Ehrenamtliches Engagement: Ist die Kältehilfe eine Sackgasse?
In Berlin gibt es immer mehr Kälteplätze. Viele helfen ehrenamtlich. Doch Sozialverbände fordern, dass endlich mehr Obdachlose in Wohnungen ziehen. Eine Analyse.
In diesen kalten Tagen kann einem trotzdem warm ums Herz werden. An vielen Orten in der Stadt kümmern sich jetzt wieder ehrenamtlich Engagierte neben hauptamtlich Beschäftigten um wohnungslose Menschen und sorgen dafür, dass diese in winterlichen Nächten ein warmes Bett haben. Die Engagierten bringen sich ein bei den großen Institutionen wie der Berliner Stadtmission mit mehreren hundert Plätzen, aber auch in kleinen Einrichtungen wie im Haus der Koepjohann’schen Stiftung, wo kürzlich zehn neue Schlafplätze für obdachlose Frauen eingerichtet wurden, oder der Tabor-Kirche in Kreuzberg und auch das „Nachtcafé zum Guten Hirten“, eine Obdachlosen-Unterkunft am Friedrich-Wilhelm-Platz in Friedenau.
Insgesamt gibt es in Berlin 28 Notübernachtungseinrichtungen und 15 Nachtcafés mit insgesamt 1157 Plätzen – so viel wie nie zuvor. Das ist doch toll! Oder etwa nicht? Man kann das nämlich auch höchst problematisch finden. Schließlich bedeutet es, dass immer mehr Menschen sich keine Wohnung leisten können und deshalb auf der Straße landen. Werden die ehrenamtlichen Helfer und ihr selbstloser Einsatz da unversehens als Reparaturbetrieb für eine aus den sozialen Fugen geratenen Gesellschaft ausgenutzt
Nur die Politik kann das Problem lösen
Es kann doch nicht die Lösung sein, dass Berlin jedes Jahr mehr Plätze für die Kältehilfe bereitstellt, anstatt dafür zu sorgen, dass Menschen wieder wegkommen von der Straße. Dazu braucht es die soziale Verpflichtung von Wohnungsgesellschaften und Vermietern. Und natürlich auch mehr Wohnungen – denn wo selbst Familien mit Kindern und gesichertem Einkommen keinen bezahlbaren Wohnraum finden, da werden Obdachlose natürlich erst recht zu Verlierern beim Wohnungs-Monopoly.
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Zudem es durchaus Absurditäten in diesem ungleichen Spiel gibt: So klagte kürzlich die Geschäftsführerin des Diakonischen Werks, Monika Lüke, dass die Unterbringung von Obdachlosen zu Tagessätzen in Wohnungen sogar den Tatbestand der Zweckentfremdung erfüllt und Strafzahlungen drohen. „Die rasante Ausweitung der Plätze in der Kältehilfe muss ein Ende haben“, sagt deswegen auch die Direktorin des katholischen Caritasverbands, Ulrike Kostka. „Rund 500 Plätze müssen reichen“, vertritt auch die Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg, Barbara Eschen. Stattdessen fordert sie preisgünstige Wohnungen für Wohnungslose.
Womit wir wieder am Anfang wären: Denn solche Wohnungen fehlen in Berlin. Das Problem kann nur die Landesregierung lösen – da hilft aber kein Mietendeckel, sondern nur der beherzte Bau von vielen, vielen Wohnungen. Ansonsten werden sich die ehrenamtlich Engagierten irgendwann fragen, ob ihre Hilfsbereitschaft nicht schamlos ausgenutzt wird.