Ehemaliger Vergnügungspark im Plänterwald: Initiative demonstriert am Samstag für den Spreepark
Trotz Bürgerbeteiligung gibt es Ärger: Eine Initiative reklamiert die Hälfte des ehemaligen Rummelplatzes für sich. Dafür gehen die Aktivisten auf die Straße.
Die Bürgerbeteiligung in der Hauptstadt der Basisdemokratie ist ein Paradoxon. Immer wenn sie in vollem Gange ist, die ersten zarten Ideen und Projekte sprießen lässt, hagelt es Proteste von den Bürgern, die sich nicht beteiligt fühlen. Oder missverstanden. Einfach übergangen. Oder schon den Titel „Bürger“ schlimm finden. So ist es auch jetzt.
Das Beteiligungsverfahren zum „Spreepark 2.0“ befindet sich noch in der Sommerpause, da startet die „Offene Republik Spreepark“ plötzlich eine Armada von Flößen, Surfboards und Schlauchbooten, um die Spree zu sperren, am Samstag von 14 bis 16 Uhr, eine „Seebrücke“ zwischen Spreepark und Stralau-Halbinsel zu bilden und lautstark gegen ein „eintrittspflichtiges Disneyland“ für „Kaffeefahrten-Eventtouristen“ zu protestieren.
Das Motto, angelehnt an die Hanf-Bewegung: „Gebt den Spreepark frei“. Sprecher des losen Bündnisses, das von der Clubcommission unterstützt wird, ist Musikmanager Daniel Plasch, ein Mann der ersten Stunde gewissermaßen. Er habe noch die im Spreepark produzierte DDR-Fernsehserie „Spuk unterm Riesenrad“ miterlebt.
Neue Attraktionen sind geplant
Im Mai wurde der „Rahmenplan“ für den Spreepark vorgestellt, mit vielen Konjunktiven versehen. Alles habe nur Vorschlagscharakter. In weiteren Diskussionen könnten die von einem Kuratorenteam entworfenen Konzepte auch verändert oder verworfen werden. Dennoch gibt es schon Simulationen, die Wanderungen durch ein Fantasialand suggerieren, auf der ehemaligen Achterbahn „Spreeblitz“ (Arbeitstitel: Cat Walk) oder über die ehemalige Wasserrutsche durch den „Grand-Canyon“.
Die alten Fahrgeschäfte sollen neu inszeniert oder künstlerisch überformt werden. Bis auf das Riesenrad, dessen Ertüchtigung und Wiederinbetriebnahme eigentlich schon ausgemachte Sache ist. Und eine neue Parkeisenbahn soll es geben. Zwischendrin bleibe viel Platz für Kunstaktionen, Lesungen und temporäre Ausstellungen. Umweltsenatorin Regine Günther (für Grüne) sprach von einem „Setzkasten“, den man den Berlinern zur Verfügung stellen möchte, damit sie ihn mit ihren Ideen füllen.
Alles bestens, so schien es. Der Spreepark als „Lost Place“-Attraktion, von der Metaebene aus neu zu entdecken. Den Anwohnern wurde versprochen, dass es keinen Lärm gibt und keine Bäume gefällt werden. Strittig blieb allerdings die Zahl der Parkplätze und ein möglicher Ausbau des Dammwegs als Zufahrtsstraße. Wenn das Planungsteam aus Landschaftsarchitekten, Künstlern und Szenografen alles richtig macht, wird der Park in internationalen Magazinen ausgiebig gewürdigt und zum neuen Geheimtipp des Berlin-Tourismus aufsteigen.
Kunst, Kultur und Schnapsideen
Genau das wollen die Demonstranten verhindern. Sie verlangen „die Hälfte des Spreeparks für Kunst, Kultur und Schnapsideen“. Und zwar sofort. „Es gilt, eine der letzten stadtnahen Freiflächen der Stadt für das Schrille, das Schräge, das Nicht-Eingängige, das Berlin ausmacht, zu reklamieren.“ Ganz persönlich findet Daniel Plasch, dass es auf dem Gelände Arbeitsräume für Künstler und Musiker geben sollte, die aus ihren angestammten Kiezen verdrängt wurden. Das Gerücht, es gehe eigentlich darum, neue Flächen für Clubs zu sichern, weist Plasch zurück. Das Beteiligungsverfahren zum Spreepark sollte einfach wieder bei null starten. Man sei zum Dialog bereit.
Linke-Abgeordnete Katalin Gennburg findet den Protest richtig. „Da wird ein Beteiligungsverfahren simuliert und jahrelang Steuergeld in eine undurchsichtige Vergnügungsparkplanung versenkt, während wir uns als Regierungskoalition eine neue Beteiligungskultur als Anspruch auf Teilhabe auf die Fahnen geschrieben haben.“ Eigentlich hatte Grün-Berlin-Chef Christoph Schmidt mit den offenen Planungs-Workshops zum Spreepark schon alles richtig machen wollen, immer das Tempelhofer Feld vor Augen, dessen ursprüngliches Parkkonzept („Wiesenmeer“) mit Kosten von 65 Millionen Euro nach einem gescheiterten Bürgerdialog aufgegeben wurde.
Die Senatsverwaltung für Umwelt reagiert mit Unverständnis. „Die Kritik ist angesichts der bewussten Offenheit der weiteren Entwicklung und der breiten Beteiligung der Öffentlichkeit nicht nachzuvollziehen“, sagt Günthers Sprecher Matthias Tang. Ende der Jahres werde die nächste Planungswerkstatt stattfinden. Gebaut werden soll frühestens ab 2020. 48 Millionen Euro stehen für die 23 Hektar zur Verfügung, inklusive Sanierung des Restaurants Eierhäuschen.