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Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin der Grünen für Berlin, will im September für die Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" stimmen.
© imago images/photothek/xFelixxZahn

„Gefährlicher Populismus“: Jaraschs „Ja“ zur Enteignungs-Initiative löst Kritik aus

Nach der Ankündigung, für die Enteignungs-Initiative zu stimmen, erfährt die Grünen-Spitzenkandidatin viel Gegenwind. Die Initiative selbst hingegen freut sich.

Die Ankündigung von Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, beim anstehenden Volksentscheid für die „Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ zu stimmen, hat deutliche Kritik ihrer politischen Gegner hervorgerufen. „Enteignungen sind für mich nicht der richtige Weg, um die große soziale Frage des bezahlbaren Wohnens zu lösen und wecken kein Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Berlin“, schrieb die SPD–Spitzenkandidatin Franziska Giffey auf Twitter.

Pauschal Eigentümer mit mehr als 3000 Wohnungen zu enteignen, sei weder zielgenau noch gerecht. Zudem entstehe dadurch keine einzige neue Wohnung. „Wir müssen bessere Lösungen finden“, teilte die SPD-Landesvorsitzende mit. Dazu zählten die wirksame Umsetzung von Mieterschutzregelungen sowie der Neubau bezahlbarer Wohnungen.

Auch aus der Berliner CDU wurde Kritik an den Aussagen Jaraschs laut. „Spätestens mit dieser Ankündigung von Frau Jarasch ist klar, wie weit sich die Berliner Grünen inzwischen jenseits der bürgerlichen Mitte bewegen“, sagte Generalsekretär Stefan Evers. Der Volksentscheid sei ein milliardenschwerer Irrweg. Massen-Enteignungen seien in der historischen Betrachtung eher das Mittel von Diktaturen als einer demokratisch verfassten Sozialen Marktwirtschaf gewesen. „Anstatt sich dem gefährlichen Populismus der Enteignungs-Bewegung entgegenzusetzen, unterwirft sich Frau Jarasch den Kreuzberger Strippenziehern in ihrer Partei“, führte Evers aus.

Jarasch hatte am Mittwoch das Modell der Grünen für einen Mietenschutzschirm vorgestellt. Dieser solle eine Alternative zur Enteignung von Wohnungen darstellen, wie sie die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ fordert. Dennoch erklärte Jarasch zugleich, beim anstehenden Volksentscheid für die Enteignungsinitiative zu stimmen. „Ich persönlich werde mit Ja stimmen, obwohl Vergesellschaftungen für mich ultima ratio sind", sagte Jarasch.

Als Grund nannte die Spitzenkandidatin der Grünen, dass die Stadt den Druck auf Immobilienunternehmen brauche, um den gemeinwohlorientierten Wohnsektor schnell zu stärken. „Die Karte Enteignung wird nur gezogen, wenn eine kooperative Lösung scheitert“, sagte sie.

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Der Kurs von Jarasch löste auch bei der Linken Verstimmungen aus. „Die Berliner Grünen offenbaren gerade ein merkwürdiges Verständnis von direkter Demokratie“, teilte der Abgeordnete Michael Efler mit. Gebe es eine Mehrheit für den Entscheid, habe das Abgeordnetenhaus den Auftrag ein entsprechendes Gestez zu erarbeiten.

Vonovia-Chef Rolf Buch reagiert auf Jaraschs Pläne

Anders fiel die Reaktion der Initiative selbst aus. „Wir freuen uns dass Frau Jarasch mit Ja stimmt und damit die Grünen-Wähler dazu aufruft. Wenn man unsere Initiative dazu benutzt, Druck auf die Vermieter aufzubauen, kann uns das nur freuen“, sagte der Mitgründer Rouzbeh Taheri. Allerdings habe er keine Hoffnung, dass sich die großen Immobilienunternehmen dadurch dem von Jarasch vorgeschlagenen Pakt anschließen würden. Das Ziel bleibe daher die Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne, sagte Taheri.

Und doch löste Jaraschs Vorstoß auch in der Immobilienwirtschaft Reaktionen aus. „Wir brauchen ein breites Bündnis aus allen Akteuren der Wohnungsbranche, um klimafreundlichen und bezahlbaren Wohnraum nachhaltig zu realisieren“, schrieb der Vorstandsvorsitzende des Wohnungskonzerns Vonovia Rolf Buch auf Twitter. Sein Unternehmen stehe dazu bereit. „Die einzelnen Vorschläge müssen analysiert werden“, teilte er mit. Enteignungen hingegen brächten Berlin nicht weiter.

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