Körperschaft des öffentlichen Rechts: Humanisten ziehen mit Kirchen gleich
Der Humanistische Landesverband soll nach dem Willen des Senats den gleichen Status erhalten wie Religionsgemeinschaften.
Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg (HVD) soll in Berlin als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden. Ein entsprechender Vorschlag von Kultursenator Klaus Lederer (Linke) wurde am Dienstag in den Senat eingebracht und „zustimmend zur Kenntnis genommen“, wie es in einer Senatsmitteilung hieß.
Damit würde der HVD den gleichen Status wie die Kirchen erhalten. Der Humanistische Verband hätte dann unter anderem die Möglichkeit, Steuern einzuziehen.
1999 wurde dem HVD die Anerkennung noch verwehrt
Der HVD bemüht sich seit Jahren um eine Gleichstellung mit den Kirchen. Schon 1999 hatte der Verband bei der Senatsverwaltung den Antrag gestellt – und scheiterte aufgrund zu weniger Mitglieder. Tatsächlich lag deren Zahl 1999 noch bei etwa 600. Mittlerweile zählt der Verband über 13.000 Mitglieder.
„Die Umstände haben sich maßgeblich verändert“, sagt Thomas Hummitzsch, Sprecher des HVD Berlin. „Wir gehen davon aus, dass der Antrag diesmal positiv beschieden wird.“ Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa bestätigt zwar, dass die Entscheidung noch 2017 gefällt werden soll.
Man äußere sich jedoch nicht zu laufenden Verfahren, sagt Behördensprecher Daniel Bartsch. Der HVD stellt sich derweil schon einmal auf die Anerkennung als Körperschaft ein, mit Informationsveranstaltungen für Mitglieder und Beschäftigte und einer umfangreichen Broschüre auf der Internetseite, in der über den Körperschaftsstatus informiert wird.
Der Optimismus ist berechtigt: Nach gängiger Verwaltungspraxis muss die Mitgliederzahl einer Organisation mindestens ein Tausendstel der Landesbevölkerung betragen, um als Körperschaft anerkannt zu werden. In Berlin ist diese Marke längst erreicht.
29 Körperschaften in Berlin – bislang ausschließlich Religionsgemeinschaften
Die Rechtsform der Körperschaft ist älter als die Bundesrepublik selbst. Sie verdeutlicht, dass das Verhältnis von Religion und Staat hierzulande eben nur auf einer „hinkenden Trennung“ fußt, so die verletzliche Bildsprache der Juristen.
Mit dem Körperschaftsstatus gehen zahlreiche Privilegien einher, die ansonsten dem Staat vorbehalten sind: Allen voran die Möglichkeit, Mitgliedsbeiträge in Form von Steuern einziehen zu lassen, aber auch die starke Selbstbestimmung in arbeitsrechtlichen Fragen. 29 Körperschaften des öffentlichen Rechts gibt es in Berlin – bislang ausschließlich Religionsgemeinschaften.
Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, kann man im Grundgesetz nachlesen: Dort sind weltanschauliche Organisationen den Religionen formal gleichgestellt. Diese Gleichstellung auch in der Rechtsform zu erreichen, um Religionsgemeinschaften und Staat auf Augenhöhe zu begegnen, ist der maßgebliche Beweggrund der Berliner Humanisten. In anderen Bundesländern ist die rechtliche Gleichstellung bereits Wirklichkeit.
Lebenskunde statt Religion
Dass die Angebote des Verbandes vor allem im säkularen und immer säkulareren Berlin stark nachgefragt werden, ist kaum verwunderlich. Tatsächlich ist die Bedeutung des größten aller humanistischen Landesverbände in den vergangenen Jahren enorm gestiegen: Neben dem Mitgliederzuwachs zeigt sich das etwa bei den mittlerweile über 60.000 Schülerinnen und Schülern, die in Berlin das freiwillige Schulfach „Lebenskunde“ besuchen, für das eigens Lehrerpersonal ausgebildet wird.
Auch im sozialen Bereich ist der Verband breit aufgestellt: Neben mehreren Kindertagesstätten und Sozialstationen ist der HVD mittlerweile der größte Träger von Hospizeinrichtungen im Land. An den konkreten Projekten würde sich durch die Anerkennung als Körperschaft nichts ändern, versichert Hummitzsch. Auch für die über 1200 Berliner Beschäftigten bliebe alles beim Alten.
Dass der HVD manche Privilegien, die für die Kirchen mit dem Körperschaftsstaus einhergingen, kritisch sehe, stehe nicht im Widerspruch zu dem Antrag: Man werde diejenigen Aspekte, die man bisher kritisiert habe, nicht übernehmen, etwa das konservative Arbeitsrecht. Es soll weiterhin einen Betriebsrat geben; die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter seien nicht in Gefahr.
Und die Mitgliedsbeiträge sollen auch in Zukunft über den Verband eingezogen werden - und nicht über das Finanzamt. Und auch von einem weiteren Recht will der HVD laut Hummitzsch keinen Gebrauch machen: Der Durchführung von Heiligsprechungen.
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