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Kai Wegner kandidiert im Mai als CDU-Landesvorsitzender – bisher ohne Konkurrenz.
© Jörg Carstensen/dpa
Exklusiv

Kai Wegner: „Ich bin gegen eine Frauenquote“

Der Kandidat für den CDU-Landesvorsitz will Frauen in der Partei stärken. Eine Quote lehnt er jedoch ab, ein Parité-Gesetz hält er für rechtlich schwierig.

Können Sie brüllen, Herr Wegner?

Ich kann auch brüllen. Aber wer mich kennt, weiß: Es ist nicht meine Art, wie ein Löwe zu brüllen. Ich will ja nicht als Bettvorleger landen.

Sie wollen als designierter CDU-Landeschef lauter werden.

Wir müssen als Berliner CDU lauter und erkennbarer werden. Viele Berliner wissen nicht, wofür die CDU steht. Das will ich ändern.

Bisher hatte man nicht den Eindruck, die CDU sei leise. Nur kam Sachpolitik nicht durch. Sind innerparteiliche Machtkämpfe wichtiger als Inhalte?

Ich habe meine Kandidatur angemeldet. Das ist fairer, demokratischer Wettbewerb. Ich glaube, dass ich als Landesvorsitzender die CDU nach vorn bringen kann. Bis zum Parteitag am 18. Mai wird es auch um Inhalte gehen, die ich vorstellen werde.

Stehen Sie als Person für den Aufbruch der Berliner CDU?

Ich bin Berliner mit Leib und Seele. Ich brenne für die Stadt und führe Menschen und Positionen zusammen. Das sind meine Stärken, die ich einbringen will. Wir bekommen den Aufbruch hin, wenn die CDU die Zerrissenheit beendet und sich geschlossen aufstellt mit dem Ziel, diesen Senat abzulösen.

Sie sagten, Sie würden sich mehr in Kleingärten blicken lassen. Ist das Aufbruch?

Ich will nicht nur Kleingärten besuchen. Berlin wird auch geprägt durch seine Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die Gründerszene, die Clubkultur oder die Kreativwirtschaft. Diese Stadt ist so vielfältig wie keine andere Metropole in Deutschland.

Und wie wollen Sie den jungen Menschen erklären, dass die Berliner CDU eine Großstadtpartei ist, in der nicht vorwiegend Männer in den Hinterzimmern ihre Strippen ziehen?

Wir haben einen Frauenanteil von 50 Prozent im Landesvorstand. Mir ist wichtig, dass wir künftig auch an anderer Stelle deutlich mehr Frauen in verantwortlichen Positionen haben. Es ist nicht akzeptabel, dass wir in der Fraktion nur vier Frauen von 31 Abgeordneten haben. Das muss geändert werden. Zusätzlich brauchen wir ein Programm, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch umgesetzt werden kann.

Wird es mit Ihnen als Parteichef bei der paritätischen Besetzung des Landesvorstands bleiben?

Auch im nächsten Landesvorstand werden viele starke Frauen mitarbeiten. Darüber habe ich auch mit Kreisvorsitzenden bereits gesprochen.

Es gibt keine einzige Kreisvorsitzende in der Berliner CDU. Was wollen Sie denn ändern ohne Quote?

Wir brauchen ein inhaltliches Angebot für Frauen, damit sie sich noch stärker in der CDU einbringen. Da haben wir zweifelsohne einen Nachholbedarf.

In Ihrem eigenen Kreisverband in Spandau sind vier Männer und eine Frau in den entscheidenden Positionen. Alle acht Ortsverbände werden von Männern geführt. Das kann kein Vorbild sein.

Wir haben neun Männer und sieben Frauen mit den Beisitzern im Kreisvorstand. Wir sind damit in Spandau ganz gut aufgestellt.

Die Berliner CDU diskutierte noch vor zwei Jahren über die Einführung einer Quote in der Zukunftskommission, die von Mario Czaja geleitet wird. Ist das alles hinfällig?

Ich bin gegen eine Frauenquote und viele Frauen sagen mir, dass sie auch keine Quotenfrau sein wollen. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass mehr Frauen im Landesvorstand und in den Kreisverbänden mitarbeiten wollen und es zeitlich auch können. Parteiarbeit muss so attraktiv gestaltet werden, dass auch Frauen mit Kindern mitarbeiten können, indem wir zum Beispiel Kinderbetreuung anbieten. Ein Parité-Gesetz, wie es jetzt in Brandenburg beschlossen worden ist, halte ich für rechtlich schwierig.

Am vergangenen Freitag saßen Sie neben Monika Grütters, als sie den Verzicht ihrer Kandidatur bekanntgab. Grütters sagte, mit den Frauen in der CDU ginge alles solange gut, bis Frau auf Augenhöhe des Mannes landet. Danach werde es schwierig. Wie hat sie das gemeint?

Da müssen Sie sie selbst fragen. Ich habe eine Lebensgefährtin, und ich habe sieben Frauen im Kreisvorstand: Wir diskutieren alles auf Augenhöhe.

