Eigentümer-Anwalt kündigt Prüfung an: Gutachter und Vertreter des Besitzers sollen „Rigaer94“ bis März betreten
In der Rigaer Straße erhöht der Eigentümer den Druck auf Bewohner und Polizei: Spätestens bis Mitte März soll das Haus unter Polizeischutz betreten werden.
Nach Gerichtsentscheidungen zu dem teilweise von Linksradikalen besetzten Haus in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain erhöht der Eigentümer den Druck auf Bewohner und Polizei.
Spätestens bis Mitte März sollen ein Brandschutz-Gutachter und ein Vertreter des Besitzers unter Polizeischutz das bislang meist verbarrikadierte Haus „Rigaer 94“ betreten und ausführlich untersuchen, kündigte der Anwalt des Eigentümers, Alexander von Aretin, der Deutschen Presse-Agentur an. Der Polizei könnte damit erneut ein Großeinsatz bevorstehen.
Die Rigaer Straße 94 ist eines der letzten zum Teil besetzten Häuser in Berlin und für die linksextreme Szene ein Symbol. Nach Angriffen auf Polizisten ziehen sich Gewalttäter immer wieder in das Haus zurück.
Senat und Polizei griffen lange nicht ein und argumentierten, verdächtige Bewohner könnten nicht ermittelt werden und der Hausbesitzer sei nicht bekannt. Im Oktober war nach einem ausgelaufenen Mietvertrag und mehreren Prozessen das besetzte Haus „Liebig 34“ in der Nachbarschaft geräumt worden.
Der Prüftermin müsse nun „zügig“ zusammen mit Polizei und Bauaufsicht des Bezirks festgelegt und vorbereitet werden, sagte Aretin. Der Sachverständige müsse den gesamten Gebäudekomplex mit Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus auf mögliche Brandgefahr untersuchen. „Dabei geht es unter anderem um die Feststellung möglicher illegaler Wanddurchbrüche, Falltüren, Sicherheitstore, Brandbeschleuniger, fehlerhaft verlegter Elektroleitungen. Das könnte aufwendiger werden und einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Den Termin werde man dann den Bewohnern mitteilen.
Gerichtsbeschluss: Polizei muss Sachverständigen beim Betreten des Hauses schützen
Die Polizei wurde vergangene Woche per Gerichtsbeschluss dazu verpflichtet, einen Brandschutz-Sachverständigen beim Betreten des bekannten Symbolprojekts der linksradikalen Szene zu schützen. Das Verwaltungsgericht stellte fest, das Betreten des Gebäudes sei sonst zu gefährlich. In der Vergangenheit seien dort ein Hausverwalter und ein Rechtsanwalt angegriffen wurden.
Die Polizei hatte den Schutz zuvor abgelehnt, weil die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt seien. Diese Einschätzung wies das Gericht zurück. Der Besitzer will sich nach Darstellung des Anwalts aus Angst vor Angriffen durch Linksextremisten nicht zu erkennen geben, sondern agiert über eine britische Firma.
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Angehörige der linksradikalen Szene kündigten bereits „Widerstand auf der Straße“ gegen ein Betreten des Hauses an. Der „Tag X“ sei jederzeit zu erwarten. „Auf dass sich die Bullen an unseren Trümmern verschlucken.“
Aretin sagte dazu: „Wir wissen nicht, inwieweit sich der angekündigte Widerstand der Besetzer tatsächlich formiert. Diese Beurteilung obliegt der Polizei.“ Klar sei aber nun, dass die Polizei zur dringenden Gefahrenabwehr handeln müsse. Ohne Polizeischutz sei der von der Bauaufsicht verlangten Prüftermin nicht möglich.
„Das Haus ist teilbesetzt, wir wissen nicht, wer sich in den meisten Räumen aufhält“
Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte bereits erklärt, man werde sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen. Sollten die Unterstützer der Bewohner und Besetzer tatsächlich zu massiven Widerstand und Blockadeaktionen aufrufen, müsste die Polizei unter Umständen wieder einen tagelangen Großeinsatz planen.
Mit dem Brandschutz-Gutachten ist das Thema aus Sicht des Eigentümers noch lange nicht abgeschlossen. Mögliche Verstöße gegen den Brandschutz müssten von Handwerkern behoben werden, sagte Aretin. „Das Haus ist teilbesetzt, wir wissen nicht, wer sich in den meisten Räumen aufhält. In einigen wird eine illegale Kneipe betrieben. Gegen den wahrscheinlichen Betreiber dieser Kneipe „Kadterschmiede“ läuft aktuell eine Räumungsklage.“ Der Eigentümer biete weiterhin ein Konzept mit sozialverträglichen Mietverträgen an. (dpa)