Volksbegehren für Tegel: Initiative sammelte 30.000 Unterschriften für den Weiterbetrieb des Flughafens
Der Flughafen Tegel soll geschlossen werden, sobald der BER eröffnet ist. Eine Initiative hat jetzt die erste Hürde für ein Volksbegehren zum Weiterbetrieb genommen.
Der Rahmen ist schwer retro: Altberliner Atmosphäre, altes Holz, alte Gerichte auf der Speisekarte – und dazu die FDP mit ihrem Ansinnen, den Flughafen Tegel auf Dauer weiterzubetreiben. Allerdings dürfte es den beiden freidemokratischen Protagonisten Sebastian Czaja und Marcel Luthe eher um den klingenden Namen des Restaurants gegangen sein: Die „Letzte Instanz“ bietet sich immer an, wenn irgendetwas mit abschließender Sicherheit präsentiert werden soll.
Davon allerdings sind Czaja und Luthe doch noch ein ganzes Stück entfernt. 30000 Berliner haben in vier Monaten ihre Unterschrift für die Offenhaltung des Flughafens geleistet, das ist eine ganze Menge und mehr als genug für den Antrag auf ein Volksbegehren, der nur 20000 Stimmen erfordert; das Volksbegehren selbst aber benötigt zum Erfolg etwa 174 000 Stimmen, die innerhalb von vier Monaten zu sammeln sind. Und auch dann türmen sich Hürden auf, die in erster Linie politischer und juristischer Natur sind, komplizierte Hürden.
Czaja, der Berliner Generalsekretär der FDP und Bruder des CDU-Sozialsenators Mario Czaja, und Luthe, Direktkandidat in Grunewald und Gründer des Vereins „Pro Tegel“ sehen das naturgemäß anders – sonst könnten sie das gesamte Unternehmen auch gleich lassen. Also muss der Wählerwillen her, der zwar nirgendwo festgeschrieben ist, aber in Gestalt der 30 000 Unterschriften zumindest leise grummelt. Die Berliner, sagt Czaja, seien klüger als der Senat und wüssten, dass Berlin Tegel brauche: „Es ist nicht mehr zu begreifen, dass der Senat konsequent Politik gegen den Wählerwillen macht.“
Der Senat selbst strapaziert bekanntlich für seine Haltung weniger den Wählerwillen als die Rechtslage, die momentan die Schließung Tegels sechs Monate nach Inbetriebnahme des neuen Flughafens BER erzwingt. Die beiden FDP-Politiker lehnen diese Auffassung, wenig überraschend, komplett ab: Wenn es politischer Wille sei, könne und müsse die Rechtslage geändert werden. Der Planfeststellungsbeschluss zum BER sei keinesfalls ewiges Recht, sondern ein inzwischen 22 Mal geänderter Verwaltungsakt, und er enthalte überdies keine rechtlich relevante Aussage zur Schließung Tegels. Und nach Widerruf des neuen Beschlusses lebe der alte wieder auf, und ein neues Planfeststellungsverfahren sei überflüssig.
Der Planfeststellungsbeschluss könnte geändert werden
Czaja und Luthe stützen sich dabei auf ein Gutachten, das ein Bundestagsjurist im Jahr 2013 verfasst hat, und das zu eben diesen Ergebnissen kommt. Darüber hinaus zweifeln beide auch die Bedeutung des Landesentwicklungsprogramms Berlin/Brandenburg an, in dem es heißt, der Luftverkehrsanschluss beider Länder solle „möglichst“ auf einen Flughafen konzentriert werden: Diese Möglichkeit, sagen sie, bestehe angesichts der Bauverzögerung und der aktuellen Fluggastprognosen schlicht nicht mehr.
Und die Lärmbelastung in den Einflugschneisen nach Tegel? Luthe sagt, er halte es für möglich, dass die vor langer Zeit teuer eingebauten Lärmschutzmaßnahmen auch heute noch ausreichend seien. Falls nicht, habe der Flughafenbetreiber die Kosten zu tragen – und der müsse ja nicht der bisherige sein. Klientelpolitik zugunsten weit entfernt lebender Wähler will man sich nicht vorwerfen lassen: Man habe gerade in Tegel und auch am extrem belasteten Kurt-Schumacher- Platz viele Stimmen für die Offenhaltung gesammelt, denn die Bürger wüssten dort offenbar, was sie am Flughafen haben. Eine Frau, sagt Czaja, habe ihre Unterschrift damit begründet, sie fürchte sich vor Mietsteigerungen im Fall der Schließung. Fluglärm als Mittel der Wohnungspolitik? So weit geht wohl selbst die FDP nicht.