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Der 44-jährige Angeklagte im Gerichtssaal.
© Paul Zinken/dpa

Prozess um vermisste Georgine Krüger: Gutachter: Der mutmaßliche Mörder ist voll schuldfähig

Im Mordprozess um die verschwundene Georgine Krüger spricht der psychiatrische Gutachter über den Angeklagten. Und ein Urteilstermin ist in Sicht.

Viel hat er geredet, der Angeklagte. Nicht in dem seit rund fünf Monaten laufenden Prozess, doch gegenüber Ermittlern sowie einem forensisch-psychiatrischen Gutachter. Ali K., der mutmaßliche Mörder der vor mehr als 13 Jahren vermissten Schülerin Georgine Krüger, bestritt damals, etwas mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun zu haben. Mit Erklärungsversuchen, die zum Teil an den Haaren herbeigezogen schienen.

Nach einem fünfmonatigen Prozess zeichnet sich nun ein Ende ab. Der Gutachter erklärte am Freitag vor dem Landgericht, sollte der Familienvater Ali K. die Tat begangen haben, sei von der vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten auszugehen. Die damals 14-jährige Georgine verschwand am 25. September 2006. Es geschah gegen 14 Uhr. Sie kam aus der Schule und stieg aus dem Bus. Etwa 200 Meter waren es bis zu ihrem Wohnhaus in Moabit, wo ihre Großmutter mit dem Essen auf sie wartete. Das Mädchen kam dort nie an.

Geständnis gegenüber verdecktem Ermittler

Ende 2018 wurde K. als mutmaßlicher Täter verhaftet. Der dreifache Vater soll das Mädchen aus der Nachbarschaft abgepasst, in seinen Keller gelockt, niedergeschlagen und vergewaltigt haben. Aus Angst vor Entdeckung soll er die Schülerin erwürgt haben. Die Tat habe er einem von drei ab 2017 auf ihn angesetzten verdeckten Ermittler gestanden. Das Mädchen sei wie ein Mannequin gewesen, soll er damals berichtet haben. Er habe sie in seinen Keller gelockt mit der Frage, ob sie ihm beim Tragen von Tüten helfen könne. Er habe sie dann angegriffen und später die Leiche in einen Müllcontainer im Hof geworfen.

Als er verhaftet wurde, bestritt der Deutsche mit türkischen Wurzeln alles. Nach der Befragung von 60 Zeugen kam nun der Gutachter zu Wort. Wenn Ali K. der Täter war – was könnte ihn getrieben haben? In drei Gesprächen äußerte sich der 44-jährige K. gegenüber dem Sachverständigen. Er sprach über seine Familie und darüber, dass er wegen Rückenproblemen nicht in der Lage sei, schwer zu tragen. „Mit 25 Jahren hat er seine berufliche Tätigkeit eingestellt und lebt von Sozialhilfe“, so der Gutachter. Psychisch krank sei er nie gewesen, habe kein Problem mit Alkohol oder Rauschgift.

Mögliche Erklärungen: Pädophilie oder skrupelloser Gewalttäter

Zwei mögliche Erklärungsansätze für ein solches Verbrechen nannte der Gutachter: Es könne die Tat eines pädophilen oder die eines dissozialen Gewalttätertyps gewesen sei. Hinweise auf eine pädophile Störung habe er bei K. allerdings nicht erkennen können. Wenn es der Angeklagte war, könnte es eine Tat gewesen sein, um „Dominanz, Macht auszuleben bis hin zur Tötung des Opfers“. Ein solcher Täter habe keine Gewissensbisse. Es gehe ihm „um Bewunderung, die er sonst nicht erhält“.

Der Psychiater geht in seiner Hypothese davon aus, dass es einerseits um Sexualität gegangen sei, im Vordergrund allerdings „das Heraustreten aus dem Schatten des armen Würstchens“ gestanden haben. Ist dies die schwarze Seite in der Seele von Ali K.? Erst 2016 war K. im Fall Georgine unter Verdacht geraten.

Detailliert soll er die Tötung geschildert haben

Eine Verurteilung wegen sexueller Nötigung einer Jugendlichen in einem Keller sowie Hinweise darauf, dass er sich seit Jahren immer wieder Mädchen genähert habe, brachten die Ermittler auf seine Spur. Ab Frühjahr 2017 wurden verdeckte Ermittler auf K. angesetzt. Erst „Hakan“ und „Susann“, dann „Kara“. Sie verbrachten viel Zeit mit Ali K., auch von gemeinsamen Bordellbesuchen der Männer war die Rede. Schließlich habe „Kara“ erklärt, er suche einen Killer für seine Freundin und biete 150.000 Euro Lohn. Ali K. berichtete „Kara“ von einem Mädchen, dass er in seinem Keller „erledigt“ habe. Detailliert soll er die Tötung geschildert haben.

Bei der Polizei sagte K. später, ein Lockvogel habe ihn reingelegt. Er habe die Tat aber nicht begangen. Er habe Geld von „Kara“ nehmen und ihn anzeigen wollen. Vier weitere Prozesstage sind geplant. Nach bisherigen Planungen könnte am 15. Januar das Urteil gesprochen werden.

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