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Unendliche Vorfreude. Manche Gutscheine halten ewig.
© Kitty Kleist-Heinrich

Geschenke unterm Weihnachtsbaum: Gutschein - und schließlich nüschte

Ob aufwendig gebastelt oder in der Not verschenkt – Gutscheine bleiben oft uneingelöst. Unsere Autoren erzählen, welche sie noch in der Schublade haben.

Die Unvollendete

Selbst gebastelte Postkarten mit Motiven aus London, Prag, Budapest und Barcelona, dazu kleine Briefmarken, die Bilder unserer Beziehung zeigten und Texte, die von den Erlebnissen erzählten, die uns bevorstehen sollten. Bummeln hier, Wellness da, lange Partynächte dort und Entspannungstage am Meer. Mein Ex-Freund hatte sich durchaus was einfallen lassen, als er mir vor einigen Jahren einen Gutschein für einen Europatrip in Form von Postkarten aus der Zukunft schenkte.

Die knallbunte Fahrradhose, die ich ihm passend zu den Farben seines neuen Mountainbikes gekauft hatte, wirkte mit jedem beschriebenen Abenteuer zunehmend blasser. Erlebt haben wir das Ganze allerdings nie. Scheitert eine Beziehung, verliert auch jeder Gutschein seine Gültigkeit. Die Hose hingegen trägt er noch heute. Ann-Kathrin Hipp

Der Verträumte

Der letzten Geburtstag, den ich ordentlich feierte, liegt fast 20 Jahre zurück: Die Kneipe war rappelvoll mit Freunden, das Bier ging auf meine Rechnung, das hatte sich wohl rumgesprochen. Ich erwartete kein Ständchen und keine Geschenke – so wie das damals üblich war. Umso überraschter war ich, als ein großer, bunt bemalter Umzugskarton feierlich in den Raum geschleppt wurde. Ich vermutete weitere Kisten in der Kiste nach dem russischen Matrjoschka-Prinzip – große Geste und am Ende was vom Späti, hab ich auch oft so gemacht.

Aber als ich die Geschenkschleife öffnete, klappte der Karton nach allen Seiten auf und offenbarte die Miniatur einer Stadt: gemalte Straßen und Kreuzungen, aufgeklebte Spielzeugautos und Männchen vor Papp-Hochhäusern – New York in klein, liebevoll bis in kleinste Details. Ich war baff und freute mich, dass mein loser Haufen sich so viel Mühe für mich gemacht hatte. Irgendjemand meinte dann, dass die Stadt im Karton nicht das Geschenk, sondern ein Gutschein sei für eine Reise nach New York.

Mir wurde ganz anders: New York – Sehnsuchtsort. Und nun mir von meinen Freunden zu Füßen gelegt. Ein Traum! Die Kiste ging später bei einem Umzug verloren. Den Gutschein für die Reise hab ich nie eingelöst. Das Geschenk war die Geste, mehr wäre zu viel des Guten gewesen. Kai Röger

Der Ewige

Ich hatte diese blöde Krankheit vor fünf Jahren und in dieser Zeit Geburtstag. Da wollte meine Frau mir was Gutes tun und hat mir den Gutschein geschenkt – ein Wellnesstag zu zweit (mit ihr!) in einem Tempel meiner Wahl – wenn ich wieder gesund bin. Jetzt bin ich schon sehr lange wieder gesund und dieser Gutschein hängt immer noch an meiner Pinnwand, direkt vor meinen Augen in meinem Arbeitszimmer.

Er wird vergessen oder aber – wenn er mir doch vor Augen ist, weil ich mal wieder so rumdöse vor der Wand – es passt meiner Frau gerade nicht. Oder mir. Oder wir wollen gerade in den Urlaub. Oder müssen auf die Enkel aufpassen … Und so wird dieser liebevoll gemalte und beschriftete Zettel wohl ein ständiger Begleiter unserer Beziehung bleiben. Detlev Jackschenties

Die Geschlossene

Sie können etwas Wunderbares oder aber auch ein Fluch sein. Bekommt man von Freunden, Kindern oder Enkeln einen Gutschein für einen ganz besonderen Tag, dann versteckt sich dahinter eigentlich immer ein tolles Geschenk. Gutscheine für Konzert- oder Theaterkarten werden gern genommen und auch gern verschenkt. Ebenso wie schnöder Mammon als Plastikkarte des jeweiligen Händlers ja auch salonfähig geworden ist. Manchmal kommen Gutscheine aber als Verlegenheitsgeschenk oder gar als Notlösung daher. Irgendwie spürt man das und schneller als gedacht werden Gutscheine zum Wanderpokal.

