Brutaler Angriff auf Clan-Späti: Junge Männer stürmen Laden in Neukölln – drei Verletzte
In Neukölln gehen 30 Männer nahe der Sonnenallee mit Messern, Stühlen und Shisha-Pfeifen aufeinander los. Folgte daraufhin eine Tat in Gesundbrunnen als Rache?
Vermummt haben junge Männer am Samstagabend einen Laden in der Wildenbruchstraße in Berlin-Neukölln gestürmt. Sie sollen Regale und Waren in dem Späti zerstört und einen Mitarbeiter verletzt haben.
Ein Polizeisprecher bestätigte den Vorfall, zwei weitere Männer sollen dabei ebenfalls durch Schnitte und Prellungen teilweise schwer verletzt worden sein. Der Tumult wurde größer, zuletzt sollen 30 Schläger mit Messern, Stühlen und Wasserpfeifen aufeinander losgegangen sein.
Dem Tagesspiegel liegt ein Handyvideo vor, das in den sozialen Medien geteilt wurde, auf dem Folgendes zu sehen ist: Mehrere junge Männer fliehen vom Bürgersteig vor dem Späti - ein kräftiger Mann liegt offenbar bewusstlos auf der Straße, Stühle und Tische sind umgestürzt.
Nur hundert Meter in Richtung Sonnenallee befindet sich eine Polizeiwache: Sechs Verdächtige zwischen 17 und 31 Jahren wurden um circa 19 Uhr vorläufig festgenommen. In Neuköllns Norden hieß es zunächst, die Angreifer seien Tschetschenen. Andere Quellen berichteten, dass es sich um arabischstämmige Jugendliche handele.
Männer der Familie R. sollen den Späti "de facto" betreiben
Bekannt ist, dass der Späti einem Polen gehört, aber regelmäßig von Mitgliedern der Großfamilie R. besucht wird. Der Polizeisprecher sprach nur davon, dass eine bekannte "große Familie" involviert sei.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Männer des aus dem Libanon stammenden R.-Clans sollen den Laden "de facto" betreiben, heißt es von Beamten, die deutsch-arabische Familie ist vielerorts in Neukölln aktiv. Imbisse, vermietete Wohnungen, Einzelhandel: Im kriminellen Milieu bekannte R.-Angehörige haben in den vergangenen Jahren versucht, Geld im hippen Norden des Bezirks anzulegen.
Nach jahrelangen Ermittlungen des Landeskriminalamts (LKA) waren im Sommer 2018 mehr als 70 Immobilien, die der Familie zugerechnet werden, wegen Geldwäscheverdachts konfisziert worden.
Ein Angriff in Gesundbrunnen als Rachetat?
Die Polizei prüft, ob die Tat einen zweiten Angriff in Gesundbrunnen ausgelöst haben könnte. Dort gerieten um circa 22 Uhr ungefähr 15 Personen in Streit. Der Polizei zufolge teilten Zeugen mit, dass sich fünf Personen auf der Straße an einem Porsche unterhielten, als sich drei Wagen näherten und zehn Personen ausstiegen. Die hinzugekommenen Männer hätten mit Messern und Schlagstöcken angegriffen.
[Sicherheit vor der eigenen Haustür: In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken geht es auch oft um die Polizei. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Kämpfe zwischen Familien im Milieu, mitunter auch zwischen ethnisch organisierten Banden, gibt es immer wieder. Mal geht es um Geschäftliches, mal um vermeintliche Ehrfragen.
Streit zwischen der Großfamilie R. und jungen Tschetschenen hatte es zuletzt 2018 in einer Autowerkstatt in Tempelhof gegeben. Ein Tschetschene schlug einen Sprössling des Clans nieder. Zum darauf folgenden Prozess begleiteten Personenschützer des LKAs den Tschetschenen.
Großfamilie R. gerät immer wieder in Streit
Die stadtweit präsente Großfamilie R. ist selbst für das Clanmilieu ungewöhnlich groß. Die R.'s wurden bekannt, weil Angehörige 2017 in Britz einen Mann erschlagen haben sollen (wofür der Angeklagte frei gesprochen wurde) und laut einem noch nicht rechtskräftigen Urteil die Goldmünze aus dem Bode-Museum stahlen.
Zuvor sprengte ein Familienmitglied eine Sparkasse, andere klauten KPM-Vasen und handelten mit Hehlerware. Wegen Schlägereien und Waffenverstößen fallen R.-Männer seit Jahren auf.
In der Wildenbruchstraße weigerten sich im Sommer zwei Mitglieder der Familie R., eine Sitzgarnitur vor dem eingangs genannten Spätkauf wegzuräumen. Die Anlage widersprach Infektionsschutz und Gewerberegeln. Die Männer behaupteten danach, von einem Polizisten fremdenfeindlich beleidigt worden zu sein.
Kurz zuvor war das Landes-Antidiskriminierungsgesetz in Kraft getreten, das Menschen mit Migrationshintergrund vor etwaiger Benachteiligung durch Behörden schützen soll. Der betroffene Polizist versicherte intern, dass es sich bei der Behauptung um eine Lüge handele.
Die Familie R. ist auch in Rechtsfragen für ihr energisches Vorgehen bekannt. Zeitungen und TV-Sender werden regelmäßig von Anwälten der Familie dazu aufgefordert, die Berichterstattung zu ändern.