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Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld in Berlin (Archiv)
© dpa/Bernd von Jutrczenka

Containerdörfer werden abgerissen: Geflüchtete müssen Tempohomes verlassen

Der Bau der temporären Unterkünfte in Pankow und auf dem Tempelhofer Feld kostete mehrere Millionen Euro. Nun werden sie wieder abgebaut.

Die rund 1000 Flüchtlinge im Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld müssen ihr temporäres Zuhause im Juni verlassen. Anschließend wird das Mobiliar ausgeräumt, werden Waschmaschinen und Herde abtransportiert, damit Ende Juli der Rückbau der rund 900 Container inklusive der aufwändigen Infrastruktur für die Versorgung mit Wasser, Strom und Wärme beginnen kann. Ende des Jahres soll dann alles wieder so aussehen wie vor der Errichtung des größtes „Tempohomes“ der Stadt. Die Flüchtlingsunterkunft, gebaut für 17 Millionen Euro, war dann nur ein kurzes Zwischenspiel für rund 18 Monate.

Auch das Containerdorf mit 500 Plätzen an der Buchholzer Straße am Rand der Elisabethaue in Pankow wird demnächst abgerissen. Die Baugenehmigung läuft Ende Juli aus, Geflüchtete wohnen dort erst seit Oktober 2017. Das Ganze hat den Senat aber mehr als zehn Millionen Euro gekostet. Die meisten Tempohomes sind nach dem Sonderbaurecht für Flüchtlinge entstanden und deshalb nur für drei Jahre genehmigt.

Dass die Container auf dem Tempelhofer Feld wieder verschwinden, ist dagegen im Tempelhof-Gesetz geregelt, daher hat der Rückbau oberste Priorität. Unklar ist jedoch, ob auch der Cabuwazi-Zirkus am Eingang zum Flüchtlingsheim seine Zelte abbrechen muss. Bislang ist seine Existenz rechtlich und versorgungstechnisch an das Flüchtlingsheim gekoppelt. Cabuwazi-Chef Karl Köckenberger möchte den Standort aber unbedingt erhalten, weil er „so zentral“ liegt und genügend Platz für drei Zelte, Bauwagen und Verwaltungscontainer bietet.

Ein Begegnungsort zwischen Geflüchteten und Berlinern

Rund 1000 Kinder und Jugendliche aus dem Tempohome, anderen Flüchtlingsheimen sowie aus umliegenden Schulen und Kiezen würden die Kurs- und Freizeitangebote des Zirkus nutzen, es sei ein wirklicher Begegnungsort zwischen Flüchtlingen und Berlinern entstanden, sagt Köckenberger. Die Senatsverwaltung für Jugend würde die Arbeit auch weiter fördern. Nur bei den Feld-Aktivisten, die schon den Bau des Containerdorfs vor zwei Jahren verhindern wollten, gebe es große Skepsis.

Steinblöcke als Sitzgelegenheiten vor den Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld (Archiv)
Steinblöcke als Sitzgelegenheiten vor den Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld (Archiv)
© dpa/Bernd von Jutrczenka

Das bestätigt Christiane Bongartz, Mitautorin des Tempelhof-Gesetzes und Sprecherin der „Feld-Koordinatoren“, ein festes Beteiligungsgremium, das die Entwicklung des Feldes kritisch begleitet. „Der Zirkus ist uns aufs Feld gesetzt worden“, sagt Bongartz. Man hätte die Container und Zelte lieber auf dem betonierten Vorfeld gesehen, das zum Flughafengebäude gehört und nicht dem THF-Gesetz unterliegt. Als das Containerdorf geplant wurde, ging die Verwaltung von viel größeren Dimensionen aus. Statt 1000 sollten bis zu 7000 Flüchtlinge auf dem Feld unterkommen, außerdem waren große Sport- und Spielflächen geplant, mit der Blumenhalle als überdachtem Mittelpunkt. Ein entsprechender Masterplan wurde aber nie realisiert.

Nach Ansicht von Bongartz sind die Cabuwazi-Zelte mit dem THF-Gesetz aber nicht vereinbar. Dort sind zwar „fliegende Bauten“ erlaubt, also auch Zelte, sie dürften aber keinen dauerhaften Charakter haben. Außerdem kollidierten die Zelte mit dem Denkmalschutz, weil sie den freien Blick auf die Flughafen-Gebäude verstellten. Cabuwazi könnte ja auf das Vorfeld umziehen oder einen Hangar nutzen. Cabuwazi-Chef Köckenberger interpretiert fliegende Bauten anders, nach seiner Ansicht sind die Zelte durchaus mit dem Gesetz vereinbar.

Keine Verlängerung der Genehmigung

Die Cabuwazi- Zelte, dauerhaft genehmigt, könnten das Einfallstor für die vom Regierenden Bürgermeister gewünschte Randbebauung sein, befürchtet Bongartz. Das per Volksentscheid erzwungene Gesetz werde weiter ausgehöhlt. Entscheiden muss nun die Senatsverwaltung für Umwelt. Und die formuliert ungewöhnlich entschieden: „Ohne eine Änderung des Tempelhof-Gesetzes gibt es keine Möglichkeit, dass der Zirkus Cabuwazi über die bestehende Befristung hinaus auf dem Tempelhofer Feld Flächen nutzt“, erklärt ein Sprecher. Die Genehmigung laufe genau wie beim Containerdorf am 4. Dezember 2019 aus und könne nicht verlängert werden. Fliegende Bauten seien vor allem deshalb fliegend, weil sie nach einiger Zeit wieder abgebaut werden.

Köckenberger hätte also nur eine Chance, auf dem Feld zu bleiben, wenn das Abgeordnetenhaus das THF-Gesetz, das die Aktivisten eigentlich als unantastbar ansehen, zum zweiten Mal verändern würde. Derzeit hat die rot-rot-grüne Koalition aber genügend anderen Konfliktstoff.

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