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Festhalten. Die Unterkünfte in Tempelhof stehen in der Kritik. Es gibt kaum Seife, kaum Privatsphäre. 
© REUTERS

Flüchtlinge in Berlin: Initiativen wollen Flüchtlinge in Ferienwohnungen unterbringen

Mehrere Initiativen haben gefordert, auf dem Tempelhofer Feld keine temporären Bauten für Flüchtlinge zuzulassen. Stattdessen sollten die Menschen in Wohnungen unterkommen.

Keine Kompromisse. Gleich mehrere Initiativen haben am Montag gemeinsam gefordert, auf dem Tempelhofer Feld keine temporären Bauten für Flüchtlinge zuzulassen. Stattdessen müssten die „Massenlager“, wie sie selbst die Heime nennen, dort und anderswo in der Stadt aufgelöst und die Menschen in Wohnungen untergebracht werden.

In einem ersten Schritt könnten etwa 10 000 illegal als Ferienunterkunft genutzte Wohnungen dafür bereitgestellt werden, erklärten die Initiativen, bestehend unter anderem aus dem Flüchtlingsrat Berlin, der Initiative 100%Tempelhofer Feld, dem Bündnis Neukölln, dem Netzwerk Architekten für Architekten sowie den Plattformnachwuchsarchitekten.

Es soll weitere Gespräche geben

Durch den Aufbau von Traglufthallen versuche der Senat, das Tempelhof-Gesetz, das eine Bebauung ausschließt, „durch die Hintertür“ zu kippen, sagte Kerstin Meyer von der Tempelhof-Initiative. Über 700 000 Berliner hätten 2014 für ein baufreies Tempelhof gestimmt, was der Senat jetzt ignorieren wolle. Das Abgeordnetenhaus soll das Gesetz nach dem Willen des Senats noch in diesem Monat ändern.

Vorher solle es noch in dieser Woche Gespräche mit den Initiativen sowie den Experten der Parteien geben, kündigte der Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, Martin Pallgen, am Montag an. Die Einladungen seien verschickt. Ob alle Eingeladenen erscheinen werden, ist allerdings unklar. Pallgen wies Angaben zurück, dass der Senat plane, auf dem Tempelhofer Feld einen Standort für über 15 000 Flüchtlinge zu schaffen. Diese Zahl sei viel zu hoch. Untergebracht würde maximal eine „kleinere vierstellige Zahl“ von Flüchtlingen.

Zusatzbauten zeitlich befristet

Klar sei dagegen, dass es die Zusatzbauten nur zeitlich befristet geben würde. Vorgesehen sind Traglufthallen östlich und westlich der betonierten Vorfeldfläche. Es seien auch keine modularen Bauten geplant, wie es sie an anderen Stellen in der Stadt geben soll. Das Unterbringen in Gemeinschaftsunterkünften bezeichnen die Initiativen als „Massenlagerpolitik“, die der Senat in Tempelhof auf die Spitze treiben wolle.

Dabei seien die Bedingungen in den jetzt genutzten Hangars bereits heute die schlimmsten von allen Unterkünften, sagte Georg Classen vom Flüchtlingsrat. Durch die nur provisorisch abgetrennten Bereiche mit offener Decke sei der Lärm unerträglich, ergänzte Irmgard Wurdak vom Bündnis Neukölln, die nach eigenen Angaben in einem Hangar Deutschkurse anbietet. Die Luft staue sich, die Beleuchtung lasse sich nur zentral regeln, es fehlten Schränke und Kochgelegenheiten. Selbst an Seife mangele es. Die Konsequenz: Die „Massenlager“ müssten umgehend geschlossen werden.

Fahrplan erstellt

Um Wohnungen für Flüchtlinge – und für bedürftige Berliner – anbieten zu können, haben die Initiativen einen mehrstufigen Fahrplan erstellt. Sofort sei es möglich, private und städtische Mietwohnungen zu nutzen oder Flüchtlinge bei Angehörigen und Unterstützern wohnen zu lassen. Auch das Umfunktionieren von Ferienwohnungen sei sofort möglich.

Innerhalb von zwei bis sechs Monaten könnten leerstehende Wohn-, Sozial und Gewerbeimmobilien „ertüchtigt“ werden. Rund ein Jahr würde es nach dem Fahrplan dauern, um durch Aufstockungen, etwa bei eingeschossigen Supermärkten, weiteren Wohnraum gewinnen zu können. Innerhalb von sechs Jahren könnten dann die vom Senat geplanten „Modulbauten“ stehen. Die letzte Stufe soll dann ein Wohnungsbauprogramm sein – mit einer dauerhaften Sozialbindung und einem Belegungsrecht.

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