Firma Grün Berlin: Geschäftsmodell: Berlin grün machen
Von der Internationalen Gartenschau über Schloss Biesdorf bis zu den Yorck-Brücken: Um alles kümmert sich eine landeseigene Firma, die 1985 in Britz einen ihrer ersten Erfolge hatte.
Nun auch noch Schloss Biesdorf. Das 1868 erbaute Schmuckkästchen mit der spätklassizistischen Turmvilla wurde jetzt vom Bezirk Marzahn-Hellersdorf in die Obhut der Firma Grün Berlin gegeben. Das Unternehmen soll das Schloss als Kunst- und Kulturort betreiben und im September mit einem neuen Konzept und einer zündenden Idee eröffnen: Unter anderem sollen im Schloss, den ein Park mit Freilichtbühne umgibt, Bilder von DDR-Künstlern aus dem reichen Bestand von Schloss Beeskow gezeigt werden. Das wäre zweifellos ein Magnet, denn wo in Berlin bekommt man einen Eindruck von Kunst aus einem verblichenen Land, dessen Künstler beileibe nicht nur „Staatskunst“ gemacht haben?
In Marzahn ist man jedenfalls frohen Mutes, dass die Zusammenarbeit auch hier, am einstigen Wohnschloss der Familie Siemens, so gut funktioniert wie an einem anderen, ungleich größeren Projekt im Neubau-Bezirk: Die „Gärten der Welt“ sind ein Aushängeschild, sie werden erweitert und in der Fläche fast verdoppelt. Frank Petersen vom Bezirksamt: „Bei Grün Berlin wissen wir die Planungen für die IGA 2017 in den besten Händen“.
Grün Berlin war keine Partei, als es 1985 in Britz die urbane Bühne der Stadt betrat. Das landeseigene Unternehmen war für den Betrieb und die Wartung der großen Parks verantwortlich. Hendrik Gottfriedsen und seine Truppe residierten nahe dem Lehrter Bahnhof. Als der Hauptbahnhof gebaut wurde, musste das Haus weichen.
Firmensitz mit Blick aufs Tempelhofer Feld
Seit 1992 ist Grün Berlin ein hundertprozentiges Landesunternehmen für die Freiraumgestaltung und Parkbewirtschaftung. Heute sitzt es am Columbiadamm im Turm 7, von dem man aufs Tempelhofer Flugfeld blickt. Die Grün-Berliner haben also stets eines ihrer Pflegekinder vor Augen: die Freifläche, auf der einst die amerikanischen Rosinenbomber zur Versorgung West-Berlins landeten. Früher lag der Schwerpunkt auf repräsentativen Projekten. Neben den Gärten der Welt in Marzahn entstanden innerstädtische Anlagen: Lustgarten, Mauerpark, Leipziger Platz, Moabiter Werder.
In letzter Zeit kamen neue, große Projekte hinzu: Grün ist für neun Berliner Parks mit 800 Hektar Fläche zuständig, dazu für die Pflege der sowjetischen Ehrenmale, von Teilen des Mauerwegs, die Naturparks Schöneberg und Gleisdreieck, der Botanische Volkspark in Pankow, der IGA-Kienbergpark im Wuhletal.
Auch Demontage und Sanierung der Yorck-Brücken sind im Programm. Aus dem einst kleinen grünen Berliner Pflänzchen ist ein ziemlich starkes Exemplar mit vielen Ästen geworden. 2008 hatte das Unternehmen 35 Mitarbeiter, heute sind es 110 mit einem Umsatz-Volumen von zirka 50 Millionen Euro. Grün Berlin hat mittlerweile mehrere „Töchter“, sie alle sind Auftraggeber für unterschiedlichste Dienstleister und Firmen mit nahezu 500 Arbeitskräften – ein interdisziplinäres Team mit Gartengestaltern, Bauleuten, Architekten, Raumplanern, Veranstaltungsmanagern und Marketingexperten. Grün ist wie die BVG ein städtischer Betrieb, für den im Haushalt 2016 über 20 Millionen Euro Landesmittel eingestellt sind.
Die drei "K" von Berlin: Kreativität, Kunst, Kultur
An der Spitze steht eine Art Halb-Berliner: Christoph Schmidt wurde 1968 in Cloppenburg geboren, studierte Landschaftsplanung an der TU Berlin und Projektmanagement an der Bauhaus-Akademie in Weimar. Von 2003 bis 2008 baute er als Projektmanager bei der Hafen-City Hamburg mit, ihm oblag die Gesamtverantwortung über Planung, Entwicklung und Realisierung der Freiräume der Hafenstadt. 2008 kam er als Geschäftsführer zur Grün Berlin GmbH. Hat er ein Lieblingskind? Nein, alle sind ihm gleich lieb, „weil alle für diese Stadt wichtig sind“. Der Ober-Grüne plädiert für mehr öffentliche Freiräume und sagt: „Berlin definiert sich stark über die drei großen K: Kreativität, Kunst, Kultur. Ein ergänzendes Thema könnte die Lebensqualität sein, die durch städtebauliche und freiraumplanerische Ansätze entsteht“.
Schmidts härteste Nuss scheint die Erweckung des Spreeparks im Plänterwald zu sein. Was ist schlimmer? Die Gondeln, wie sie Trauer tragen? Die Vernachlässigung eines zum Urwald mutierten Geländes durch desinteressiertes Bürokratentum? Oder Tristesse und Hoffnungslosigkeit auf diesem Naturstück Berlin? Es scheint genau das richtige Betätigungsfeld für Grün Berlin zu sein. „Da kann man was Schönes draus machen“, sagen sie, und Christoph Schmidts Traum ist, „dass sich die Gondeln wieder drehen“. Schaffen die das? Die schaffen das!
Lothar Heinke