Hunde in Berliner Parks: Ich habe abgeleint!
Harmlose Hunde sollten auch in Parks frei herumlaufen dürfen – zumindest zu bestimmten Uhrzeiten. Die kommende Gesetzesnovelle sieht das leider nicht vor. Jetzt ließe sich dieser Geburtsfehler noch korrigieren.
Ich gestehe, ich habe abgeleint. Ziemlich oft sogar, und es wird wieder passieren. Weil der Hund am anderen Ende meiner Leine extrem gutmütig ist, dazu geduldig, unaufdringlich, mit einem Wort: harmlos. Selbst wer ihm versehentlich auf die Pfote tritt, wird noch freudig angewedelt. Auf Gehwege kotet er sowieso nicht.
Man soll ja Tiere nicht mit Menschen vergleichen, aber: Dieser Hund verhält sich rücksichtsvoller als die meisten Zweibeiner, denen ich in Berlin im Alltag begegne. Trotzdem darf er, auch wenn das neue Hundegesetz Ende Mai vom Senat und anschließend vom Parlament verabschiedet wird, in den Parks dieser Stadt weiter nur an der Leine geführt werden. Das ist ungerecht. Und komplett unrealistisch.
Eigentlich war das mit dem „Bello-Dialog“ doch anders geplant. Verschiedene Interessenvertreter hatten sich zusammengesetzt, die jeweiligen Bedürfnisse ausgelotet, gründlich diskutiert und am Ende gute Kompromisse gefunden. Zum Beispiel: Der Leinenzwang wird ausgeweitet, künftig müssen Tiere auch auf Gehwegen angeleint werden. Ausgenommen diejenigen, deren Halter per „Führerschein“ nachweisen können, dass ihre Hunde keine Gefahr für niemanden darstellen. Diese Regelung sollte explizit auch für Parks gelten.
Als Justizsenator Thomas Heilmann im Dezember dann seine Eckpunkte für das Gesetz vorstellte, war die Ausnahmeklausel für Parks plötzlich unter den Tisch gefallen. Zu 99,9 Prozent werde sie auch nicht mehr aufgenommen, hieß es diesen Freitag aus der Senatsverwaltung.
Ich verstehe die Sorgen der Hunde-Skeptiker. Das Problem ist ja, dass man fremden Tieren eben nicht ansieht, wie wohlerzogen und harmlos sie sind. Und dass man sich nicht darauf verlassen mag, ob Hundehalter ihre eigenen Tiere richtig einschätzen oder ob ihnen im Leben vielleicht sowieso alles egal ist. Um Kinder zu schützen, wollen Eltern im Zweifel lieber radikale Lösungen: besser mehr Hunde als nötig verbannen als einen zu wenig.
Selbiges gilt für Menschen, die grundsätzlich Angst vor Hunden haben. Die sollen sich im Park entspannen und wohlfühlen, ganz egal, ob ihre Angst rational ist oder nicht.
Ein Kompromiss wäre einfach. Der hieße: Zeitschienen. Für eine Stunde am Morgen plus eine am frühen Abend könnte es Haltern erlaubt sein, ihre Hunde – Harmlosigkeit vorausgesetzt – in Parks frei laufen zu lassen. Darauf könnten sich alle, die Hunden lieber weiträumig aus dem Weg gehen wollen, einstellen. In der übrigen Zeit würde der Park ihnen gehören.
Die Zeitschienen-Idee ist kein fixer Gedanke eines Einzelnen, sondern unter Hundebesitzern populär. Manche wollen das nicht wahrhaben, aber: Halter sind in der Mehrzahl keine renitenten Querköpfe, die am liebsten gegen Regeln verstoßen. Im Gegenteil. Sie würden gern durch den Park spazieren dürfen, ohne sich böse Blicke einzufangen. Gäbe man ihnen durch Zeitschienen die Gelegenheit zum legalen Gassigehen, würden sie diese dankbar annehmen. Und für die überforderten Ordnungsämter wäre es fortan viel einfacher zu kontrollieren, wer sich an die Regeln hält und wer nicht.
Hunde brauchen Auslauf. Wollen sich gegenseitig am Hintern schnüffeln, miteinander toben, Bäume anpinkeln. Bei den meisten ihrer Tätigkeiten ist eine Leine hinderlich. Und wer jetzt im Frühling sieht, wie voll die wenigen Hundeauslaufgebiete sind, der weiß auch: So, wie die Gesetzesnovelle derzeit formuliert ist, wird sie das Problem nicht entschärfen.
Dass der rigorose Leinenzwang im Park – allen Ergebnissen des „Bello-Dialogs“ zum Trotz – dennoch beibehalten wird, liegt übrigens nicht daran, dass die zuständigen Stellen um die Gesundheit der Menschen fürchten. In Wahrheit sind es die Grünflächenämter der Bezirke, die sich gegen sinnvolle Kompromisse gesträubt haben. Die fürchten, dass Hunde Beete umgraben könnten. Wären sie ehrlich, müssten sie auch allen Menschen den Zugang zum Park verbieten, die potenziell mal Abfall auf einer Wiese liegen lassen könnten. Aber so ist das mit Parks: Sie sind nicht dafür da, dass man sie aus der Ferne anschaut.