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Auf zum Streik: Die Berliner GEW-Vorstandsvorsitzenden Doreen Siebernik (3. v.r.) und Tom Erdmann (r.) führen am Dienstag den Streik an.
© Maria-Mercedes Hering
Update

Streik im öffentlichen Dienst: In Mitte sind zwei Drittel der öffentlichen Kitas zu

Unterricht fällt aus, Schulen und Kitas stellen auf Notbetrieb um. Wie sind die Auswirkungen? Eine Spurensuche in den Kiezen.

Auftakt zum Warnstreik: An der Fritz-Karsen-Schule versammeln sich Protestierende am Balkon der Schule. "Ausstatten statt Ausbrennen", "Nach dem Studium ist vor dem Burnout", "Wer an Bildung spart, hat sie bitter nötig" ist auf den Transparenten zu lesen. Einige Streikteilnehmer verteilen rote GEW-Westen und Mini-Vuvuzelas, aus den Klassenzimmern winken Kinder. Die Stimmung ist kämpferisch-optimistisch.

Solche Szenen sind heute in Berlin kein Einzelfall, die Auswirkungen des Streiks im öffentlichen Dienst sind groß. An Schulen fällt Unterricht aus, in Kitas gibt es oft nur eine Notbetreuung. Laut GEW haben heute bereits 10.000 Menschen gestreikt – und am Mittwoch geht es weiter.

An der Fritz-Karsen-Schule wird heute und morgen gestreikt.
An der Fritz-Karsen-Schule wird heute und morgen gestreikt.
© Maria-Mercedes Hering

Dutzende Kitas bleiben geschlossen

Vom Streik der Kindertagesstätten sind mehrere Dutzend Einrichtungen in ganz Berlin betroffen – die GEW sagt, in Mitte nehmen von den 56 Kitas im Eigenbetrieb 53 am Streik teil, davon bleiben mindestens 37 komplett geschlossen. In Berlin Süd-West bleiben von den 37 Kitas mit ihren 4800 Plätzen am Dienstag und am Mittwoch 16 geschlossen, auf insgesamt 12 wird die Notbetreuung aufgeteilt.

Ein Besuch in Berlin-Steglitz, Ortsteil Lichterfelde, Manteuffelstraße. Dort wird in einer Kita heute und morgen die Notbetreuung angeboten, heißt: Die Kita kümmert sich um die Kinder aus drei umliegenden Einrichtungen. Für die Erzieherinnen und Erzieher bedeutet das viel Arbeit - wie schon beim letzten Streik. Allerdings werden diesmal mehr erwartet, denn unter den Eltern hat sich die "Notbetreuung" rumgesprochen.

In der Kita in der Manteuffelstraße in Steglitz findet heute und morgen eine Notbetreuung statt.
In der Kita in der Manteuffelstraße in Steglitz findet heute und morgen eine Notbetreuung statt.
© Amy Walker

Ortswechsel, andere Straße, andere Kita. Die Erzieher möchten lieber anonym bleiben - Verständnis für den Streik haben sie: "Es geht nicht ums Geld, es geht um alles andere." Im Schnitt betreuen sie in einem Raum 17 bis 20 Kinder. In der Kita haben sie zwei Vollzeit-Beschäftigte.

"Die können aber auch nicht immer alle da sein - wir arbeiten mit kleinen Kindern. Dass man da mal krank wird, ist komplett normal." Aber dann reicht das Personal nicht aus. "Es muss sich in der Bildungspolitik was ändern. Wir werden hier so eingeengt, und es kommen immer mehr Kinder, aber es gibt keine Veränderung der Bedingungen".

Eine Erzieherin erzählte, dass sich manche Eltern erschrecken, wenn sie sehen, wie viele Kinder auf einen kleinen Raum kommen - aber die haben ja auch keine andere Wahl. "Die Eltern fragen dann manchmal, 'Wo geht ihr dann mit den Kindern hin?' und dann müssen wir eben sagen: Na hier. Das ist das, was wir haben und anbieten können - das war's."

