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Der Dienstleistungssektor entwickelt sich laut UVB-Geschäftsführer Weickert stabil.
© Kai-Uwe Heinrich

Umfrage zum Arbeitsmarkt: Jeder zweite Berliner erwartet größere Entlassungen

Viele Berliner sind in Sorge wegen eines möglichen Stellenabbaus in der Hauptstadt. Den Verlust des eigenen Jobs befürchten aber nur wenige.

Erst Philip Morris, dann Siemens, zuletzt der Zahlungsdienstleister Paypal: In den vergangenen Wochen haben gleich mehrere Konzerne angekündigt, Personal in Berlin zu streichen. Kommt jetzt also die, wie man unter Statistikern gerne euphemistisch formuliert, „Trendwende“ am Arbeitsmarkt?

Nicht wenige Berliner haben diese Sorge, wie eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegels belegt. Fast die Hälfte der Berliner (46 Prozent) erwartet demnach in den nächsten zwei Jahren größere Entlassungen auf dem Berliner Arbeitsmarkt. Nur rund 36 Prozent halten das für unwahrscheinlich.

„Die Sorgen der Menschen resultieren sicher zu einem großen Teil aus den Entlassungen, die es in letzter Zeit gegeben hat. Daher sind diese Sorgen auch sehr nachvollziehbar“, kommentierte eine Sprecherin von Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) am Donnerstag die Umfrage.

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Allzu viele Sorgen sollten sich die Berliner aber nicht machen, glaubt man im Senat: „Der Arbeitsmarkt ist auf der anderen Seite aber immer noch robust, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weiter gestiegen.“

Und mögen sich Linkspartei und Wirtschaftsverbände sonst einzig darin einig sein, sich nicht einig zu sein, gibt es in diesem Fall eine gewisse Übereinstimmung in der Analyse. Denn auch die großen Wirtschaftsverbände bleiben bislang gelassen.

Um ihren eigenen Job sorgen sich 15 Prozent der Berliner

„Stellenabbau in einem größeren Umfang halten wir aus aktueller Sicht für nicht wahrscheinlich“, sagte Sven Weickert, Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Und ließ seinen Worten eine kleine Einschränkung folgen: „Allerdings spüren die Unternehmen eine deutliche Abkühlung der Weltkonjunktur. Das trifft vor allem die Industrie, die es zudem mit den internationalen Handelsstreitigkeiten und dem intensiven Strukturwandel zu tun hat.“

Der Dienstleistungssektor entwickle sich dagegen stabil, sagte Weickert. Er profitiere von der Konsumnachfrage und dem Tourismus. „Zudem dürfte die Sonderkonjunktur durch die weiter wachsende Stadt anhalten, von der viele Wirtschaftsbereiche profitieren. Nicht zu vergessen ist der zunehmende Mangel an Fachpersonal. Die Unternehmen tun alles, um qualifizierte Kräfte zu halten, selbst in konjunkturell schwierigeren Zeiten.“

Schlaflose Nächte bereitet der Gedanke an den Jobverlust ohnehin nur den wenigsten Berlinern. Auch das zeigt die Umfrage: Fragt man sie nämlich danach, ob sie in Sorge sind, in den nächsten zwölf Monaten den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, bejahen das nur 15 Prozent der Berliner. Rund 77 Prozent machen sich hingegen wenig oder keine Sorgen. Bedeutet also: In Berlin sorgt man sich mehr um den Nachbarn als um sich selbst – welch’ eine mitfühlende Stadt!

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