot-Grün habe zwar schon im Laufe dieser Wahlperiode tausende Wohnungen kommunalisiert, „aber es muss noch viel mehr passieren“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe dem Tagesspiegel. Sie vertritt den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg, in dem die „Deutsche Wohnen“ zwölf Häuser mit rund 200 Wohnungen erwerben will, davon elf in Milieuschutzgebieten. Überwiegend im Kreuzberger Wrangelkiez.
Auch privaten Wohnungsträgern sollen von Vorkauf profitieren
In Milieuschutzgebieten hat der Bezirk die Möglichkeit, mit dem potenziellen Käufer sogenannte Abwendungsvereinbarungen abzuschließen oder das Vorkaufsrecht zugunsten städtischer Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften auszuüben. Bezirks-Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hat dies auch schon angekündigt.
Die Bezirksämter sollten künftig schon vorab, also unabhängig von konkreten Kaufgeschäften, Finanzierungsmodelle ausarbeiten, „die es der öffentlichen Hand erlauben, Vorkaufsrechte auch zugunsten von privaten gemeinnützigen Wohnungsträgern auszuüben“, schlug der SPD-Landesvorstand vor.
Die Kooperation mit den Wohnungsbaugenossenschaften sei verbesserungsbedürftig, sagte Kiziltepe. Sie hatte den Antrag gemeinsam mit den Vize-Landeschefs der Sozialdemokraten, Julian Zado und Iris Spranger, der Juso-Landesvorsitzenden Annika Klose und anderen Genossen eingebracht.
Share Deals mit Strohmännern sollen verhindert werden
Beschlossen wurde auch, dass die Bezirke mit Unterstützung des Senats alle rechtlichen Mittel ausschöpfen sollen, um das Vorkaufsrecht auch bei sogenannten „Share Deals“ durchzusetzen. Jedenfalls soweit es sich nachweisbar um Strohmann-Geschäfte handelt, bei denen Einzelpersonen einen „Zwerganteil“ an Grundstücksgesellschaften halten.
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In diesem Fall werden die Immobilien in Grundstücksgesellschaften quasi eingepackt und die Zahlung der Grunderwerbsteuer vermieden. Dadurch entgingen dem Land Berlin nach Schätzung der SPD jährlich über 100 Millionen Euro.
Mit dem Doppelhaushalt 2018/19 hatte der Senat den Berliner Wohnungsbaugenossenschaften erstmals 20 Millionen Euro Fördergelder zur Verfügung gestellt. Für Neubauprojekte, aber auch zum Erwerb von Wohnhäusern im Rahmen des Vorkaufsrechts.
Mit dem Etat 2020/21 wurde die Förderung weiterer Vorhaben in Höhe von insgesamt 50,6 Millionen Euro ermöglicht. Außerdem stehen im landeseigenen Investitionsfonds Siwa weitere zehn Millionen Euro für die Genossenschaft bereit.
64 Vorkaufsfälle seit 2015
Kreditermächtigungen in Höhe von 250 Millionen Euro erteilte der Senat dem im Februar gegründeten landeseigenen Bodenfonds für die „aktive Grundstücksvorsorge“. Die Kredite werden über die IBB aufgenommen.
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Im Rahmen des Nachtragshaushalts für 2020, der eigentlich der Bekämpfung von Corona gilt, stockten die Koalitionsfraktionen SPD, Linke und Grüne die Kapitalzuführung an den Bodenfonds ebenfalls Anfang Juni um 40 Millionen Euro auf 190 Millionen Euro auf.
Das Vorkaufsrecht wurde von den Berliner Bezirken im vergangenen Jahr in 29 Fällen ausgeübt. Davon 10 Vorkäufe in Friedrichshain-Kreuzberg und jeweils 5 in Neukölln und Tempelhof-Schöneberg.
Seit 2015 zählte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung insgesamt 64 Vorkäufe und 149 Abwendungsvereinbarungen, durch die insgesamt 5.584 Wohnungen in öffentliche oder genossenschaftliche Hand kamen.