Martina Castello, pädagogische Geschäftsleitung für die Kindertagesstätten im Eigenbetrieb in Süd-West bemängelt sowohl die Rahmenbedingungen als auch die finanzielle Aufstellung der Erzieher in den Kitas. "Es wird endlich Zeit, dass dieser Beruf monetär aufgewertet wird. Die Wertschätzung in der Gesellschaft – so höre ich das von den Eltern – ist angekommen. Und da die inhaltlichen Anforderungen an den Einrichtungen in den letzten zehn Jahren so gestiegen sind, muss ich sagen: Jetzt ist es an der Zeit, einen Appell an die Politiker zu richten. Sonst wird es bald ganz schwierig in den Kitas".

Castello erzählt, dass die finanzielle Not für viele Erzieher und Erzieherinnen ein ganz großes Thema ist. "Viele unserer Beschäftigen sind schon über 50 – der Altersdurchschnitt bei unseren 1023 Erziehern liegt bei 46,7 – und dieser Beruf stellt hohe Anforderungen an den Körper, da ist man nach jahrzehntelanger Arbeit schnell arbeitsunfähig".

Sie sagt, wenn sie die Beschäftigten, die körperlich nicht mehr können, fragt, ob sie nicht einen Rentenantrag stellen wollen, sagen sie in 99 Prozent der Fällen: "Das kann ich mir aber einfach nicht leisten".

Für Castello ist die Alterspyramide in diesem Beruf sehr besorgniserregend, und für ein Großteil der Beschäftigten ist die Altersarmut ein ernstes Thema. "Es gibt zum Glück auch viel Nachwuchs, besonders die berufsbegleitende Ausbildung ist beliebt. Und trotz der Bedingungen blieben doch auch viele junge Mitarbeiter. Aber wenn das so bleiben soll, dann müssen wir diesen Beruf jetzt endlich aufwerten".

Ein weiteres Problem sei auch der Personalschlüssel: "Der Zeitanteil für Fortbildungen, Urlaub und Krankheit wird dort nicht berücksichtigt. Wenn also aus diesen Gründen Personal ausfällt, dann gibt es meistens keine Vertretung. In der Regel ist es so, dass erst wenn jemand sechs Wochen ausfällt, eine Vertretung gestellt werden kann. Dadurch wird die Doppelbelastung für die anderen Erzieher zu schnell zu groß – und erhöht nochmal das Krankheitsrisiko".

Auch Schulen machen heute und morgen dicht

Vor der Fritz-Karsen-Schule in Neukölln-Britz steht Integrationserzieherin Marianne Röchert. Sie hat eine ganz klare Forderung: "Mehr Personal bedeutet mehr Chancen für die Kinder. Es geht mir nicht nur um mehr Geld, auch wenn das natürlich gerade auch für jüngere Kollegen wichtig ist. Wir brauchen mehr Personal, mehr Räume und eine bessere Ausstattung." Dafür nimmt sie heute mit ihren Kollegen am Streik teil.

Streiks am Dienstag und Mittwoch

In Kitas, Schulen, Jugendämtern und Hochschulen sollen wie berichtet Angestellte am Dienstag und Mittwoch streiken. Am Mittwoch sind außerdem auch alle anderen Angestellten, die unter den Tarifvertrag der Länder fallen, zum Warnstreik aufgerufen. Dies betrifft also auch unter anderem Bezirksämter, Senatsverwaltungen, Bibliotheken und Angestellte im Polizei- und Feuerwehrdienst. Aufgerufen zu den Warnstreiks haben die GEW Berlin, Verdi und für Mittwoch auch die Polizeigewerkschaft GdP. 

Am 27. Februar ist der Treffpunkt um 10 Uhr auf dem Potsdamer Platz, die Demonstrationsroute führt zum Alexanderplatz.

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