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Hohe Mauern. Um in die JVA Tegel Drogen zu schmuggeln, braucht man in der Regel die Hilfe von Justizbediensteten, ob das auch in diesem Fall zutrifft, ist unklar.
© Schöning/ IMAGO

Drogenfund in Gefängnis in Berlin: Häftling dealte mit Heroin, Schnaps und Handys

Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft haben in der Justizvollzugsanstalt Tegel einen florierenden Drogenhandel aufgedeckt. Der Tipp kam von einem Gefangenen.

Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft haben einen florierenden Handel mit Drogen, Handys und Alkohol in der Justizvollzugsanstalt Tegel beendet. Am 30. Juni wurden auf den Tipp eines Gefangenen hin in einem Arbeitsbetrieb des Gefängnisses 500 Gramm Haschisch, 70 Gramm Heroin, elf Mobiltelefone und literweise Alkohol gefunden – und zwar in der Druckerei. Die Staatsanwaltschaft bestätigte dem Tagesspiegel entsprechende Informationen von Gefangenen. Die Ermittlungen führt die Abteilung für Organisierte Kriminalität bei der Staatsanwaltschaft. Einen derart großen Fund Drogen hat es in Berlins Gefängnissen schon lange nicht mehr gegeben. Im vergangenen Jahr war ein Drogenhandel in der JVA Moabit aufgeflogen, ebenfalls organisiert von arabischen Clans. Die Menge der damals sichergestellten Drogen war allerdings wesentlich geringer als jetzt in Tegel.

Zwei Männer, die sich gegenseitig verpfiffen hätten

Tatverdächtiger im aktuellen Fall ist ein Mitglied einer arabischen Großfamilie, die seit Jahren durch eine Vielzahl von Straftaten bei der Polizei aufgefallen ist. Nasser R. sitzt nach Angaben der Justiz derzeit in Tegel eine Haftstrafe von mehr als vier Jahren wegen Drogenhandels ab. Am Mittwoch wurden die Zellen des Hinweisgebers und des Tatverdächtigen durchsucht. Offen blieb, ob dabei weitere Schmuggelware sichergestellt wurde. Der Hinweisgeber soll wegen Diebstahls einsitzen.

Ein Gefangener hatte den Tagesspiegel bereits in der vergangenen Woche über den Drogenfund informiert und berichtet, dass die beiden Männer „sich gegenseitig verpfiffen hätten“. Dafür spricht, dass beide Zellen durchsucht wurden. Auf Bitten der Staatsanwaltschaft hat der Tagesspiegel wegen der laufenden Ermittlungen zunächst nicht berichtet. „Die Menge Drogen ist wirklich ganz ordentlich“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Er erklärte, Drogen, Alkohol und Telefone habe ein Handwerker in die JVA geschmuggelt.

Eine Justizangestellte soll beteiligt gewesen sein

Unklar ist, ob auch Justizbedienstete in den Handel eingebunden waren oder davon wussten. Der Tagesspiegel-Informant hatte berichtet, dass eine Justizangestellte beteiligt gewesen und mittlerweile suspendiert worden sei. Dies dementierte die Anstaltsleitung. Bei der Staatsanwaltschaft hieß es allerdings, dass eine „Vollzugshelferin“ in den Handel eingebunden gewesen sei. Unklar blieb, seit wann die Beteiligten Drogen in die Anstalt schmuggelten.

Bei der Staatsanwaltschaft hieß es am Mittwoch, der Fall sei „unübersichtlich“. So sei am 26. Juni in Neukölln ein Karton mit Drogen sichergestellt worden, offenbar durch Zufall: Die Polizei war wegen eines Streits gerufen worden, auf der Straße fanden die Beamten den Karton und stellten ihn sicher. In den Streit sei eine Frau des R.-Clans verwickelt gewesen. Erst nachträglich sei im Zuge der Ermittlungen klar geworden, dass auch dieser Karton in die JVA geliefert werden sollte.

Der im März 2014 aufgedeckte Schmuggel in Moabit war bereits vor Gericht. Im Dezember war der Chef der Schmuggler, Veysel K., zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden wegen bandenmäßigen Handels mit Drogen. Nur durch eine „erhebliche Lücke im Sicherheitssystem“ sei der Schmuggel hinter Gitter möglich gewesen, befand das Gericht damals. Die Waren – von Haschisch bis Parfüm – kamen über den Einkaufsservice in die Anstalt. J

In Tegel wurden in den vergangenen Jahren zwar immer wieder Drogen gefunden, die von Bediensteten oder Handwerkern in die Anstalt gebracht wurden, die Menge war aber stets weit geringer als im aktuellen Fall. Obwohl Drogen und Alkohol hinter Gittern eigentlich tabu sind, ist eine größere Zahl von Gefangenen, gerade bei denjenigen mit langen Haftstrafen, alkohol- oder drogenabhängig.

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