Historiker entsetzt über Verlust in Pankow: Großes Stück Berliner Mauer für neue Wohnungen abgerissen
Eines der größten erhaltenen Mauerstücke in Berlin ist einfach abgerissen worden. Trotz seiner Bedeutung stand es nicht unter Denkmalschutz.
Quasi über Nacht ist ein wertvolles Stück Berliner Mauer abgerissen worden. Gut 60 Meter in Pankow sind seit wenigen Tagen verschwunden, an der Ecke Dolomitenstraße Ecke Maximilianstraße. Sie waren Teil der originalen Hinterlandmauer der DDR, die dort ursprünglich mehrere hundert Meter entlang der Bahnstrecke Berlin-Stettin verlief. Die Mauer stand auf einem Grundstück am Bahndamm, das inzwischen komplett abgeräumt wurde. Es gehört einer Genossenschaft, die hier den Bau neuer Wohnungen plant.
Historiker zeigen sich entsetzt über den Abriss. Die Stiftung Berliner Mauer sei darüber nicht informiert worden, erklärt Stiftungskurator Manfred Wichmann: "Der Teilabriss des durchgängigen Stücks Hinterlandmauer an der Dolomitenstraße ist ein deutlicher Verlust originaler Mauerreste." Wichmann hatte just jenes Teilstück gemeinsam mit dem Historiker Sören Marotz vom DDR-Museum noch im vergangenen Herbst zum 30. Jahrestags des Mauerfalls der Öffentlichkeit vorgestellt und dessen Bedeutung betont.
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Die Hinterlandmauer mitten im Wohngebiet war für die beiden Historiker ein wichtiges Relikt. "Das Stück gehörte zur sogenannten Vorfeldsicherung des Grenzstreifens und zeigte damit - als steinernes Zeugnis -, wie tief das Grenzregime der DDR in das Alltagseben der Menschen in Ost-Berlin eingriff", sagt Wichmann.
Dennoch stand das Stück an der Dolomitenstraße wie fast alle Mauerreste abseits des Stadtzentrums nicht unter Denkmalschutz. Obwohl es mit 60 Metern Länge eines der größten zusammenhängenden originalen Mauerteile darstellte, war es nur Eingeweihten und Anwohnern bekannt. Die 3,40 Meter hohe Betonwand stand im letzten Zipfel einer zugewucherten Grünfläche und wurde aufgrund der geschützten Lage von Sprayern gern genutzt.
Noch etwa 2000 bis 2500 Meter Original-Mauer existieren laut Wichmann in Berlin - je nachdem, ob man zum Beispiel Metallzäune mit dazu zählt. Die großen Teilstücke an der East Side Gallery, der Niederkirchnerstraße und der Bernauer Straße machen mehr als vier Fünftel davon aus. Bleiben also noch knapp 500 Meter im restlichen Stadtgebiet. "Die verschwinden mehr und mehr", bedauert Wichmann. 60 weitere Meter sind nun unwiederbringlich verloren.
Nur ein klitzekleines Segment der Absperrung mit vier Mauerteilen an der Ecke Maximilianstraße steht noch. "Umso wichtiger ist es jetzt, wenigstens die noch verbliebenen Teile von etwa 10 Meter Länge an der Straßenseite zu bewahren, indem sie unter Denkmalschutz gestellt werden", fordert Wichmann. Dafür wolle er sich gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt einsetzen.