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Der israelischen Botschafter Jeremy Issacharoff am "Ort der Information".
© Mike Wolff

Israels Botschafter beim Holocaust-Mahnmal: „Jüdisches Leben ist ein Test für die Toleranz in Deutschland“

Zeichen setzen: Israels Botschafter Jeremy Issacharoff besucht das Holocaust-Mahnmal – und fordert ein Bündnis gegen Antisemitismus.

Ein dunkler Raum, an die Wand ist in weißer Schrift ein Name projiziert: Menachem Biegelman, gestorben 1943 beim Aufstand im Warschauer Ghetto gegen die Nazis. Es mag Zufall sein, dass genau dieser Name auftaucht, als auch Jeremy Issacharoff den Raum betritt. Der israelische Botschafter in Deutschland hat am Montag mit den Diplomaten der Botschaft das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas besucht.

Es war kein offizieller Termin – aber für Issacharoff ein symbolträchtiger. Die wöchentliche Diplomatenrunde der Botschaft hielt er im Ort der Information unter dem Stelenfeld ab – kurz vor dem israelischen Gedenktag Jom haScho’a, der an den jüdischen Widerstand und damit auch an den Aufstand im Warschauer Ghetto erinnert. Am Rande sagte Issacharoff dem Tagesspiegel, der Besuch im Holocaust-Mahnmal es sei für ihn und die Diplomaten eine überaus wichtige Gelegenheit, um an die Schoah zu erinnern.

Besorgt über Antisemitismus in Deutschland

Zugleich mahnte der Botschafter, es müssten deutliche Zeichen gegen den zuletzt gestiegenen Antisemitismus in Deutschland gesetzt werden. Immer wieder wird darüber berichtet, dass viele junge Juden angesichts zunehmender antisemitischer Attacken darüber nachdächten, Deutschland wieder zu verlassen.

„Wir sind besorgt über jegliche Form von Antisemitismus in Deutschland“, sagte er. „Wir müssen uns nicht nur der Geschichte bewusst, sondern wir müssen heute aktiv sein – auf der Bundesebene, in den Bundesländern, in den Schulen, in der Zivilgesellschaft“, sagte Issacharoff. „Was den Juden in Europa und Deutschland angetan wurde, ist heute ein Angriff auf die Grundlagen der Demokratie in Deutschland. Antisemitismus ist nicht nur der Feind der Juden, sondern auch ein Angriff auf die Toleranz in Deutschland.“

Die israelische Botschaft habe gute Kontakte zu allen Fraktionen im Bundestag – allerdings nicht zur AfD. Äußerungen von verschiedenen Vertretern der Partei deuteten darauf hin, „dass es in der Partei eine Nostalgie für die Nazi-Vergangenheit gibt“, sagte Issacharoff. „Und ich finde das widerwärtig.“ Solche Äußerungen aus der AfD könnten andere Menschen zu antisemitischem Denken verführen, was wiederum in Gewalttaten enden könnte. Auch die AfD sollte darüber nachdenken, wie sie der Verantwortung gegenüber der deutschen Vergangenheit gerecht werden kann.

Dynamische Entwicklung der jüdischen Community

Der Botschafter zeigte sich erfreut über den vielfältigen Austausch zwischen beiden Ländern: „Es ist ein Strom in beide Richtungen. Es kommen weitaus mehr junge Menschen aus Israel nach Deutschland und mehr Deutsche gehen nach Israel“, sagte er. Issacharoff sprach von einem Wandel, Israel und Deutschland würden gemeinsam versuchen, „einen Weg zurück zu einer tieferen Versöhnung zu finden“.

Auch die jüdische Community in Deutschland entwickele sich sehr dynamisch. Es brauche jedoch eine starke Partnerschaft mit den Bundesregierung gegen jegliche Form von Antisemitismus, damit das jüdische Leben gedeihen und sich entwickeln könne. Denn für Issacharoff ist klar: „Jüdisches Leben ist ein Test für die Toleranz in Deutschland.“

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