Berliner Flughafen Tegel: Gutachter des Senats: TXL muss schließen
Sechs Monate nach BER-Eröffnung kommt das Ende für den alten Flughafen. Der frühere Bundesrichter Paetow bestätigt die Auffassung der Landesregierung - mit einer Einschränkung.
- Ronja Ringelstein
- Thorsten Metzner
Der Berliner Senat darf nach geltender Rechtslage keine Maßnahmen ergreifen, um den Volksentscheid Tegel umzusetzen. Zu diesem Schluss kommt der vom Senat im Oktober als neutraler Gutachter beauftragte Stefan Paetow. Seinen 72 Seiten umfassenden Bericht stellte der ehemalige Richter am Bundesverwaltungsgericht am Dienstag dem Senat vor - das Gutachten können Sie hier als PDF herunterladen.
An die gesetzliche Vorgabe, Tegel nach Inbetriebnahme des BER zu schließen, seien alle Gesellschafter der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) wie auch die Firma selbst gebunden, solange diese Gesetzeslage nicht im Einvernehmen aller Gesellschafter geändert worden ist. Das ist bisher nicht der Fall, weder Brandenburg noch der Bund sind dazu bereit. Und selbst wenn sich die Haltung der Miteigner ändern sollte, könnte Tegel dem Gutachten zufolge nur dann offen bleiben, wenn nachgewiesen wäre, dass der BER seine Funktion als einziger internationaler Verkehrsflughafen in der Region auf Dauer nicht erfüllen könnte. Das wäre aber nur der Fall, wenn „anders als bisher angenommen der künftige BER bereits bei Inbetriebnahme oder kurze Zeit später an Kapazitätsgrenzen stößt“ oder wenn Erweiterungen diese Kapazitätsengpässe nicht beseitigen könnten.
Bestünden hingegen nach Eröffnung des BER und in den Folgejahren keine oder keine gravierenden Engpässe, wäre nach Ansicht des Juristen eine Änderung des Landesentwicklungsplans rechtswidrig. Eine Offenhaltung Tegels würde zwar nicht den Planfeststellungsbeschluss für den BER ernsthaft gefährden, aber ein neues Planfeststellungsverfahren für Tegel nötig machen. Damit wäre ein nahtloser Fortbetrieb des City-Airports ausgeschlossen. Berlin könnte zwar, um eine Umsetzung des Volksentscheids zu versuchen, den gemeinsamen Landesentwicklungsplan einseitig kündigen. Allerdings würde dies laut Paetow erst frühestens zum 1. Januar 2022 wirksam. Da der BER nach derzeitigem Stand im Oktober 2020 eröffnen soll, Tegel nach derzeitiger Rechtslage sechs Monate später schließen muss, wäre das zu spät. Paetow erwartet außerdem Klagen von betroffenen Personen, Gemeinden und Umweltvereinen, die jahrelange Verzögerungen mit sich bringen dürften.
Der rot-rot-grüne Berliner Senat ist mit dem Gutachten zufrieden, da es seine Linie bestätigt. Die Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus haben nun bis Ende Februar Zeit zur Stellungnahme, dann wird der Senat seinen endgültigen Beschluss zum Umgang mit dem Volksentscheid fassen. Brandenburg als zweiter BER-Haupteigner ist vom Ergebnis nicht überrascht. „Es bestätigt unsere Rechtsauffassung“, sagte Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider, zugleich Chef des FBB-Aufsichtsrates. Der Flughafen Tegel müsse mit der BER-Eröffnung geschlossen werden: „Umso wichtiger ist es, dass man sich vollumfänglich auf die Eröffnung des BER konzentriert.“
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