Wer muss als Nächster beschenkt werden? Och, das passt schon! Das Problem mit Gutscheinen ist nur, dass sie oft auch einfach vergessen werden: Wir hatten mal welche für ein absolut angesagtes Restaurant in der Potsdamer Innenstadt. Als wir uns dann nach Monaten daran erinnerten, gab es die Lokalität leider nicht mehr. Seit diesem Zwischenfall gibt es bei uns eine nicht zu übersehende Hülle, in der alle Gutscheine gesammelt werden und im Kalender den regelmäßigen Vermerk: Gutscheine kontrollieren! Petra Richter

Die Halbe

Das Päckchen unterm Christbaum an einem Heiligabend, der geschenketechnisch eher ein Griff ins Klo war, ließ doch noch Hoffnung aufkeimen. Die Verpackung: aufwendig, ja, geschmackvoll. Eine hübsche, flache Schachtel, gebettet in purpurroten Samt mit goldener Schleife. Von der Hülle befreit, offenbarte sie durch einen Aufdruck ihr Geheimnis, noch ehe ich den Deckel lüpfen musste: ein Gutschein für einen Abend an der Staatsoper Unter den Linden. Mein Herz hüpfte, die Festtagslaune war gerettet.

Die Gutschein-Schachtel liegt heute, ein Jahr später, noch immer im Schrank. Der Grund: Ich hatte gleich im neuen Jahr eine Vorstellung ausgesucht und Tickets für zwei reservieren lassen wollen. Der Gutschein aber war nur für EIN Ticket. Für einen Besuch ohne Begleitperson. Für einen Abend allein. Der Schenker, gut situiert, hatte entweder rechtzeitig zu Weihnachten den Geiz entdeckt. Oder er wollte mir – Wink mit dem Zaunpfahl – die Wahl der Begleitung abnehmen. Also, lieber Weihnachtsmann, so geht das nun wirklich nicht! Susanne Leimstoll

Ein Tag, der nie kam - und was bei Gutscheinen zu beachten ist

Unendliche Vorfreude. Manche Gutscheine halten ewig.
Unendliche Vorfreude. Manche Gutscheine halten ewig.
© Kitty Kleist-Heinrich

Die Verpasste

Der Mann fährt Ski wie ein junger Gott, außerdem macht er gerne Ausflüge ins Umland. Ich wiederum schenke gern Dinge, die sich verbrauchen, weil ich es hasse, wenn überall was herumsteht. Was also lag näher, als ihm zum Geburtstag im Mai einen Gutschein für Wasserski- und Wakeboardfahren zu schenken? Dachte ich jedenfalls. Und machte einen Fehler, aus dem ich gelernt habe.

Ich kaufte einen Gutschein, bezahlte ihn also. Der Mann stellte sich schlauer an. Wann immer er mir einen Gutschein schenkte, war dieser selbst gemalt. „Frühstück ans Bett in Kopenhagen“ etwa, eine „Städtetour nach Breslau“ und sogar „ein neues Fahrrad“ sollte ich bekommen.

Und was war schließlich? Nüschte. Ich habe nie was eingelöst und ihm damit eine Menge Geld gespart. Selbst schuld! Der Mann ist mittlerweile weg, mein bezahlter Gutschein für ihn aber, der muss hier noch irgendwo herumliegen. Vielleicht kann der Sohn ihn eines Tages einlösen. Fatina Keilani

Die Unentschlossene

Bücher, Filme, Musik, Blumen, Theater, Kleidung vom gehobenen Schweden, ein Tag auf einem Reiterhof in Brandenburg – wenn mir alle Jubeljahre die Kiste mit den ungenutzten Gutscheinen in die Hände fällt, blitzt mir eine ganze Welt aus lauter tollen Dingen und Möglichkeiten entgegen. Allein für den Stapel Parfümerie-Gutscheine würde ich zehn Fläschchen feinstes französisches Duftwasser bekommen.

Würde, hätte, könnte. Natürlich habe ich mir in den letzten paar Jahren Bücher und Kleidung gekauft, bin ins Theater gegangen, ich war sogar mal wieder reiten und überrasche mich selbst mit Blumen. Aber eben ohne Gutschein. Denn das setzt mich unter Druck: Die finanzielle Vorleistung, die jemand anderes (offensichtlich unter Zeitdruck und mangels anderer Ideen) erbracht hat, kann ich nicht einfach verschleudern für den erstbesten Bildband, den ich nie wieder anschaue, oder für ein Theaterstück, das auch nur die kleinste Möglichkeit birgt, mich zu langweilen. Die Auswahl muss wohlüberlegt sein. Und die Kiste mit den Gutscheinen wird immer voller. Angie Pohlers

Die Uneinlösbare

Woher ich die Idee hatte, weiß ich nicht mehr. Es ist auch nicht so, dass meine Eltern mir und meinem Bruder immer alles verboten hätten – eher im Gegenteil habe ich rückblickend den Eindruck, dass sie das Verhältnis zwischen Regeln und Remmidemmi ziemlich gut getroffen haben. Und trotzdem schrieb ich, damals etwa acht Jahre alt, diesen Wunsch auf meine Weihnachtsliste: „Ein Tag, an dem ich machen kann, was ich will“.

