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Das war einmal: Außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings werden die Altglastonnen abgeräumt.
© imago/photothek

Entsorgung von Altglas in Berlin: Jetzt machen wir Bürger die Drecksarbeit

Die Altglastonne im Hof ist verschwunden, wir müssen jetzt zum Sammelcontainer. Was hat sich der Senat bloß dabei gedacht? Ein Kommentar.

Da, wo einst unsere Altglastonnen standen, ist jetzt eine große Lücke. Über Nacht verschwanden die Container aus unserem Zehlendorfer Hof, der fürs weiße Glas und der für den Rest. Handstreichartig. Ohne uns zu fragen. Jetzt hängt ein Schild in unserem Hausflur. Darin bittet die Hausmeisterin, keine leeren Flaschen mehr neben die Reststofftonne zu stellen oder – schlimmer noch – in die graue Tonne zu werfen. Man möge das Altglas doch bitte in den nächstgelegenen Sammelcontainer werfen. Leider ist der einige Minuten zu Fuß entfernt. Und leider liegt der Sammelplatz auch jenseits aller Pfade, auf denen wir uns sonst so bewegen. Weder auf dem Weg zum Bus noch zum Supermarkt kommen wir daran vorbei. Ein Auto haben wir nicht, ich gehe viel zu Fuß.

Mein Altglas zu entsorgen, wird jetzt zum Projekt. Was einfach war, bedarf nun der Planung. Wobei ich es noch gut getroffen habe. Kollegen, die weiter außerhalb wohnen, würden sich freuen, wenn sie die Sammelcontainer überhaupt zu Fuß erreichen könnten, viele brauchen jetzt ein Auto oder das Rad.

Umweltsenatorin Renate Günther findet das neue System besser

Bis Ende des Jahres sollen 30 000 der 92 000 alten Glastonnen aus Berliner Höfen verschwinden. Betroffen sind vor allem Viertel außerhalb des S-Bahn-Rings. Statt es vor der Haustür zu entsorgen, sollen wir unser Altglas jetzt zu öffentlichen Sammelstellen bringen, deren Zahl wird von 1500 auf 1900 erhöht. Ausgeheckt hat das die Senatsverwaltung für Umwelt, Senatorin Regine Günther. Bereits 2017 hat die damals parteilose, jetzt Grünen-Politikerin gemeinsam mit dem Dualen System das Aus für unsere Tonnen besiegelt. Gegen den Protest des Abgeordnetenhauses. Demokratie endet in Berlin offensichtlich dort, wo die Parlamentarier eine andere Meinung haben als die Senator*innen.

Günther findet das neue System besser. Die Sammelcontainer haben nämlich nicht nur zwei, sondern drei Tonnen, braunes und grünes Glas werden getrennt. Das spart Geld beim Sortieren. Vor allem aber spart das Duale System Kosten bei der Abholung. Denn jetzt übernehmen wir Bürger die Arbeit. Falls möglich. Menschen mit Gehbehinderungen oder ältere Nachbarn werfen ihre Flaschen oder Senfgläser lieber in die graue Tonne. Ich kann das verstehen.

Die Sammelcontainer sind besser, findet Berlins Umweltsenatorin Regine Günther.
Die Sammelcontainer sind besser, findet Berlins Umweltsenatorin Regine Günther.
© DAVIDS

Tests zeigen: Viele werfen ihr Glas in die graue Tonne

Testläufe haben gezeigt, dass nach dem Abtransport der wohnungsnahen Behälter nur noch 80 Prozent der Hausbewohner ihr Glas separat entsorgen. Fürs Klima ist das schlecht. Jede Tonne Altglas, die im Normalmüll landet, erhöht die Kohlendioxidmenge um eine halbe Tonne im Jahr. Regine Günther ist wahrscheinlich die einzige Umweltpolitikerin auf der Welt, die eine Metropole zur Zero-Waste-Stadt machen und den Klimanotstand ausrufen will, aber im selben Atemzug ihren Bürgern die Altglastonnen wegnimmt. Wie irre ist das denn?

Jeder Verhaltensforscher weiß, dass man es Menschen leicht machen muss, das Richtige zu tun. Berlin geht den entgegengesetzten Weg. Und vielleicht ist der noch gar nicht zu Ende? Was mit dem Glas begonnen hat, ließe sich doch für den restlichen Müll fortsetzen: Wie wäre es mit separaten Sammelstellen für Windeln, Biomüll oder Papier? Warum sollten wir Berliner*innen nicht zu Müllwerkern werden? Die Müllabfuhr könnte sich dann auf das konzentrieren, was wirklich Geld und Spaß bringt: Altgold, etwa.

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