Martenstein über Berlins CDU-Mann Wegner: Darauf einen Sägermeister!
Kai Wegner will neuer Berliner CDU-Chef werden. Politisch hervorgetan hat er sich bisher offenbar aber nur im Verhindern anderer Personalien.
Kai Wegner greift nach der Macht! Der Mann aus Spandau möchte Monika Grütters als Berliner CDU-Vorsitzende ablösen. Ich wusste im ersten Moment gar nicht genau, wer das ist. In einem der Porträts, die ich natürlich sofort gelesen habe, wurde er mit dem Satz charakterisiert: „Er hat sechs Landesvorsitzende politisch überlebt.“ Nun, er ist in Berlin Präsident der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft, darf man erwarten, dass er vom Überleben etwas versteht. Unfair fand ich den Satz eines Parteifreundes, Wegner sei „für dieses Amt zu klein“. Angela Merkel misst auch nur 165 Zentimeter.
Aus der Biographie geht hervor, dass der neue Hoffnungsträger daran beteiligt war, Eberhard Diepgen als Vorsitzenden abzusägen, anschließend erwarb er sich, aus Sicht der Berliner CDU, Verdienste dabei, Wolfgang Schäuble als Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters zu verhindern. Es sind somit bereits zwei erfolgreiche Absägeaktionen bekannt.
Wenn es nicht sogar mehr sind. Auf Kai Wegners Homepage steht nämlich der vielsagende Satz: „Ich gehe auch schon mal bis zu Bundeskanzlerin Merkel.“ Die ist ja nun auch keine Vorsitzende mehr. Darauf einen Sägermeister!
Andererseits zitiert Kai Wegner auf seiner Homepage die Kanzlerin mit dem Satz: „Da muss mir der Kai Wegner noch ein wenig helfen!“ Versehen ist das Zitat nur mit einem Datum, 6.9.16, aber es gibt keinen Hinweis darauf, wobei genau denn Angela Merkel auf die Hilfe Kai Wegners gehofft hat. Es kann eigentlich nur die Verhinderung von Wolfgang Schäuble als Bundespräsident gewesen sein.
Wo sind die überzeugenden personellen Alternativen?
Machtkämpfe und Intrigen gehören zur Politik, das war immer so. Als Berlinbewohner hofft man trotzdem immer, die Probleme der Stadt könnten einer Lösung nähergebracht werden.
Entschlossenheit und Tempo sind bei SPD und CDU aber vor allem bei der kontrollierten Sprengung des eigenen Führungspersonals erkennbar. Die SPD hat ihren Regierenden Bürgermeister und den Fraktionschef mit miesen Wahlergebnissen abgestraft, nun ist die CDU auf dem parteiinternen Kriegspfad.
Aber wo sind die überzeugenden personellen Alternativen? Wo es sie gibt, etwa Franziska Giffey bei der SPD, setzen sofort Abstoßungsreaktionen ein. Und bei der größten Oppositionspartei beginnt vielleicht bald, nach den ruhmreichen Epochen Landowsky, Steffel und Henkel, die Ära von Kai Wegner.
Klar, die Stammwähler würden sicher auf einen wie Friedrich Merz abfahren. Der ist so ehrgeizig, dass er sogar eine Koalition mit den Grünen hinbekäme. Aber Merz würde sich Berlin wohl kaum antun. Und falls doch, dann würden sie ihn nicht nehmen. Das Verrückteste: Auch Grütters wollte – politischer Instinkt! – gar nicht Vorsitzende werden, sie haben sie bekniet.