Ebenfalls am Freitag haben Sie Monika Grütters den Spitzenplatz auf der Bundestagsliste für 2021 zugesichert. Stehen Sie zu Ihrem Wort?

Ja, mein Wort gilt. Für den Bund ist die Spitzenkandidatin Monika Grütters, das war für mich in den vergangenen Jahren klar und ist auch in Zukunft klar.

Frauen in der Berliner CDU klagten darüber, sie seien nach Kritik an Ihnen oder der Art und Weise, wie Grütters aus dem Amt gehebelt wird, massiv unter Druck gesetzt werden. Was sagen Sie dazu?

Da fällt mir niemand ein. Aber ich sehe Hildegard Bentele, die sich entgegen eines Beschlusses des Landesvorstands gegen einen Mann als Kandidatin für die Europawahl durchgesetzt hat. Und Cornelia Seibeld hat sich als Vizepräsidentin im Abgeordnetenhaus durchgesetzt.

Gibt Frau Seibeld die Vizepräsidentschaft auf, wenn sie neue Generalsekretärin der Berliner CDU wird?

Das ist reine Spekulation. Cornelia Seibeld ist eine hervorragende Vizepräsidentin und wird es auch in Zukunft sein. Diese Funktion schließt sich mit dem Amt des Generalsekretärs aus. Da bin ich mir mit Frau Seibeld einig.

Vor einigen Tagen haben Sie CDU-Fraktionschef Burkard Dregger als „starken Spitzenkandidaten“ bezeichnet, gleichzeitig trifft Ihre Kritik am Zustand der CDU auch ihn. Wie passt das zusammen?

Zwischen Kai Wegner als Parteivorsitzendem und Burkard Dregger als Fraktionsvorsitzendem passt kein Blatt Papier. Ich will ganz eng mit ihm zusammenarbeiten und den rot-rot-grünen Senat ablösen. Der Frage, wer Spitzenkandidat der CDU Berlin wird, widmen wir uns nach dem 18. Mai. Die Entscheidung wird auch davon abhängen, wen die anderen Parteien aufstellen. Für uns geht es darum, den oder diejenige zu finden, der oder die das unbedingt will und die größtmöglichen Erfolgsaussichten hat.

Wollen Sie das unbedingt?

Ich will unbedingt Landesvorsitzender der CDU werden, weil diese Partei viel mehr kann. Das Potenzial ist da, wir müssen es nur besser entfalten. Ich habe immer gesagt, dass ich es nicht ausschließe, selbst zu kandidieren. Die Suche eines oder einer geeigneten Spitzenkandidatin ist aber erst der nächste Schritt.

Wann werden Sie diesen Schritt gehen?

Mitte 2020 sollte die CDU so weit sein, einen Spitzenkandidaten zu benennen – wenn Rot-Rot-Grün scheitert, sind wir es natürlich auch früher.

Sie meinen, die rot-rot-grüne Koalition scheitert?

Wenn der Regierungschef seinen Koalitionspartnern den gesunden Menschenverstand abspricht, hat er zwar Recht, aber Michael Müller und seine SPD sind Teil des Problems. Wenn Grüne und Linke das mit sich machen lassen, frage ich mich: Wo ist eigentlich deren Stolz geblieben?

Auch die CDU hat unter Rot-Schwarz diesen Langmut an den Tag gelegt…

Ja, wir haben viel zu viel mit uns machen lassen während der Regierungszeit und bei weitem nicht die Erwartungen unserer Wählerinnen und Wähler erfüllt. Aus den Fehlern habe ich persönlich gelernt.

Was denn?

Die CDU muss noch viel stärker in die Stadtgesellschaft eintauchen und das Lebensgefühl aufnehmen. Das gelingt uns derzeit mit Blick auf die Vielfalt und die unterschiedlichen Lebensentwürfe noch nicht richtig. Der Senat spaltet die Stadt momentan in vielen Bereichen, wir wollen sie zusammenführen.

Gespalten zeigte sich zuletzt auch die CDU, Monika Grütters warnte vor einer Zerreißprobe. Zu Recht?

Richtig ist: Nicht jeder politische Wettbewerb ist eine Zerreißprobe. Richtig ist auch: Es geht zurzeit eine Spaltung durch die Berliner CDU. Diese will ich überwinden und ein Personalangebot vorstellen, das diesen Anspruch klar erkennen lässt.

Als Bundespolitikerin musste sich Monika Grütters den Vorwurf gefallen lassen, landespolitisch nicht präsent genug zu sein. Sie als Bundestagsabgeordneter wollen das besser machen. Wie?

Ich bekomme das ja zurzeit auch ganz gut hin, das wird nichts Neues für mich. Ergebnis meiner Gespräche an der Basis ist meine Kandidatur. Wir haben 12.000 Mitglieder, Frauen und Männer. Sie sind Teil der CDU Berlin, die ich viel stärker einbinden und motivieren möchte.

Das Interview führten Sabine Beikler und Robert Kiesel.

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