Stadionpläne in Berlin: Hertha will in Zukunft schöner spielen
Neubau, Umbau oder Status quo – in dieser Woche werden die Stadionpläne von Hertha BSC vorgestellt. Was spricht für welche Variante? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Saison ist gelaufen. Doch bei Hertha BSC wird es in dieser Woche trotzdem noch einmal ernst. Für Berlins Fußball-Bundesligisten geht es darum, wo er seine Heimspiele in Zukunft austragen wird. Auf der Mitgliederversammlung am Montag will die Vereinsführung über die Pläne für ein neues, reines Fußballstadion im Berliner Olympiapark informieren. Am Freitag befasst sich der Sportausschuss des Abgeordnetenhauses mit Alternativen.
Was will Hertha?
Von einem reinen Fußballstadion verspricht sich Hertha nicht nur eine bessere Stimmung im Rund, sondern auch bessere Vermarktung, etwa durch den Verkauf von Namensrechten. „Wir wollen mit den Nachteilen des Olympiastadions nicht ewig leben“, sagt Herthas Manager Michael Preetz. Deshalb favorisiert der Verein klar einen Neubau in unmittelbarer Nähe zum Olympiastadion.
Dabei würde Hertha von der erprobten Verkehrsanbindung profitieren und könnte auch die andere bestehende Infrastruktur rund um das Olympiastadion nutzen. Eine neue Arena sei aus wirtschaftlichen und atmosphärischen Gründen „unerlässlich“, sagt Preetz. Für genaue Architekturentwürfe ist es noch zu früh, es fehlt eine Grundsatzentscheidung über die Frage, ob der Senat das Grundstück für einen Neubau zur Verfügung stellt oder ob Rot-Rot-Grün nicht doch einen Umbau des Olympiastadions favorisiert.
Wie könnte ein neues Olympiastadion aussehen?
Angedacht ist, dass der Rasen abgesenkt und der Unterring umgebaut wird. Zudem wird über die Möglichkeit diskutiert, eine Laufbahn für Leichtathletik-Veranstaltungen temporär zu installieren. „Da ist eine Variante gefunden worden, die der Denkmalschutz für machbar hält“, sagte Sportsenator Andreas Geisel (SPD) im RBB. Man könne einen weiteren Boden einziehen, um wieder ein Leichtathletik-Stadion daraus zu machen. „Die normalen Leichtathletik-Veranstaltungen mit bis zu 30000 Zuschauern finden dann im Jahn-Sportpark statt“, sagte Geisel.
Wer entscheidet über das neue Stadion?
Nicht der Senat, sondern das Berliner Landesparlament. Die Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne wollen über beide Varianten ausführlich und ergebnisoffen diskutieren. Es ist damit zu rechnen, dass erst im nächsten Jahr eine endgültige Entscheidung fällt, ob das Olympiastadion umgebaut oder ein Neubau genehmigt wird. In der Koalition ist bisher noch kein Meinungstrend erkennbar, während die Oppositionsfraktionen CDU und AfD sich schon jetzt für einen Neubau stark machen. Die Freien Demokraten lehnen beide Varianten strikt ab. Das Olympiastadion solle bleiben wie es ist – und Hertha dort besseren Fußball spielen. Für diese Idee gibt es auch bei den Linken gewisse Sympathien.
Was ist ausschlaggebend?
Es geht auch um die Zukunft des kommerziellen Fußballsports in Berlin, aber im Vordergrund stehen wirtschaftliche und finanzielle Fragen. In den Koalitionsfraktionen heißt es, dass der geplante moderate Umbau des Olympiastadions nach aktuellen Schätzungen 200 Millionen Euro kosten würde. Für diese Kosten müsste der Eigentümer, also das Land Berlin allein aufkommen. Durch eine Erhöhung der Miete zulasten von Hertha BSC könnten diese Ausgaben nur sehr langfristig und wohl auch nur teilweise refinanziert werden. Ein Neubau mit einer Kapazität von 50000 Zuschauern könnte den Verein ebenfalls 200 bis 250 Millionen Euro kosten.
Wie will der Klub ein Fußballstadion ohne staatliche Hilfe finanzieren?
„Wir werden 2025 in einem reinen Fußballstadion spielen, das zu 100 Prozent privat finanziert ist“, sagte Herthas Präsident Werner Gegenbauer bereits vor einem Jahr. Für den Fall eines Neubaus müsste Hertha einen privaten Kapitalgeber finden und dem Senat eine Fertigstellungsgarantie geben, damit Berlin nicht auf einer Bauruine sitzen bleibt, sollte der Verein pleitegehen. Gepokert wird offenbar noch über die Höhe der Erbpacht, die für das Baugrundstück an der Rominter Allee ans Land Berlin gezahlt werden müsste. Hertha möchte das Grundstück nicht geschenkt bekommen. Die Erbbauzinssätze liegen in der Hauptstadt zwischen drei und 6,5 Prozent. Wahrscheinlich ist eine Kombination aus Eigen- und Fremdkapital, doch ohne den Einstieg eines weiteren Investors wird es nicht gehen. 2014 war bereits ein US-Finanzinvestor (KKR) bei Hertha eingestiegen und erwarb für 20 Millionen Euro 9,7 Prozent der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).
Was wird bei einem Neubau aus dem Olympiastadion?
Sollte der Ankermieter Hertha BSC wegfallen, ginge der landeseigenen Olympiastadion GmbH eine Jahresmiete von 5,25 Millionen Euro verloren. Der Mietvertrag endet im Juli 2025. Es wäre also Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen und andere Kunden anzulocken. Erhalten bleiben nach aktuellem Stand das DFB-Pokalfinale, das Leichtathletikmeeting Istaf und die Pyronale, Großkonzerte, internationale Sportwettbewerbe und Business-Veranstaltungen tragen zusätzlich zum Umsatz bei. Außerdem könnten besonders attraktive Hertha-Spiele, etwa gegen München oder Dortmund, weiter im Olympiastadion stattfinden.
In diesem Fall müsste die Arena aber dauerhaft fußballtauglich gehalten werden. Das kostet Geld. Außerdem will sich Hertha verpflichten, keine Veranstaltungen ins neue Stadion abzuwerben. Um zu verhindern, dass das Baudenkmal von 1936 ohne Hertha BSC in eine Sinnkrise gerät, müsste der Senat einen Masterplan für die künftige Nutzung des alten Stadions und des Olympiageländes entwickeln. Immerhin hat der Senat schon einen Sanierungsplan für das Berliner Olympiagelände ausgeschrieben, erste Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.
Was spricht noch gegen einen Neubau?
Zum einen der Denkmalschutz. Aber der neueste Entwurf des Architekturbüros Albert Speer und Partner im Auftrag von Hertha rückt die Arena hart an den Rand des Olympiaparks. Benachbarte Sportflächen bleiben erhalten, nur für die Bildungsstätte der Sportjugend müsste ein neuer Standort gefunden werden. Auch die Verkehrserschließung und deren Finanzierung muss geklärt werden. Die kopfsteingepflasterte Rominter Allee parallel zur U-Bahnstation Olympia-Stadion würde voraussichtlich erneuert und verbreitert, außerdem müsste die Hanns-BraunStraße in Stadionnähe nach Norden verschwenkt werden. Zu berücksichtigen ist auch der Lärmschutz, denn in Berlin sind für öffentliche Veranstaltungen höchstens 18 „störende Veranstaltungen pro Jahr und Ort“ zulässig. Es gibt noch Klärungsbedarf, was diese Regelung für die neue Arena bedeutet, die in Nachbarschaft zum Olympiastadion und Waldbühne liegt.