Kann man ja mal versuchen. Ich weiß noch, dass ich im allgemeinen Weihnachtstaumel den Wunsch schon wieder vergessen hatte, als mein Vater ganz zum Schluss (diesen Coup wendet er, breit grinsend, heute noch gern an) eine kleine weiße Streichholzschachtel aus der Hosentasche zog. „Für Dich!“ stand darauf, darin ein kleiner Zettel, zugeklebt mit einem goldenen Stern, darauf die Worte, liebevoll gemalt von meiner Mutter: „Gutschein für: einen Tag, an dem Du alles machen kannst, was Du willst.“

Ich konnte es nicht glauben. Wochenlang überlegte ich, was ich mit der geschenkten Freiheit anfangen sollte. Die eigentliche Größe des Geschenkes habe ich erst Jahre später richtig begriffen: Meine Eltern schenkten mir das Vertrauen, mit den unendlichen Möglichkeiten umzugehen zu können. Ich habe sie nicht enttäuscht. Denn eingelöst habe ich den Gutschein nie. Anke Myrrhe

Der Berechnende

Die Liebe, sie war erloschen – das wusste ich, das wusste sie. Aber Schlussmachen kurz vor Weihnachten? Tränen, Vorwürfe und böse Worte während des Fests der Liebe? Bloß nicht! Stillschweigend einigten wir uns stattdessen darauf, die Affäre vorerst weiterlaufen zu lassen. Und weil es fortan galt, den schönen Schein zu wahren, musste natürlich auch ein Geschenk her.

Bei der Suche danach meldete sich dann aber meine kostenoptimierende, neoliberale Seele zu Wort. Wenn die Affäre in wenigen Wochen Geschichte wäre, so rechnete ich mir aus, würde ich ein allzu hohes Investment bitter bereuen. Allerdings: Würde ich gänzlich ohne Präsent unterm Tannenbaum auftauchen, hielte sie mich für einen herzlosen, geizigen Neoliberalen. Auch keine Option.

Der Ausweg aus diesem Dilemma? Ein Gutschein, natürlich. Genauer noch: ein Gutschein für eine gemeinsame Urlaubsreise nach Tel Aviv (die ich hoffte, niemals antreten zu müssen). Mein Plan wurde gleichwohl durchschaut, „dasjanett“, nuschelte die (fast) Verflossene nach Öffnen des Umschlags und wandte sich alsbald wieder dem Weihnachtspunsch und den Keksen zu. In die israelische Küstenstadt ist die Dame dann übrigens doch noch gereist – zwei Jahre später mit ihrem neuen Freund. JCB

Was bei Gutscheinen zu beachten ist

Wie lange gilt der Gutschein? Wer einen Gutschein geschenkt bekommt, sollte ihn nicht ewig in der Schublade liegen lassen. Denn nach drei Jahren wird das Geschenk wertlos, dann ist der Anspruch verjährt. Maßgeblich ist das Jahr, in dem der Gutschein gekauft worden ist. Ein im Juli oder November 2017 gekaufter Gutschein muss bis zum 31. Dezember 2020 eingelöst sein. Zulässig sind allerdings auch kürzere Fristen, allerdings dürfen auch diese nicht zu knapp bemessen sein. Ein Gutschein über eine Kosmetikbehandlung oder eine Stadtrundfahrt können beispielsweise auf ein Jahr befristet sein. Und wer einen Gutschein für ein bestimmtes Event bekommt, etwa ein Theaterstück, muss ihn während der Spielzeit nutzen und kann ihn nicht aufheben.

Geld statt Gutschein? Nicht jedes Geschenk gefällt: Wer sich seinen Gutschein lieber auszahlen lassen will, braucht aber Verhandlungsgeschick. Denn der Verkäufer ist dazu nicht verpflichtet. Einfacher ist es, wenn man seinen Geschenkgutschein nicht auf einen Schlag, sondern Stück für Stück einlösen möchte, etwa bei Kinotickets. Entsteht dem Händler kein Verlust und ist das für ihn technisch machbar, dürfte dem nichts entgegenstehen.

Und wenn der Laden pleite ist? Dann hat man leider Pech gehabt. Statt der Ware oder der Dienstleistung hat man dann nur noch einen Anspruch gegen den Insolvenzverwalter. Und der ist deutlich weniger, manchmal sogar gar nichts wert. hej

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